phonoverbände vs. sendeprivileg

neuestes hirngespinst (anders kann man das schon nicht mehr nennen) der phonoverbände – allen voran die ifpi und der bundesverband der phonographischen wirtschaft.
um es kurz zu skizzieren: bisher durften bereits erschienene tonträger uneingeschränkt ausgestrahlt werden. die vergütung der künstler inkl. deren plattenfirmen wurde durch dieses privileg ebenfalls geregelt. ginge es nach dem willen dieser „lobby“, soll dieses privileg zukünftig ausschließlich für den hörfunk gelten, dem damit das exklusive verwertungsrecht zufallen soll (ähnlich der filmverwertung). in der praxis dürfen sich die plattenfirmen dann aussuchen, auf welchem sender welches stück gesendet werden darf oder nicht. die sender wiederum müssten dafür jeweils einzelne genehmigungen einholen, und was das für einen verwaltungsaufwand darstellt, leuchtet wohl jedem ein.

meine eh schon nicht positive meinung gegenüber deren gebaren wird durch solche „beschäftigungsmodelle“ einmal mehr bestätigt. in zeiten, wo die gewinnspannen bei den majors (verdientermaßen) jahr für jahr ein bisschen mehr einbrechen, wird immer weiter nach den letzten rettungsstrohhalmen gesucht, damit man ja nicht in die verlegenheit gerät, auch mal selbstkritik gegenüber den versäumnissen der letzten jahre (kein aufbau „wirklicher“ talente, total verschlafene chance der digitalen vermarktung, die bei den indies im übrigen super funktioniert) üben zu müssen. stattdessen sollen programme, die sich um so etwas wie vielfalt bemühen, noch mehr gegängelt werden, damit die massenprodukte immerhin wieder ein paar abnehmer mehr finden. wenn schon nichts anderes im radio läuft, wird es auch nichts anderes geben. ein naiver und einmal mehr konsumentenfeindlicher trugschluss. man kann nur hoffen, dass es lediglich bei dieser schnapsidee bleibt.

(via computerbase)

4 Comments

  1. ich glaube, damit würden die sich ihr eigenes grab schaufeln. oder anders: sieh es positiv! dann käme im radio nämlich nur noch independent-mucke 🙂

    deren rechnung ist klar: spielt ihr meine musik, bekomme ich geld dafür.

    die rechnung eines senders lautet aber, oder sollte zumindest lauten und wird es dann wohl auch tun: spiel ich deine musik nicht, will sie keiner haben, weil keiner sie kennt, also brauch ich deine musik nicht spielen 😉

    der einzige haken an der sache ist natürlich, dass sich eine entsprechende mehrheit der sender bzw. die sender, die gemeinsam den größten marktanteil haben (>50% der hörer einer region) geschlossen einem solchen vorhaben verweigern müssen. angesichts des verwaltungsaufwandes und der enorm steigenden kosten aber kein allzu unwahrscheinliches szenario.

  2. wenn ich nur die situation in berlin mit ca. 50% dudelfunk als maßstab nehme, wird es wohl (leider!) nur bei der utopie bleiben, dass die sich auf einmal eines besseren besinnen.
    eine mehrzahl der hörer wird sich ganz schön vor den kopf gestoßen fühlen, wenn auf einmal nicht mehr ihre gewohnte heavy rotation aus dem radio schallt. es sei denn, die sender stellen es geschickt an und bringen es ihrer klientel schonend (sprich: peu à peu) bei, so dass sie eines tages merken, dass es auch anders geht. ist allerdings wunschdenken. die realität sähe dann wohl so aus, dass die mehrzahl der hörer sich erschrocken abwendet und zu den verbliebenen sendern wechselt, die den 08/15-einheitsbrei immer noch über den äther schicken. den mut wird keiner aufbringen, wenn die werbeeinnahmen so locken – jedenfalls bei den privaten. da wird es auf die zwei extreme hinauslaufen:
    1. die von den phonoverbänden mitfinanzierten stationen (au ja, ein universal-radio wollte ich schon immer haben), oder
    2. diejenigen, welche sich dieser maschinerie komplett entziehen und rund um die uhr indie-musik spielen (so wie kiss fm anfang der 1990er – und ja, sowas fehlt hier dringend).
    einen teil der öffentlich-rechtlichen (radio eins, fritz) sehe ich als lachende dritte, weil die zum teil heute schon um ein alternativprogramm bemüht sind und im ernstfall ihrem publikum auch locker vermitteln könnten, weshalb der anteil an „alternativen“ im programm auf einmal so ansteigt.

  3. auf die idee mit dem „universal-radio“ bin ich gar nicht gekommen. klar, da wird dann der praktikant eben mit dem neuesten hiphop-video feat. fettetitten und ärsche nach nebenan zu mtv geschickt und danach ins studio im keller, wo der song in die heavy rotation kommt, woraufhin jeder obercoole vollhirni im tiefergelegten 3er bmw deren sender einstellt, weil „die spielen das lied mit dem oberkrasse video wo geile bräute mitmachen“…

    stellt sich mir nur die frage, warum die mi nicht schon längst eigene unabhängige sender am laufen hat?

    trotzdem befürchte ich, dass mein optimismus und glaube an die vernunft im menschen mal wieder daneben liegen wird 🙁

    gut, letztlich kann es mir egal sein, höre ich halt weiter fritz und radio eins, was anderes schalte ich eh nie an. und bei den sendern zweifle ich auch nicht daran, dass sie eben noch mehr indie spielen würden als bisher 🙂

  4. Update 23. Februar 2006:
    Das Bundesjustizministerium hat diesem Ansinnen der Musikindustrie eine deutliche Abfuhr erteilt. Dazu Ulf Gerder, Sprecher des Bundesjustizministeriums (BMJ), wörtlich:
    Zitat:
    Die IFPI hat in den Beteiligungsrunden zum zweiten Korb als Maximalposition die Abschaffung des Sendeprivilegs insgesamt gefordert. Diese Forderung hat das BMJ stets abgelehnt, weil eine vollständige Abschaffung des Sendeprivilegs angesichts der Masse von Musiktiteln, die täglich in deutschen Radiosendern gespielt werden, absolut unpraktikabel wäre. Sendeunternehmen müssten dann nämlich für jeden einzelnen ihrer Hunderter täglicher Titel vorab eine individuelle Erlaubnis einholen. Das ist in der Praxis nicht vorstellbar.

    Die gestrige IFPI-Forderung beschränkt sich auf die Abschaffung des Senderechts für Internetradios. Sie muss aus denselben Gründen abgelehnt werden. Was unpraktikabel für Sender auf herkömmlichen Übertragungswegen ist, ist genau so unpraktikabel für Internetradios. Hierfür können nicht zwei unterschiedliche Maßstäbe gelten.

    Na also! 🙂

    (via CB)

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