ja, ich weiß, kein unnötiger hype und dergleichen. nur steigt die vorfreude seit tagen, so dass (wohl nicht nur) ich eigentlich nur darauf warte, dass es endlich losgeht. größere ausmaße als letztes jahr wird’s dieses mal definitiv annehmen – die vorverkaufskarten waren, im gegensatz zum vorjahr, in berlin bereits zu ostern weitestgehend ausverkauft. ob und wie sich das auf die konstellation des publikums auswirken wird, weiß man erst hinterher.
drückt die daumen, dass das wetter mitspielt und man in der früh nicht für die duschen anstehen muss. das üppige line-up ist auf ihrer website nachzulesen und eh erst im guide komplett.
fusion-tagebuch (die roman-version für neu- und / oder wissbegierige)
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ganz offen gesagt war die laune nach dem blick aus dem fenster, nachdem mich der wecker um 6h30 in der früh nach bestenfalls vier stunden schlaf wachrüttelte, zu weiten teilen im keller. präsentierte sich der berliner himmel tags zuvor noch recht freundlich, hatte sich eine dicke wolkendecke breit gemacht, aus der es nicht nur nieselte, sondern mehr als ordentlich regnete. bedingungen, bei denen man sich innerlich auf die schulter klopft, in den koffer nur sachen eingepackt zu haben, die hemmungslos besudelt werden können und bei denen man sich gerne auf den weg nach moabit zum zentralen sammelpunkt und zur autovermietung macht. schließlich wurde weit im voraus der entschluss gefasst, zum erleichterten gepäcktransport einerseits und zum besseren campen auf der ladefläche andererseits einen pritschenwagen zu mieten, hinter dessen steuer ich in den folgetagen platz nehmen sollte / wollte.
die laune steigerte sich zunehmend, als es nach verstauung des gepäcks endlich losging, wir allerdings im relativ zähen berliner berufsverkehr steckten, auch wenn der nach eigentlich recht kurzer zeit überwunden war. noch viel mehr spaß bereitete die fahrt auf der autobahn, zwar ohne staus, dafür mit einer menge lkws und: regen. zwischenstopp beim baumarkt, um dort festzustellen, dass es keine gummistiefel mehr in meiner größe gibt – egal: dazu waren die eh schon ramponierten adidas superstar gedacht, die mich in den nächsten tagen auch sicher über das gelände transportierten.
angesichts des brummenden vorverkaufs hatte ich schon mit einem gewissen andrang gerechnet, und tatsächlich: auch wenn wir letztes jahr am gleichen tag zur gleichen zeit (ca. 12 uhr mittags) vor ort waren, war die autoschlange schon etwas länger. die zweiteilung beim einlass wurde auch dieses jahr angewandt: 1. kofferraumkontrolle (haben sie sich bei der pritsche geschenkt) & ggf. kartenverkauf, 2. bändchenausgabe. da wir einen act in unseren reihen hatten, verzögerte sich der ablauf etwas, weil er sein vip-band abholen musste. bei regulärem ablauf müsste das alles nicht länger als eine halbe stunde gedauert haben.
bei der automaut von 10 euro nochmal kurz warten, dann endlich rauf auf das gelände, um festzustellen, dass die campingfläche in nähe der oase vom letzten jahr bereits belegt ist. die direkt angrenzenden auch. fast am ende des geländes angekommen, fanden wir auf d5 endlich genug platz, um alle autos und zelte unterzubringen. auftrieb für die laune: quasi beim betreten des geländes nieselte es bestenfalls noch, beim aufbau der zelte hörte es sogar ganz auf.
hatte mich dafür entschieden, den auftakt wie im letzten jahr im kino zu begehen. wieder mit dem schluss einer bildungslücke: „berlin calling“ wurde um 16 uhr nachmittags gezeigt, also prompt um 15h30 auf den weg gemacht, um festzustellen, dass es bis zum gelände doch nur 20 minuten zu fuß sind. allerdings auch, dass sich die dichte der zelte und autos konstant erhöhte. das kino selbst beinahe hoffnungslos überfüllt: ich fand auf dem boden platz, wobei zum glück jeder verstanden hatte, dass der allgemeinheit besser geholfen ist, wenn man sich hinsetzt. abgesehen davon: schöne einstimmung für die kommenden tage, toller soundtrack, eine etwas überzeichnete, aber angesichts des berliner feierwahnsinns doch nicht allzu weit hergeholte handlung mit einem guten debüt von herrn kalkbrenner als schauspieler (der in seinen zukünftigen rollen weniger nuscheln sollte). die atmosphäre im kino ließ das stimmungsbarometer dann noch mehr in richtung amüsement ausschlagen. dennoch ging’s für mich anschließend in richtung camp, der magen knurrte.
allgemeiner aufbruch um 23 uhr, steve bug sollte – wie immer – auf der turmbühne eröffnen, und das um punkt mitternacht. am turm selber schieden sich die geister: sicher hatte die bunte pflanze im letzten jahr ihren charme, wogegen die stahlkonstruktion bei tag schon sehr steril wirkte. ich hatte damit keine probleme, bot es doch einen kontrast zum sonst immer noch sehr bunten gelände. die bühne selbst war weitaus unauffälliger gestaltet als letztes jahr, lautsprecher keine line-arrays, sondern funktion-one-boxen. alleine der andrang machte klar deutlich, dass man sich auf andere verhältnisse als im jahr zuvor einstellen muss. am rande blieb dennoch recht viel platz, wo man es ohne rempeln aushalten konnte. abgesehen davon: euphorische begrüßung der ersten klänge, als beleuchtungsmittel waren laser die erste wahl. steve bug selber präsentierte sich in für mich besserer form als letztes jahr, wobei er nach gutem beginn recht schnell nachließ, so dass wir in richtung schuhkarton aufbrachen. dort lag popp hopp mit seinem dj-set in den letzten zügen (melodischer techhouse, soweit ich das noch weiß), volle hütte, hohe luftfeuchtigkeit. neuroton danach als live-act, was alle, inkl. mir, nicht mehr so ansprechend fanden. nochmal kurz rüber zum turm, dan berkson & james what müssten das laut zeitplan gewesen sein, war aber auch nicht weiter spektakulär.
abstecher ins luftschloss zu grace kelly, dj aus berlin, die zu dem zeitpunkt mit vielversprechendem drum&bass punkten konnte, das aber auch nur für ca. eine viertelstunde – da kam ein break, gefolgt von karibisch angehauchten tracks, nicht wirklich auf den punkt gemixt und auch nicht nach meinem gusto.
daher weiter in richtung bachstelzen, der bühne, deren zeitplan nicht im guide auftauchte und wo ich im nachhinein nicht rekonstruieren kann, wann wer dort gespielt hat. dafür war ich in den folgetagen zu häufig, aber auch zugleich zu kurz dort, weil es tatsächlich einer der am besten besuchten orte war, wo an tanzen eigentlich nicht zu denken war. allerdings hatte man dort schöne gelegenheiten zum entspannen auf den treppenstufen. freitag früh um 4 uhr machte sich die erschöpfung und die nachricht vom tode michael jacksons breit (was wir noch für ein gerücht hielten), so dass die erste schlafpause auf der couch im pritschenwagen alles andere auf dem zeitplan verdrängte.
freitag (26. juni 2009)
in der früh per sms schon erste befürchtungen wegen einlassstopp erhalten, die im fusion-forum geäußert wurden, das ausmaß auf den parkflächen draußen hatte ich zu dem zeitpunkt noch nicht im blick.
erste anlaufstelle des tages war die tanzwiese, auf der das krause duo den nachmittag ab 13 uhr einläutete. der floor war im vergleich zum letzten jahr etwas weiter gen osten gerückt, somit etwas weiter vom querfeld entfernt gelegen, um einiges größer und mit zahlreichen, aus wasserkanistern bestehenden säulen bestückt, die einige gerne als podest nutzten. auch hier: funktion one, satter sound in zweierlei hinsicht, weil die beiden herren hinter den plattenspielern gekonnt mit der stimmung der leute zu spielen wussten und ihr set schön abwechslungsreich mit techhouse, minimal, acid und sogar einer prise dubstep gestalteten. erster höhepunkt für mich bis dahin.
als der zuwachs für unser camp gegen 16 uhr eingetroffen war (und das gerücht vom tode mjs bestätigt hatte), konnte ich mir ein erstes bild dessen machen, was sich als besucheransturm bislang an den bühnen schon andeutete. die mautstelle war geschlossen, es wurden keine autos mehr auf das gelände gelassen (auch sehr vernünftig, zumal das ziel, den verkehr auf dem campinggelände zu reduzieren, damit gut realisiert wurde), allerdings reichten die ausgewiesenen parkflächen bei weitem nicht mehr aus, so dass weitere geöffnet werden mussten. einige begannen, auf dem asphalt ihre zelte aufzuschlagen. denke, es ist nicht übertrieben, bereits zu dem zeitpunkt von 60.000 als besucherzahl zu sprechen.
nach einer weiteren ruhepause im camp ging’s abends richtung seebühne. tim exile war für 21 uhr angekündigt, verspätete sich allerdings, so dass er erst eine stunde später begann. arabyrd & cee überbrückten die zeit bis dahin, hatte bislang nie von ihnen gehört: mashup-live-act mit einem herren hinter dem laptop und einer asiatin als frontfrau. nicht zum davonlaufen, durchaus mit guten momenten. dennoch kein vergleich zu dem, was herr exile in seiner stunde bot. war das letzte set von ihm zur leisure system noch sehr von seinem album geprägt, stand dieses mal die improvisationskunst ganz hoch im kurs. also brachialer techno, später drum&bass, auch drei songs vom album gab’s, wobei es schon lustig mit anzusehen war, wie wenig die anwesende meute etwas mit „family galaxy“ anzufangen wusste. während vor der bühne das leben tobte, stand der rest weitestgehend unbeteiligt herum. egal, für mich das set des festivals.
danach blieb genügend zeit, sich auf den weg zum roten platz zu machen. wenn schon alec empire mit einem live-auftritt angekündigt ist, sollte man die gelegenheit nutzen. auf dem gelände war bereits zu diesem zeitpunkt mehr los als am samstag des vorjahres – jedenfalls kam mir das so vor. beim auftritt von alec empire, zusammen mit nic endo an den geräten, gab es für mich zwei erkenntnisse: 1. wenn man die wahl zwischen einem seiner live- oder dj-sets hat, sollte man unbedingt das live-set vorziehen, allerdings sind ohrenstöpsel dabei ratsam, weil wirklich alle frequenzen bis zum anschlag (oder darüber hinaus) aufgerissen werden. wohl die fortsetzung dessen, was mit atari teenage riot begann – da kommen punks und raver gleichermaßen auf ihre kosten. 2. (und das sollte sich jeder einprägen) wenn man sich schon in den pogo-mob stürzt, gibt man am besten im voraus utensilien wie brille, basecaps und den rucksack mit getränken bei den begleitern ab, die sich das geschehen lieber vom rande aus angucken. dem murphy-gesetzbuch kann jedenfalls folgender paragraph hinzugefügt werden: bei einer leeren und einer vollen flasche club mate geht die volle beim wilden herumspringen als erstes kaputt. hatte bei dem feuchten gefühl am rechten hosenbein zunächst das gefühl, eine ausgiebige bierdusche abbekommen zu haben, bis mir der vorrat an meinem rücken wieder einfiel. elektronische geräte und dergleichen wurden nicht in mitleidenschaft gezogen und auch sonst hielt sich der schaden in grenzen.
dennoch habe ich den rest des auftritts lieber abseits des geschehens verfolgt und mich danach mit einigen aus unserem kreise auf den weg in richtung dusche gemacht. war eh mein vorhaben, das dieses mal früh am morgen zu erledigen, um die lästige warterei tagsüber zu vermeiden. goldrichtige entscheidung: an der oase keine schlange an der kasse, dafür eine kurze an den duschhäuschen (davon zwei ohne licht). hygienischer standard wie letztes jahr: sauber, warmes wasser, ich habe keinen fußpilz davongetragen.
dieses halb unfreiwillige intermezzo kostete ca. zwei stunden, in denen ich bspw. ld auf dem querfeld verpasst habe. auch monika kruse spielte ungefähr zeitgleich auf der turmbühne, aber nach ihrem gig im berghain ende mai war das zu vernachlässigen, allerdings hätte ich marc houle danach schon gerne mal gehört. auf der suche nach dem rest der bande verweilte ich sogar kurz auf dem trancefloor, der mit abstand am buntesten hergerichtet war. auch musikalisch war es samstag früh um 3 uhr dort echt gut auszuhalten, und die spielkonsole auf leinwand hätte ich gerne näher ausprobiert, kam aber (auch in den folgetagen) nicht dazu.
weiter zur tanzwiese, wo sich der timetable im laufe des tages um eine stunde nach hinten verschoben hatte und die überraschung der fusion in form von hof gutow gerade hinter den technics werkelte. eine blondgelockte dame, die bei einsetzender dämmerung mal eben zeigte, dass es minimale tracks mit kickdrum gibt. dabei ein durchaus zackiges tempo, keine unnötigen spielereien am bass-eq, sicheres mixing – kurzum: beste werbung für sich selbst, wird bei einem der nächsten gastspiele in berlin definitiv wieder unter die lupe genommen.
ihr folgte nico grubert, ein weggefährte aus dem technoforum, den ich schon länger nicht mehr als live-act gehört hatte. nahm auch einiges an dynamik heraus und setzte eher auf stellenweise an extrawelt erinnernde melodien, was aber zum tagesanbruch passte. etwas mehr temperament hätte dennoch nicht geschadet, zumal ich ihn auch als architekt von durchaus herzhaften techno-tracks kennengelernt hatte.
kurzer ausflug zu den bachstelzen, wo recht depressive downtempo-tracks um 110 bpm liefen. passte irgendwie nicht zu dem vorherigen musikalischen programm. auch an der turmbühne hielt es mich bei gorge nicht allzu lange. dann lieber ab zum querfeld, wo phokus & mr. boogie zusammen mit mc mindfuck guten dubstep spielten, wobei der mc meiner meinung nach auch hätte fehlen können.
nach 7 uhr war es angesichts der müden knochen, die noch zwei weitere tage, aber in erster linie anderthalb kilometer bis zur rettenden schlafcouch zu bewältigen hatten, schon richtig, hier eine pause einzulegen.
samstag (27. juni 2009)
bei recht warmen temperaturen war tatsächlich die turmbühne die erste anlaufstelle. hatten robosonic letztes jahr noch schräg gegenüber auf der seebühne überzeugt, taten sie es dieses jahr endlich ein paar nummern größer. schön treibende, melodische sounds vor einem zu zwei dritteln gefüllten floor, auf dem man ohne rempeleien gemütlich tanzen konnte. goldrichtige wahl, sollten dort einen stammplatz kriegen, die beiden.
zweiter besuch im, diesmal nicht überfüllten, aber dennoch gut besuchten, kino – auf dem spielplan stand „elektrokohle“, eine dokumentation über das erste konzert der einstürzenden neubauten im ostteil berlins am 21. dezember 1989, also kurz nach dem mauerfall. interessant hierbei, dass die bandmitglieder selber nicht befragt wurden, dafür zeitzeugen (besucher, ordner). schöne abwechslung vom partytrubel.
der leere akku meines handys machte einen besuch bei der safe area notwendig. auch wenn ich kein ladegerät dabei hatte: dort war eines verfügbar, gegen einen euro konnte ich es dort deponieren. da mittlerweile die sonne vom himmel brannte, lief ich lieber auf dem gelände umher, um die wartezeit von drei stunden zu überbrücken, dabei einige bilder zu schießen, ohne dass es mich länger auf einem der floors hielt. plemo & rampue boten in der tubebox electroclashiges, bei den bachstelzen gab es moderne chansons (und eine unverändert volle tanzfläche), camea wird mir als diejenige in erinnerung bleiben, die an der turmbühne den sound spielte, der für meine abneigung gegen retorten-minimal-tracks verantwortlich ist. das war wirklich was zum einschlafen im stehen.
also: handy abgeholt, zurück zum camp, essen. erneuter aufbruch gegen mitternacht, um das vollständige spektakel an licht und menschenmassen zu betrachten. tatsächlich war das geschehen wie im letzten jahr so surreal, dass ich zunächst recht ziellos umher geirrt bin, was aber sicher auch am schlafmangel der letzten tage lag, der sich mit club mate nur noch halbwegs kompensieren ließ. tatsächlich waren laser überhaupt das dominierende optische element: gerade an der turmbühne, aber auch an den seiten des geländes. hinzu kamen die fusion-mobile (=ausrangierte pkw) die durch rohre einiges an nebel in die atmosphäre entließen, was zu einem echt surrealen gesamtbild führte.
an der seebühne elemental mit recht drögem dubstep und mc, was aber vielleicht auch an der für ihr alter zwar recht guten, aber dennoch zu schwachen pa gelegen haben könnte. komonazmuk fand ich im anschluss um einiges zwingender.
ark ab 2 uhr drüben auf der turmbühne als live-act, ähnlich chaotisch wie bei seinen dj-sets. da um 3 uhr der mann aus unseren reihen drüben in der casbah, auf der sog. „insel“, spielen sollte, machte ich mich erneut auf den weg – nur um mitzubekommen, dass sich der zeitplan auch hier um eine stunde nach hinten verschoben hat. da mir partout nicht der sinn danach stand, nochmal zurückzulaufen, habe ich das geschehen dort in einem liegestuhl betrachtet. die insel selbst ist überaus gelungen, sogar mit badesee, der am rand und in der mitte mit feuer illuminiert war.
bloodyclown (so heißt der junge mann) also ab 4, mit einem mash-up aus drum&bass und pop-nummern. drum&bass von vinyl, pop vom rechner, leider mit springenden platten auf dem rechten plattenspieler, wo mir zu spät die vom mixer ausgehenden kabel auffielen, die an das gewicht des tonarms kamen. außerdem merkte man bei den wenigen anwesenden leuten, dass das leben vielmehr auf dem restlichen gelände tobte, so dass man für’s nächste jahr überlegen sollte, dort vielleicht nur ein zelt aufzubauen, was dann keine musik, dafür vorführungen für kinder (die insel war ausgewiesene familienfläche) bietet.
nach ende des sets also wieder rüber, an der seebühne war schließlich die berliner dubstep-fraktion in form des freakcamps vertreten, die damit zwar endlich eine größere plattform als letztes jahr, aber im querfeld letztes jahr einfach die bessere anlage hatten. skratch mit der gewohnten mixtur aus garage und 2step, was bei tageslicht schon ok war.
drüben an der turmbühne gab es marek hemmann als live-act, überaus überzeugend, jedoch wurden kopf und vor allem die beine zunehmend schwerer, daher ging es – wohlwissend um die energiereserven, die für den heimweg und den nächsten tag noch reichen sollten – in richtung ho-chi-minh-pfad.
sonntag (28. juni 2009)
den sonntag des letzten jahres noch in äußerst angenehmer erinnerung, startete unser tross gegen 13h30 in richtung seebühne, wo die wighnomy brothers um 14 uhr starten sollten. taten sie auch, das aber mit derartig angezogener handbremse, dass die nahegelegene turmbühne als bessere wahl erschien. auch wenn silicone soul mich nicht so mitreißen konnten, war es vom podest am rande gut anzuhören. sonderlich gefüllt war’s zu dem zeitpunkt nicht, dafür bei den herren aus jena gegenüber umso mehr – die masse folgt eben den namen.
ca. 17h30 nochmal rüber zu kombinat 100, von denen mir eine coverversion der rolling stones („paint it black“) in erinnerung ist. alles schon nett anzuhören, aber eben nur nett – ich spreche wohl nicht nur für mich, wenn es gerade am sonntag nachmittag doch weitaus schwungvoller hätte zugehen können / sollen.
bei extrawelt an der turmbühne dann quasi vollversammlung – zu recht, weil das ein insgesamt in sich sehr stimmiges set war. hits natürlich zum schluss, so wie sich das gehört. anschließend kurz zum camp, weil wir uns vorgenommen hatten, den abend noch so weit wie möglich mitzunehmen. leichter anflug von panik angesichts der autoschlange richtung ausfahrt, wo man mindestens eine halbe stunde einkalkulieren musste.
wieder an der turmbühne gegen 21h30, m.a.n.d.y. trumpften zum schluss mit hits auf (knights of the jaguar, do da doo), dennoch kam das ende etwas abrupt. danach allgemeine planlosigkeit: musik war auch an der seebühne aus, bei den bachstelzen wiederum nicht, aber dort war es immer noch zu voll, als dass man hätte spaß haben können. und da ich keine lust darauf hatte, lange abzuwarten, wann es sich in den hangars leert, zumal die heimreise am nächsten tag anstand, fand die feierei für mich zu dem zeitpunkt ein ende, wodurch ich die sich wohl über 12 stunden hinziehende trommelaktion auf der tanzwiese verpasst habe. c’est la vie.
montag (29. juni 2009)
wie schon im vergangenen jahr die nacht mit dem meisten schlaf. aufgewacht bin ich, als jeder um uns herum schon am zusammenpacken war, so dass wir gegen 11h30 aufbrechen konnten. alle bedenken vom vortag angesichts der wartezeiten bei der ausfahrt waren wie weggewischt – man konnte quasi durchfahren, wobei es sich als vorteil erwies, den campingplatz doch so weit draußen erwischt zu haben: man muss nicht erst einmal quer über das gelände, um endlich auf die landstraße zu gelangen.
die rückfahrt geriet dank ausbleibendem regen und ausgereiztem sechsten gang bei der mercedes-pritsche angenehm kurzweilig. gleich nach abgabe des wagens sank der adrenalinspiegel im blut bei mir rapide ab, und die heimische badewanne trug in zusammenarbeit mit der ersten warmen mahlzeit seit sechs tagen (ein herzhaftes chili con carne) dazu bei, den rest des montags im dämmrigen zustand zu verbringen.
review (alles auf einen blick, nach eher operativen schwerpunkten geordnet)
zeigen
dafür, dass die besucheranzahl bestimmt um das anderthalbfache gestiegen ist (2008 waren es offiziell 45.000), kam man erstaunlich gut damit klar. ich persönlich – wohlwissend, dass es andere erlebnisse gab – habe an keinem dixi, geschweige denn an einer der rinnen warten müssen, wobei das immer eine frage des zeitpunktes ist. gereinigt wurden die dixis auch regelmäßig, ein vergnügen wird deren besuch jedoch nie. auch von temporären problemen mit dem warmen wasser bei den duschen habe ich erfahren, auch das schien wohl recht schnell gelöst worden zu sein. club mate und fritz-cola waren hingegen sonntag nachmittag ausverkauft.
im eigenen interesse – wieder so eine meinung, mit der ich nicht alleine dastehe – täte der kulturkosmos gut daran, an diesem punkt des wachstums eine klare linie zu ziehen, ehe das festival zu einem massenspektakel verkommt. auch wenn ich nicht direkt etwas von aggressionspotential, sondern ein im gegenteil äußerst friedliches festival mitbekommen habe, nimmt die gefahr mit stetigem zustrom an besuchern proportional zu. auf gut deutsch: limitiert im nächsten jahr bitte die anzahl der tickets – 50.000 ist eine gute zahl, mit der sicher alle seiten gut leben können. für die anzahl an leuten ist die kapazität des geländes perfekt, und auch wenn es die zuspätkommer ausschließt, sind szenen wie campen auf dem parkplatz oder fünf (plus x) stunden anstehen in der autoschlange sicherlich vermeidbar. ich mache meine rückkehr im nächsten jahr jedenfalls davon abhängig, ob die limitierung eingeführt wird.
außerdem: eine zweite oase wäre nach wie vor nicht verkehrt. am besten am östlichen ende des geländes, wo dixis und rinnen echt mangelware blieben. platz genug wäre sogar dieses jahr noch dafür gewesen.
publikum
einer der größten streitpunkte, und das scheinbar seit jahren. bin ja erst seit dem letzten jahr dabei, eine langzeitbetrachtung muss daher anderen überlassen werden. klar muss aber jedem sein, dass bei größenordnungen wie in diesem jahr auch leute dabei sind, die nicht dem dezidiert politischen spektrum zuzuordnen, sondern eher hedonistisch veranlagt sind. das schließt auch vermeintlich prollige leute mit ein, deren anteil mich im letzten jahr schon erstaunt hat. trotz zuwachs kam es mir dieses jahr so vor, als ob eher klassisches feierpublikum den weg nach lärz angetreten hatte. selbst an der turmbühne, dem sammelplatz für die (im doppelten sinne) breite masse fielen mir solariumgebräunte muskelpakete nicht auf, zumindest nicht unangenehm. einer derjenigen war samstag nachmittag überaus friedfertig, lächelte zurück, high-five gab’s obendrein – bei so einem verhalten wird mir das äußerliche erscheinungsbild tatsächlich egal.
damit will ich nicht abstreiten, dass es für andere auch negativerlebnisse gab. gerade als frau wird man bei der spezies wenig spaß gehabt haben. vielleicht waren es auch nur meine musikalischen prämissen, weshalb ich zur richtigen zeit an den scheinbar richtigen orten war. mir sind jedenfalls zum überwiegenden teil freundliche, tanzwütige, mehr oder weniger verpeilte, aber seltenst aggressive leute begegnet. selbst mit unseren zeltnachbarn, die den parkplatz mit ihrem privat-rave verwechselten, ließ sich reden. auch hier ein verbesserungsvorschlag: wenn ihr die maut schon zur finanzierung einer camping-wache erhebt, dann setzt das auch bitte in die tat um. mehr infostände wären da ein probates mittel. in jedem fall kommuniziert es bitte stärker, dass die campingplätze als ruhezonen gedacht sind.
musik
höhepunkte für mich tim exile auf der seebühne (wie nicht anders zu erwarten), hof gutow und das krause duo auf der tanzwiese (unerwarteterweise), alec empire am roten platz (erhoffterweise) und robosonic auf der turmbühne (zum wiederholten mal). generell wurde an der turmbühne erfreulicherweise mehr abwechslung geboten, es darf wieder beherzter nach vorne gehen. auch wenn einige den klang bemängeln (nachts zu leise, tagsüber verwaschene höhen und mitten), war ich mit dem funktion-one-setup überaus zufrieden, weil ohrenstöpsel dort einfach nicht zwingend notwendig waren. außerdem war im gegensatz zum letzten jahr von der musik an der oase nichts mehr zu hören.
die seebühne hat meiner meinung nach ganz schön unter der etwas (alters)schwachen anlage gelitten. statt der zwei lichttürme am hinteren ende wären boxentürme wegen der größe des floors sicher angebrachter, wobei sich beides auch kombinieren ließe. hoffentlich wird da nächstes jahr nachgebessert, ansonsten war tatsächlich die tanzwiese mein heimlicher gewinner in diesem jahr.
abgesehen von den höhepunkten für mich viel – mal mehr mal weniger guter – durchschnitt, zu viele verpasste acts, aber das wird bei fast 20 bühnen ein ewiges problem sein. ich wollte dieses jahr keinem genauen plan folgen, zumal mir weite teile des line-ups gar nichts sagten. eigentlich ideale voraussetzungen, um neue gesichter zu entdecken, was im falle von hof gutow auch gut geklappt hat. sonst einfach treiben lassen, zu sehen gibt es irgendwo immer irgendwas.
visuals
als grobe kategorie für alle künstlerischen installationen. dazu sollten nicht viele worte verloren werden, weil es sonst ins uferlose geht.
die turmbühne war für mich bei nacht so richtig faszinierend, auch wenn am einen oder anderen pfahl strobos sicher nicht verkehrt wären. hat man auf dem trancefloor gesehen, wie gut das auch unter freiem himmel aussehen kann.
wer den drachen zwischen turm- und seebühne gesucht hat: der ist jetzt auf der insel am see. wer den turm vom letzten jahr vermisst hat, fand ihn neben dem roten platz. gefehlt hat mir die lichtprojektion an der seebühne, wo letztes jahr eine wasserfontäne als leinwand diente.
sonst fand ich die vergrößerung der tanzwiese und die grünen kanister als leuchtelemente großartig, die projektionen auf der danebengelegenen freifläche zunächst verwirrend, dann umso besser, und den bunten wald zwischen seebühne und querfeld äußerst abgefahren. überhaupt muss man sich vergegenwärtigen, mit wieviel liebe zum detail das gelände jedes jahr gestaltet wird, wo man auch als regelmäßiger besucher neue dinge entdecken kann.
unter der bedingung, dass man die freude am gestalten beibehält, den technischen standard auf den populären bühnen auf einen nenner bringt, die tickets zugunsten der friedlichen stimmung limitiert und manches im guide noch klarer kommuniziert: dann bin ich nächstes jahr wieder von der partie.
in diesem jahr bleibt für mich hängen, dass man für weniger als 50 euro im vorverkauf fünf tage mehr geboten bekommt als auf anderen festivals mit monster-line-ups hierzulande. die stimmung empfand ich als ähnlich euphorisierend wie im letzten jahr, was mich angesichts des zuwachses schon erstaunt hat. und die entscheidung für den pritschenwagen war nicht zuletzt wegen der besseren schlafbedingungen eine der besten überhaupt.
wenn es also ein festival gibt, zu dem ich als camping-muffel gerne weiterhin eine ausnahme machen würde, dann die fusion. dafür hat sich auch dieses mal der aufwand mehr als gelohnt.