[berlin / 17.02.2024] berghain: klubnacht

für mich das einzig attraktive datum im februar. der märz wartet dafür gleich mit zwei richtig guten donnerstagen in der säule auf. aber dazu mehr zu gegebener zeit.

klubnacht

berghain
00:00 answer code request
04:30 yonti
08:30 antenes
12:30 anika kunst
16:30 pär grindvik
20:30 james ruskin
00:30 olivia mendez

panorama bar
00:00 partok
04:00 dj minx
08:00 etapp kyle
12:00 nd_baumecker
16:00 chloé
20:00 marcel dettmann
00:00 luigi di venere

säule
19:00 rival consoles live

eintritt
26 euro

nachbetrachtung

rein: 11 uhr, raus: 1 uhr.

fazit zuerst: ein weiterer tag / abend, an dem die panorama bar für mich haushoch überlegen war. müsste ich eine hitliste aufmachen: nd, marcel dettmann, rival consoles, anika kunst.

zugegeben: das berghain-lineup war nicht wirklich ausschlaggebend für meinen besuch. vielmehr wollte ich nd nach längerer zeit mal wieder hören und nachdem marcel dettmann nachrückte, wurden die prioritäten fast schon im voraus für mich gesetzt. dann gab’s noch die vorschusslorbeeren für rival consoles.

es ist jetzt nicht so, dass ich es nicht mit dem berghain versucht hätte. der füllgrad war bis in den nachmittag hinein dort ziemlich erträglich und dieses datum, das für mich ehrlicherweise der kompromiss für den februar war, hatte auch für andere einen netten nebeneffekt: die einzig nennenswerte schlange vor dem club entwickelte sich gegen 18 uhr und reichte zu dem zeitpunkt vielleicht zur hälfte des weges. ansonsten stabil innerhalb der gitter oder weniger. ist jedoch nur auf die zeit meines besuches bezogen – nachts zur eröffnung sieht das wohl immer noch anders aus.
am meisten hat mich im techno-bollwerk noch anika kunst überzeugt, die konsequent mit vinyl spielte und ein weiteres beispiel für die wiederentdeckung des tribal-technos lieferte. durchaus schnell (über 140 bpm), aber astreines mixing, in dem sie gut mit den tracks arbeitete. würde mich nicht wundern, wenn sie bald wieder an ort und stelle zu hören ist – verdient hätte sie es.
antenes spielte gegen ende ihres sets breakiges, was immer noch schafft, manche tanzende abzuschrecken. inhaltlich finde ich sowas ja klasse, aber wenn die lautstärkeschwankungen als künstlerisches element so gewollt waren, ging der effekt für mich nach hinten los. während ein bis zwei tracks fragte ich mich schon, ob die anlage auf halber kraft fährt und von einem takt auf den nächsten geht es mit gefühlten 20 db mehr weiter. da ist noch luft nach oben.
pär grindvik ähnlich perkussiv und schnell wie anika kunst, jedoch nichts weltbewegendes. muss ich leider auch über james ruskin sagen, den ich das letzte mal solo (also außerhalb von o/v/r oder the fear ratio) irgendwann mal 2010 an ort und stelle mitbekommen habe. zuvor im alten als auch im neuen tresor. hatte seine momente, in denen er mich kriegen konnte (reiner zufall, dass das zum großen teil tracks aus den 1990er-jahren waren), aber zwischenzeitlich war das die big-room-schiene, die auch len faki (mittlerweile besser) bedienen kann. schade, kann er besser.
olivia mendez ließ sich vielversprechend trippig (auch mit vinyl) an, aber die zehn minuten waren zu wenig, so dass ein urteil meinerseits anmaßend wäre.

zu rival consoles: besonders bewandert bin ich mit dessen diskographie nicht und für mein beuteschema ist mir das meiste auch ein bis zwei gänge zu episch. im festival-kontext jedoch überaus passend und auch in der säule zu dem zeitpunkt und in dem intimeren rahmen. die wirklich ausladenden chords ließ er weg, stattdessen viel zeit zur entfaltung des sets (sechs, sieben minuten, bis überhaupt mal die erste kickdrum kam), gut 70 minuten, hatte mit den kunstpausen darin durchaus konzertcharakter. aber eben auch steigerungen, was das tempo angeht. rückblickend war in jedem fall „vibrations on a string“ dabei. den vergleich mit mathew jonson am gleichen ort will ich nicht ziehen – der hinkt vorne und hinten. war als kontrast zum geschehen auf beiden anderen tanzflächen jedenfalls sehr willkommen und alles andere als ein rohrkrepierer.

bleibt nur noch die panorama bar, in der etapp kyle bei ganz schön zackigem tempo sein set beendete und nd das ganze um die 120 bpm von neuem aufbaute. seine ganzen vier stunden blieb er über jeden zweifel erhaben, letztlich schaute ich nur mal kurz unten vorbei, wenn mal ein für mich nicht so tauglicher track lief. aber ein großer teil der shazams geht auf sein konto.
chloé fand ich danach relativ uninspiriert. in der zeit, in der ich von der galerie auf die decks schaute, bestanden nicht unwesentliche teile ihres sets daraus, techhousige tracks über weite teile zu loopen, effekte vom pioneer-mixer drüberzulegen, dann nochmal an andere stellen im track zurückspringen, diese wieder loopen. ich mag ihr unrecht tun, weil das nur ein viertelstündiger ausschnitt war. aber für mich war auch ihr set bestandteil der einzigen musikalischen durststrecke zwischen 16:30 und 19:00 uhr, als auf beiden floors für mich nur wenig ging. gerade im berghain stellte sich da bereits die sonntagsübliche fülle ein. und da das podest vor dem darkroom wieder existiert, wird’s auch schwieriger, dort einen vernünftigen platz zu bekommen.
marcel dettmann machte das gewohnt souverän, zwischen house, acid, electro und auch techno vermittelnd. der saunderson-remix von „blackwater“ scheint sich als abschlusstrack zu seiner wiedererkennungsmarke entwickelt zu haben – im september beendete er bereits im berghain sein set damit, auch in de school zwei monate später.
luigi di venere blieb erstaunlicherweise erstmal in fast dem gleichen tempo (um die gefühlte 130 bpm), aber wesentlich housiger. bemerkenswert war, dass ein wahrnehmbarer teil der leute sich ab mitternacht an den kommenden arbeitstag erinnerte und es dann oben deutlich leerer war.

notierte tracks (*: shazam)

antenes
tymotica – galaxies of dust*

etapp kyle
duke – so in love with you (full intention remix)*
robert hood – the greatest dancer
kerri chandler – you are in my system (faster horses sport mix)*

nd_baumecker
crooked man – preset*
strip steve – zig zag*
wallace – papertrip*
marvin dash – friday night with burt reynolds*
basic bastard – rise (new york mix)*
earth boys – in the sun (eden burns remix)*
hot lizard – 165… drop*
dan morgan – brothers and sisters (deep mix_ 1993)*
barker & baumecker – strung (eli escobar’s breezy mix)*
demi riquísimo – rocking you internally (club mix)*
g.u. – beyond*
of norway – love*
banana moon – full service*
fever ray – shiver (logic1000 remix)*
all about she – higher (free) (grant nelson remix)*
man power – acid god (feat. amy douglas)*

anika kunst
alexander johansson & mattias fridell – koner*
deniro – pelé 3* (schlusstrack)

chloé
two mamarrachos – let’s find another after*

marcel dettmann
gesloten cirkel – chasing away the night
the bucketheads – the bomb! (den anfang lediglich angetäuscht)
ricardo villalobos – logohitz
andré michelle – a2
knarz – tanzmaschine
octave one – blackwater (e-dancer vocal dub)

james ruskin
planetary assault systems – surface noise
james ruskin – work (steve rachmad remix)
mark broom – 909 workout*
dave clarke – thunder
underground resistance – the seawolf
dave clarke – the storm (instrumental) (schlusstrack)

luigi di venere
lee marrow – da da da (dance to the house)*

[berlin / 16.09.2023] berghain: klubnacht

liest sich jetzt etwas pathetisch, aber das könnte der für mich letzte sonntag in diesem jahr sein. im oktober ist das 15-jährige bestehen von pan an einem freitag für mich am interessantesten, obwohl noch kein line-up dafür draußen ist. gleiches gilt für die reef (10. november). und der dezember ist mit dem geburtstag sowie silvester / neujahr ein kandidat für überbevölkerte gänge / tanzflächen etc. – da hoffe ich auch auf einen attraktiven freitagstermin.
aber erstmal der kommende sonntag, bei dem mit ogazón sowie roman flügel leute im berghain-angebot stehen, die mensch eher eine etage höher vermuten würde. das lockert hoffentlich einiges auf.

klubnacht

berghain
00:00 primal state
04:00 luigi di venere
08:00 roman flügel
12:00 zisko
16:00 ogazón
20:00 marcel dettmann
00:00 tasha

panorama bar
23:59 eva be
04:00 axel boman
08:00 roi perez

19:30 tama sumo
00:00 nd_baumecker b2b francesco menduni

garten
12:00 ruby savage
16:00 nicola cruz

säule
20:30 mathew jonson live

nachbetrachtung

eingestempelt: 10 uhr früh
ausgestempelt: 1 uhr nachts

und um mit der kurzform einzusteigen: gemessen an den neuerlichen standards war’s eine der entspanntesten klubnächte in diesem jahr. auch mit die wärmste (drinnen), aber das sollte mensch auch langsam nicht mehr überraschen.

musikalisch schon wieder wenigstens gut, im berghain jedoch durchgängig besser als nur durchschnitt. einzig ruby savage war mir insgesamt zu vocal-/piano-lastig / discoid, aber das ist vielmehr mein problem. holte mich kurz vor schluss ihres sets mit „throw“ (und das auch quasi komplett gespielt) wiederum sehr ab. nicola cruz gefiel mir (gerade in seiner chicago-lastigen ersten stunde) im vergleich besser.
ansonsten haben die kandidat*innen, die mensch sonst eine etage höher verorten würde, mit wehenden fahnen alles abgeräumt. ogazón ein bisschen mehr als roman flügel, was aber auch am sonntagabend wie üblich gesteigerten füllgrad lag – gegen mittag war der zustand auf der tanzfläche für mich quasi ideal.
roman flügel jedenfalls um die 140 bpm, also auch dem zeitgeist entsprechend flott unterwegs. nur kam mir das nicht so schnell vor, stumpf war’s zudem auch nicht, sondern vielmehr eine lektion darin, was ich an neuheiten im techno-bereich (unberechtigterweise) nicht beachtet habe.
zisko hat tempotechnisch sogar eine kleine schippe draufgelegt, aber auch nicht schneller als 145/146 gespielt, dabei auch gezeigt, dass das durchaus melodisch (anfang) bzw. toolig mit tribal-elementen (weite teile vom rest) gehen kann. kein monotones durchbrettern, hat für meine begriffe eine echt gute visitenkarte abgegeben und damit hoffentlich nicht zum letzten mal dort gespielt.
ogazón bringt ein charisma mit, welches die menge mit euphorisiert. wäre ich sportjournalist, würde ich jetzt eingeschliffene phrasen wie „start-ziel-sieg“ bemühen. langsamer als ihre vorgänger (135 bpm), womit ich gerne nochmal wiederhole: es geht auch ohne tempowettlauf und mit der vereinigung von altem und neuen.
marcel dettmann mit einem der besten tracks zu beginn, die robert hood jemals produziert hat („detroit: one circle“), jedoch grätschte ein gewisser mathew jonson dazwischen. ich gebe es ehrlich zu: nachdem ich sein liveset von der diesjährigen time warp dank arte concert gesehen habe, hatte ich nicht allzu viel erwartet. dort haben mich die kurz auftretenden dissonanzen angesichts seiner vergangenen live-acts und produktionen schon etwas stutzig gemacht. nach gestern abend sind aber keine fragen mehr offen: gut 100 minuten spielzeit, wahnsinns-aufbau mit vertrackten minimalen beats, dann dem publikum endlich die 4/4-kick geben, dazu das „india in me“-motiv längere zeit mal mehr, mal minder im vordergrund und andere tracks drumherum tänzeln lassen. außerdem noch eine in breakbeats zerhackte version von „decompression“, die gerne so veröffentlicht werden kann (und damit es raus ist: ich fand die b-seite immer besser) und „marionette“ mit „typerope“ vermischt als zugabe. die beats live mit der roland tr-8 nach belieben umgebaut – da war nichts statisch. kurz: er hat die klasse an den tag gelegt, mit der er mich anno 2006 im berghain bereits überzeugen konnte.
zurück zu marcel dettmann, geeigneten platz bei der sonntagsfülle suchen. womit ich beim hauptgrund bin, weshalb der gestrige sonntag als einer der in diesem jahr angenehmsten für mich gilt.

nach den seit dem csd auftauchenden, in den letzten wochen jedoch abflauenden nachrichten über sechsstündige wartezeiten in der schlange und entsprechender fülle hatte ich gehofft, dass dieses ungewöhnliche berghain-booking ein paar leute zuhause bleiben lässt. oder das spätsommerliche wetter zum ausflug an den badesee animiert. zugegeben blitzte das schlechte gewissen ob des guten wetters gestern auch kurz bei mir auf, aber dafür gab es den garten, in dem es sich auch gut sitzen und plaudern lässt.
stattdessen war die schlange gestern zum schichtwechsel an der tür (gegen 18 uhr) am längsten: hälfte des weges. den rest des tages sowie abends waren die wartezeiten nicht weiter nennenswert. klar: die schlangen vor den toiletten waren ab 18 uhr allerorten jenseits von gut und böse und der durchgang zum garten entpuppt sich immer wieder als nadelöhr, wenn leute einfach nicht begreifen, dass mensch sich im gang oder im bereich der treppe zum garten eher weniger verquatschen oder bei aus- und eingängen platz lassen sollte.
sonst war ich erstaunt, dass ich im berghain selbst vor den rechten podesten während marcel dettmann tanzen konnte. das jedoch nicht ganz unbehelligt, so dass ich lieber nach links ging.

um dem stream of consciousness mit „nach links gehen“ mal völlig freien raum zu lassen und die nachlese zur reef zu ergänzen, bei der ich die hoffnung geäußert hatte, dass die veränderte position der subs zu einem besseren publikumsfluss nach vorne links führt: hat sich bestätigt. zwar geht dadurch auch die sicht zwischen den beiden stacks auf die tanzfläche verloren, aber wenn mensch am sonntagabend in einigermaßener ruhe tanzen möchte, geht das hinter den subs, jedoch auch überraschenderweise vor den beiden linken stacks ziemlich gut.
und vorne links erst recht. dort ist die verlagerung des podestes auf die rechte seite zwischen den beiden dortigen stacks gerade am sonntagabend im hochbetrieb für mich gold wert. manche können bemängeln, dass sich dort nicht genügend leute tummeln, um wirklich für stimmung zu sorgen. die sind dafür rechts vor dem dj, können für meine begriffe auch gerne dort bleiben und für die leute platz machen, die zur bar möchten. vorne links gibt es höchstens den durchgangsverkehr zum darkroom oder unter der treppe hindurch nach oben richtung panorama bar. aber das hält sich in aushaltbaren grenzen. der durch das weggefallene podest entstandene freiraum lässt die leute zügiger ab- oder zufließen, und überraschenderweise halten sich in den schmalen durchgängen zur tanzfläche zwischen subs und linken stacks auch kaum leute auf.
mag sein, dass das an richtig vollen sonntagabenden anders aussieht, aber die vermeide ich auch nach möglichkeit. stand gestern abend halte ich erstmal fest: linke seite = kein durchschlängeln mehr.

außerdem nachgereicht: die nun verbauten komponenten, die herbieville bei reddit aufgelistet hat (allesamt funktion one).

  • ds210+ds15-kombination (die von der decke vorne und hinten hängenden tops. waren schon vorher da, sind geblieben und auch in betrieb.)
  • die bestandteile der vier stacks: drei f218 (waren vorher vier), vier evo 6el, zwei evo 6eh
  • die satelliten-lautsprecher vorne links und rechts: zwei evo 6eh
  • die subs: sechs f124 in einem 2×3-array

faszinierend dabei: wenn mensch direkt vor den subs steht, ist der druck sehr gut auszuhalten. finde ich direkt vor den stacks intensiver. generell kann mensch sich jetzt den bassdruck basierend auf der position der tanzfläche aussuchen. vorne links ist tendenziell weniger, dafür sind die höhen und mitten präsenter.
mit der klubnacht-erfahrung im vergleich zur reef lässt sich sagen: der charakteristische berghain-sound hat nicht gelitten, nur feinschliff wäre gut. ich fände es bspw. besser, wenn die beiden satelliten-lautsprecher in den hohen frequenzen etwas begrenzt werden.
außerdem auffällig, aber weniger aufgabe von funktion one, sondern vielmehr der hauseigenen technikabteilung: ogazón spielte durchgängig mit vinyl und bei einem acapella gab es rückkoppelungen vom technics. nun gilt der nicht als am besten isolierter plattenspieler am markt, jedoch dachte ich, dass das nach all den jahren vor ort bereits im griff wäre.

soviel zur technik. um die kurve zurück zum abend an sich zu kriegen: marcel dettmann brachte das ganze mit gewohnter routine und dem einen oder anderen electro-track bei 135 bpm (für seine verhältnisse ist das geschwindigkeitsrekord) so gut über die bühne, dass er seinen status als einer meiner lieblings-residents einmal mehr untermauert hat.
tasha danach überraschenderweise mit cdjs und zackigerem tempo, da fand ich nd und francesco oben angenehmer. jedoch bestand meine letzte stunde zwischen mitternacht und 1 uhr nur noch aus herumstreunen, um zu hören, wie sich beide sets so anließen.

trackauswahl (*: shazam)

roman flügel
jark prongo – movin thru your system (dave clarke remix)
tensal – inhospitable*
sev dah – audio grape*
pfirter – dynamical systems*
yan cook – sweat*
teste – the wipe

zisko
surgeon – la real

ruby savage
paperclip people – throw (unreleased version, die auf der „sessions“ enthalten ist)

nicola cruz
sluts’n’strings & 909 – summerbreeze
gant-man – distorted sensory (loefah’s south side remix)*

ogazón
ø [phase] & rødhåd – 180215* (lustigerweise erst von shazam identifiziert als nalin & kane – beachball (tall paul remix))
shlomi aber – liquid pressure*
psyk – bite back*
grain – untitled b1*
mark williams – a dj’s groove*
platform – rowcast
matrixxman & setaoc mass – reckoning*
remco beekwilder – transmax*
introversion – onryo*

marcel dettmann
the vision – detroit: one circle
cynthia stern – dampfmaschine*
spokesman – acid creak (pierre’s reconstruction mix)
johannes heil – der tod (b1)
octave one – blackwater (e-dancer vocal dub)

nd_baumecker / francesco menduni
smooth touch – house of love (tom flynn strictly rhythms edit)

tasha
the advent – sketch 3

[berlin / 17.05.2023] lab.oratory: revolting

wieder himmelfahrt, wieder ist die heimlich bessere panorama bar für alle geschlechter und orientierungen geöffnet.

ablauf

23:00 nd_baumecker
02:00 curses
05:00 wannadosomething?
08:00 woi$meing€ld

nachbetrachtung

vor ort war ich von kurz nach mitternacht bis kurz nach neun, und ab 1:30 uhr wurde es auch merklich voll. also so voll, dass wie üblich auf der tanzfläche und deren rändern nicht daran zu denken war, sich unter die leute zu mischen. aber zu sehen gibt’s ja abseits davon immer etwas und dank über die nebenräume verteilten anlagen hört mensch auch überall, was im auge des orkans geschieht.

so gut die öffnung des lab-gartens auch gemeint war, um den publikumsandrang etwas zu entzerren: bei einstelligen plusgraden konnte / kann ich mir nicht vorstellen, wie mensch sich dort körperlichen vergnügungen abseits des tanzens hingeben wollte, auch wenn die möglichkeiten dafür existierten. das war vor fünf jahren mit garten und offener säule besser gelöst und alleine vom andrang her hätte es der party wahrscheinlich nicht geschadet, die säule statt des gartens zu öffnen.

im nachhinein ist „hätte“ aber wiederum müßig. auch wenn riesen-andrang nicht mein fall ist, freute ich mich über den zuspruch. die stimmung war wie seit jeher eher rücksichtsvoll und jeder interpretierte den slot auf seine*ihre art und weise. davon „nur“ gut: woi$meing€ld mit dem, was ich unter normalem house inklusive sprach-samples einordnen würde. keine ahnung, wie sich das zum schluss hin noch entwickelt hat. der rest jedoch mindestens sehr gut, mal mit mehr pop (nd), mehr melodie (curses), mehr varianz (wannadosomething?). die revolting bleibt damit als termin auf meinem zettel, auch wenn das für mich weniger futter zum nachkaufen und vielmehr genießen der prickelnden stimmung in den verwinkelten räumlichkeiten ist (die jetzt unter anderem mit einem séparée inklusive riesen-spiegeln an zwei seiten aufwarten können, was die aussage des berghains als spiegelfreien raum hinfällig macht, auch wenn sinn und zweck hier klar sein sollten).

trackauswahl (stets dank shazam)

nd_baumecker:
röyksopp – unity feat. karen harding (baauer remix) (relativ zum schluss)

curses:
yello – lost again (extended)
ricardo baez – animarara

wannadosomething:
qalo-mota – don’t leave me (qm rmx)
o.n.o. – gran music (captain mustache remix)

[berlin / 11.03.2023] berghain: klubnacht

(nachträglich am 13. april 2023 eingefügt, weil erst jetzt zeit und muße zur nachlese.)

klubnacht

berghain
00:00 rødhåd
04:30 beatrice
08:30 matrixxman
12:30 stefan goldmann
16:30 volvox
20:30 blawan
00:30 kr!z

panorama bar
00:00 stathis
04:00 mystery affair
08:00 jacques greene
12:00 livwutang
16:00 nd_baumecker
20:00 the blessed madonna
00:00 luigi di venere

nachbetrachtung

ich hab’s erst zur mittagszeit hin geschafft und obwohl ich ein noch nicht so prall gefülltes berghain erwartet hatte, war’s zu der uhrzeit doch schon ziemlich eng unten. in den entsprechenden ecken zwar noch gut aushaltbar, aber da erstens das platzangebot in der panorama bar wie schon bei den letzten besuchen besser war und livwutang einen derart guten eindruck machte, dass ich auch nicht nach unten wollte, wurden die prioritäten ziemlich früh klar. erst recht, da es unten bei mindestens ordentlichem füllgrad blieb und mir bei volvox sowie erst recht bei blawan zu anstrengend wurde. nicht unbedingt musikalisch – da kam ich nur bei den trance-ausflügen von volvox aus bekannten gründen nicht mit. blawan drückte beherzt auf’s tempo, obwohl er improvisieren musste, da es mit den technics probleme gab und er daher von usb-sticks spielte.

ich kann also zum geschehen im berghain nicht viel sagen. wenn ich mal kurz unten war, mindestens guter durchschnitt (matrixxman, volvox) bzw. sogar etwas drüber (stefan goldmann, blawan, kr!z).
als ich nach oben kam, spielte livwutang gerade „sniff and destroy“ von neil landstrumm, was im langsameren tempo dort verdammt gut funktioniert, auch fast 20 jahre nach dem höhepunkt meiner no-future-fanboy-phase immer noch offene türen einrennt und aufschlag für ein set war, das sich durch eine lässig präsentierte diversität auszeichnete. sie bleibt damit definitiv auf meinem zettel.
dort ist nd eh fest gesetzt, wird sich durch das set auch nicht ändern. spielte so wie mensch ihn kennt: melodischer als seine vorgängerin, nicht ohne acid, nicht ohne breakbeats, passend zum nachmittag. einfach nichts zu meckern.
the blessed madonna nutzte ihre spielzeit für gewollte brüche. bspw. mit dem legowelt-remix von „synthesizer voice“ von pampidoo einfach mal tempo rausnehmen, später noch einen mir unbekannten mix von portisheads „machine gun“. fand’s gut, dass sie ihren status zu der uhrzeit auch für so etwas nutzte, anstatt einfach abzuliefern (wobei ich jetzt nicht weiß, ob sie auch „it’s raining men“ spielte – ich war nicht ständig vor ort).

scheint sich also dahin zu entwickeln, dass die line-ups für das berghain entscheidend sind, ob ich hingehe, jedoch die panorama bar sich für mich vor ort als entspanntere und musikalisch vielfältigere option herausstellt. ist auch völlig ok so – zur horizonterweiterung eine etage tiefer gibt’s ja nach wie vor die entsprechend aufgestellten veranstaltungen am freitag (wozu ich live from earth klub jedoch nicht zähle).

trackauswahl (*: shazam)

livwutang:
neil landstrumm – sniff and destroy
mu – paris hilton
mathew jonson – automaton*
cj bolland – sugar is sweeter (armand van helden remix)
ace & the sandman – let your body talk*

stefan goldmann:
quelza – the free speech*
aiken – potential*
dold – rave break*

nd_baumecker:
paul rutherford – get real (happy house mix)*
gideön – ritmo*
tensnake – wait it out (tiger & woods noir extended mix)*
the blessed madonna – shades of love (feat. the joy)* (letzter track zur übergabe)

[berlin / 12.11.2022] berghain: klubnacht

dies ist ein teil von nachbetrachtungen, die ich in der restrealitaet verfasst habe und nun hier herüberkopiere. das datum des postings datiere ich auf den jeweiligen clubbesuch zurück.

klubnacht

berghain
00h00 vân anh
04h00 kasper marott
08h00 jakojako
12h00 answer code request
16h00 rolando
19h00 nazira
22h00 rroxymore
02h00 fiedel

panorama bar
00h00 audrey danza
04h00 barbara hofmann
08h00 eli escobar
12h00 steffi b2b nd_baumecker
20h00 dj pierre
23h00 gerd janson

säule
19h00 soft crash live

nachbetrachtung
umgekehrtes szenario zur reef neulich, wo ich mit der panorama bar nicht so viel anfangen konnte. dieses mal war ich eher weniger im berghain zu finden, dabei lag das nicht mal an der dortigen musik (bis auf nazira, trance um die 145 bpm ist nicht mein steckenpferd). wahrscheinlich vielmehr an der tatsache, dass es unten für mittlerweile herrschende sonntagsmaßstäbe zwar noch angenehm voll war, aber mit dem sorgenfreieren tanzen klappte das oben bei ebenfalls mindestens guter musik einfach besser. da waren die lücken zwischen den leuten einfach etwas größer, obwohl sich das spätestens bei herrn janson auch geändert hatte.
bemerkenswert auch, dass es den sonntag über außer am abend keine nennenswerte schlange draußen gab. drinnen war der übliche füllgrad (zumindest im berghain) spätestens ab 16 uhr erreicht, aber bei rroxymore war’s schon wieder etwas luftiger. hab in diesem jahr schon stressigere sonntagabende erlebt. nichtsdestotrotz war’s die ganze zeit über in der panorama bar für mich aufgrund der meistens luftigeren tanzfläche einfacher.

musikalisch gibt’s für meine begriffe ab sonntagmittag (ankunftszeit) nichts zu meckern. steffi und nd haben ihre durch mehr als 15 jahren residency gesammelte erfahrung in die waagschale geworfen und in den acht stunden ein stilistisch so variables set gespielt, ohne dass mensch wirklich ausmachen konnte, wer welchen track spielt. poppiger, manchmal rauher house, alte und neue breakbeats, ein bisschen acid und das alles in wellen kommend. könnten sie öfter machen. war ein gutes anschauungsbeispiel dafür, was den stil der panorama bar so ausmacht.
dj pierre zwar danach mit einem hittigen potpourri, aber das wesentlich besser gemixt und ausgewählt als von herrn shelby an gleicher stelle vor ein paar wochen. das wurde in seiner letzten stunde auch ziemlich technoid, aber es war echt schön zu hören, dass er nicht in der 1980er-trax-nostalgie festhängt, sondern auch recht aktuelle veröffentlichungen spielt.
herrn janson kann mensch mit gutem gewissen als routinier bezeichnen. in puncto melodien fast schon episch, aber das passt zum closing und zu seinem stil ja eh.

eindrücke von unten: answer code request durchaus ravig, allerdings mit den authentischen 1990er-signalen. rolando härter und anders als im august. vermag es immer noch, an stellen im set im subbass-bereich einen draufzusetzen, an denen mensch es nicht vermutet. nazira wie bereits erwähnt nicht mein fall. rroxymore dann wieder auf dem tempo wie rolando (also unter 140), mir tendenziell zu trocken. hab sie bislang nur einmal auf der letzten cocktail d’amore in der alten griessmühle gehört, was mir dort besser gefiel. nichtsdestoweniger gut von ihr, bei dem slot nicht die ganze zeit absolut vollgas gegeben zu haben, sondern dem publikum zu zeigen, dass das auch reduziert-funky gehen kann. wie auch bei regis letztens: das verschreckt die leute nicht.

ein, zwei sätze noch zu soft crash: ein für mich unbeschriebenes blatt, fand ich unerwartet gut. zwar bin ich mir unsicher, ob ich das jetzt als „italo mit ebm-einschlag“ oder „ebm mit italo-einschlag“ betiteln soll (oder ob schubladen immer und überall notwendig sein müssen), aber als anhaltspunkt reicht das vielleicht aus. nicht mein beuteschema beim musikkauf, jedoch gefiel mir diese im vergleich zu italo rauhere klangästhetik, was phase fatale mit seinen vocals noch unterstrich.

trackauswahl (*: shazam)

steffi / nd
renegade soundwave – the phantom (turntable scratch mix)
todd osborn – on the t*
fantastic man – trance sexual*
mind safari – enter sandman*
credit 00 – pink blunted (credit 00 f**k up)*
elliott thomas – sirius*
nicola cruz – surface tension*
beyoncé – break my soul (honey dijon remix)*

answer code request
tres demented – demented (or just crazy)
format – solid session

rolando
mark broom – dna*
kink – existence*

dj pierre
liaisons dangereuses – los niños del parque
ron trent – altered states (direkt danach)
gemini – klonopinless (direkt danach)
armando – morse code*
radio slave – wait a minute (mark broom’s non stop remix)*
robert hood – moveable parts 1 (untitled 1) (direkt danach)
audion – mouth to mouth
jeff mills – the bells
spokesman – acid creak (pierre’s reconstruction mix)

exberliner im interview mit nd_baumecker zum clubbing während und nach der pandemie (plus eigenem essay dazu)

da der text ein plädoyer und damit ziemlich lang geworden ist, kommt der link zum ausschlaggebenden und höchst relevanten interview zuerst. dessen kernpunkte käue ich verlauf eh wieder:
„club culture is being reborn“

es ist kein sonderlich großes geheimnis, dass ich nd gegenüber aus gründen voreingenommen bin. vor wochen hatte er bei instagram einen ausschnitt des interviews hochgeladen und ich mir daher die print-ausgabe gekauft, die auch neben seiner weitere relevante perspektiven zu bieten hat. außerdem kann es für meine begriffe nicht schaden, den verlegern zu signalisieren, dass sich print-ausgaben lohnen sollen.

ja sicher (und gerne nochmal): mir fehlt das ausgehen als ausgleich zum alltag oder zum (re)kalibrieren diverser befindlichkeiten immer noch massiv. zwar war die erfahrung am vorletzten sonntag im berghain-garten eine überaus positive (schön euphorisches publikum, was einen vorgeschmack auf das liefert, was uns blühen könnte, sobald ein impfstoff bereit steht) und auch der oxi garten (ex-polygon) tritt als neuzugang in der clubszene mit fast schon zu ambitionierten line-ups in den letzten wochenenden mit tanz unter freiem himmel auf den plan. das alles sind für mich aber eher notrationen, bis es wieder richtig weitergehen kann.
andererseits ist auch mir als clubgänger und erst recht als dj mit sinkender anzahl an bookings in den letzten fünf bis acht jahren schon aufgefallen, dass das clubgeschehen in der berliner filterblase und auch anderswo (gerade auf festivals) sehr vom rennen um die vordersten plätze geprägt war. als clubgänger habe ich gerne daran partizipiert: tolle line-ups, bei denen nicht nur ein, sondern gar zwei bis drei namen pro abend die kinnlade runterfallen ließen. dazu noch gelegentliche privilegien für gästeliste und schon fällt das mit der konsumhaltung leicht. die kehrseite der medaille war hier jedoch schon häufiger nachzulesen: gerade der sonntagabend im berghain geriet in den vergangenen drei, vier jahren zur engtanzparty, bei der ich aus kundensicht gerne nur die beobachterposition einnahm, weil ich nicht bei der verteilung um die quadratzentimeter dabei sein wollte. das hat sich mit einführung des wiedereintritts letzten september nur minimal gebessert, wobei ich mir seit geraumer zeit auch die termine ausgesucht hatte, die zu weniger überfüllung führten (oder der andrang ging im letzten halben jahr vor covid-19 allgemein zurück). mein letzter besuch im februar diesen jahres war dafür jedenfalls ein positives beispiel, mag aber auch schon den vorboten der pandemie geschuldet sein.

als nur periphär im booking involvierter (den teil übernehmen bei der bewegungsfreiheit andere mit weniger sorge vor zurückweisungen) kann ich nur zu gut nachvollziehen, weshalb nd bereits vor jahren auf die bremse (bzw. als booker der panorama bar vom amt zurück) getreten ist. als ob das rennen um die besten plätze auf line-ups auf clubs und festivals nicht genug wäre (stichwort „selbstmarketing“ oder „ellenbogenmentalität“ – das muss mensch wollen), bekommen booker*innen es mit agenturen und/oder djs/live-acts zu tun, die zum gelingen eines line-ups mittlerweile tragend sind, sich dieser rolle nur zu bewusst sind und dies für eine grassierende inflation (also genau das ausleben dieser mentalität) nutzen. der markt hat also auch vor covid-19 in der szene bereits einiges geregelt.
wer noch keinen namen hat, macht sich am besten einen, indem ein eigenes label gegründet wird (um im idealfall selbst produzierte und auch noch gute tracks an die damen und herren djs zu bringen) sowie soziale medien an allen ecken und enden bespielt und schlüsselpersonen so lange behelligt werden, dass sich zumindest die theoretischen chancen erhöhen, einen platz an der sonne (also auf line-ups in namhafteren clubs) zu sichern.
wer einen namen und einen platz in einer booking-agentur hat, kann sich eigentlich glücklich schätzen: drei, vier anfragen oder gar gigs pro wochenende. unterkünfte, tolles essen und gratismeilen bei fluglinien (business-class? ja bitte!) inklusive. die kehrseite der medaille (die nd im interview glücklicherweise auch benennt): als headliner*in bleibt da nicht mehr viel zeit für das inhaltliche. stattdessen: verwendung der eingespielten rezeptur. manche im publikum nehmen das unkritisch hin (oder erwarten dies sogar) und die musik-nerds stehen am rand und bedauern, weshalb nicht mehr drin ist.

das mache ich den am zirkus beteiligten djs/live-acts nur bedingt zum vorwurf: wer die möglichkeit hat, sich dadurch den ruhestand abzusichern, soll das tun. die spirale fand ich jedoch in den letzten jahren in mehrfacher hinsicht ungesund:
erstens lässt sich der marathon aus jetlag, hotelzimmern, drei, vier sets pro wochenenden an jeweils verschiedenen orten mit entsprechenden hilfsmitteln zwar ganz gut aufrecht erhalten. auf dauer geht das jedoch an die körperliche substanz. unter der woche muss entweder die kondition wiederhergestellt, weitere tracks produziert, promos angehört, plattenläden (virtuelle oder physische) durchforstet werden. auch wenn das anfangs nach einem wahrgewordenen traum aussieht: alleine die flut an veröffentlichungen (häufig promos) und damit das djing ist ein vollzeitjob. will mensch das gründlich und mit der ambition erledigen, nicht stets das gleiche set spielen zu wollen, lässt sich das (mit den erwähnten stellschrauben zum erlangen von gigs) eigentlich nur bewerkstelligen, wenn schlaf und privatleben weitestgehend gestrichen werden. es wäre an der stelle (und vor allem zu diesem zeitpunkt, bei dem die szene zwangsläufig innehält) überaus interessant, namhaften djs die frage zu stellen, inwieweit sie in den letzten jahren anzeichen eines burn-outs bei sich bemerkt haben.
zweitens wurde damit eine ungesunde erwartungshaltung beim publikum gefördert, wodurch das clubgeschehen zu einer kleineren kopie von festivals geworden ist. ich habe die erste welle mitte der 1990er-jahre zwar nur als schüler mit der durch low spirit und frontpage getriebenen vermarktung mitbekommen und diese auch weitaus unkritischer als heute als einstieg genommen, sehe aber durchaus parallelen zu damals – mit dem unterschied, dass diese bewegung noch globaler geworden ist. dabei finde ich es einerseits toll, dass techno nicht mehr das nischendasein wie damals führt, für das mensch sich rechtfertigen muss. gerade im bereich der relevanz der clubkultur für attraktive(re) städte und damit auch deren planung sowie der präventiven drogenaufklärungsarbeit ist seither einiges passiert. zumindest haben die aus der bewegung stammenden stimmen sich gehör verschafft – was damit geschieht, steht auf einem anderen blatt. problematisch wird es jedoch, die clubkultur vorrangig als wirtschaftsfaktor zu begreifen: auf der einen seite begrüßenswert als hebel zur erhaltung der orte für clubs (am beispiel berlins: gerade mit nähe zum s-bahn-ring), keine frage. auf der anderen seite sind genau diese clubs am zuge, ebenso wirtschaftlich zu arbeiten. line-ups sind hierbei mittel und zweck, entweder weiterhin als etablierter name im zirkus mitzumischen oder erst recht, wenn sich ein club oder eine partyreihe diesen erst verdienen muss.
beides führt zum auf-nummer-sicher-gehen und damit zur verwässerung. als booker*in möchten line-ups einerseits gut kuratiert, der club andererseits auch gut gefüllt sein. als dj/live-act möchte mensch gerne aus dem vollen schöpfen, bekommt dies jedoch aufgrund von zeit- und erwartungsdruck nicht so hin. das erklärt, warum der kreis der großen namen, die sich in berliner clubs wirklich was getraut hätten, ein ziemlich kleiner ist.

paradoxerweise sägen clubs oder veranstalter*innen damit am ast, der zu ihrem ruf oder erfolg beigetragen hat. es ist vielleicht etwas viel verlangt, das wilde, archaische, experimentielle aufbruchsgefühl der anfangsjahre wiederherstellen zu wollen. dafür ist der stil zu etabliert und die musikalischen revolutionen oder erweckungsmomente auf der tanzfläche mittlerweile zu rar. das ist aber auch normal und irgendwie in ordnung so, wenn mensch das mehr als 20 jahre lang aktiv mitverfolgt und -erlebt. mich stört halt (und da kommt auch das gekränkte dj-ego mit bewusstsein des eigenen geschmacks durch) massiv, dass diese spirale den ursprünglichen gedanken, anders als die etablierten stile sein und neue musikalische horizonte erschließen zu wollen, ordentlich verwässert hat. anstelle neue musik oder ungeahnte mischungen vermeintlich unvereinbarer stile willkommen zu heißen, ähnelt das leider ziemlich dem, was sich bei rock-konzerten oder etablierten festivals beobachten lässt. ausnahmen bestätigen hier zwar gerne die regel (die freitage im berghain, den verzicht der staub auf line-up-ankündigungen mit offenem musikalischen konzept oder reihen wie mother’s finest, version, warning, reef kann ich nicht häufig genug loben), aber die pandemie hat sehr deutlich gemacht, dass der weg des geringsten widerstandes mit einem hohen preis versehen ist.
insofern teile ich die hoffnung von nd voll und ganz, dass sich clubs ihrer rolle als geschmacksinstitutionen wieder bewusster werden. das berghain hat sich dabei von anfang an sehr gut positioniert, indem auf die residents als rückgrat gesetzt worden ist. es wäre schön, wenn clubs sich fortan weniger auf große namen konzentrieren und das dafür gewonnene geld in die taschen der residents oder lokalen musikanten fließt, die als regelmäßig in ihrem stammclub (oder außerhalb) feiern gehende und auch auflegende / produzierende musiker große mühe und zeit investieren, den club sowie dessen publikum aus dem effeff kennenzulernen und damit das wissen erlangen, wie die persönliche note durch hier und da eingestreute gimmicks im set gesetzt werden kann. dabei helfen weniger und dafür ausgesuchtere gigs, damit mehr zeit zum wühlen in mehr als 30 jahren elektronischer tanzmusikgeschichte bleibt.
alles in allem wünsche ich mir: bitte weniger festgefahrene erwartungshaltungen und ergebnisse. bitte weniger schielen auf das maximum an gage oder reichweite. kondition bzw. körperliche ressourcen sind endlich und auch wenn es den persönlichen narzissmus schmerzt: es gibt auch andere mit ähnlich gutem geschmack, von denen sich lernen lässt und die das mit dem erzählen von geschichten im set vielleicht sogar besser können als mensch selbst. schlussendlich sollte musik der gemeinsame nenner sein, der kein wettstreit, sondern vielmehr inspiration sein sollte (zugegeben: bei dieser lektion bin auch noch lange nicht am ende).
ich befürchte zwar, dass wir nach dem ende der pandemie schneller wieder dort landen als es den musikliebhaber*innen passt, aber die letzten ein bis zwei jahre wiesen wieder in die richtung, dass auch an normalen sonntagen im berghain mehr vielfalt geht als trockene kicks mit reverb. wenngleich clubs rentabel sein müssen: auf absehbare zeit wird das vorgängerniveau mit der hälfte des publikums aus dem easyjet-flieger nicht erreicht werden können. es wird also keine andere wahl bleiben, als dass bei den line-ups auf das budget geachtet werden muss, wenn das publikum sich (gerade in der anfangszeit) eher aus berliner*innen rekrutiert. die wiederum könnten noch am ehesten die kenntnisse über fähige resident- oder lokale djs besitzen und werden sich hoffentlich längere zeit der tatsache bewusst sein, dass die clubkultur nicht als selbstverständlich hingenommen werden sollte.
in kombination dazu wünsche ich mir mehr geschichtsbewusstsein. da mache ich mir bei den älteren (40+) keine sorgen, weil die es sind, die hier die perfekten rahmenbedingungen vorfinden, um weiterhin leidenschaftlich in clubs gehen zu können, ohne dass wegen des alters schräg geschaut wird. im gegenteil habe ich sogar den eindruck, dass die jüngeren mittlerweile sehr gerne von diesem erfahrungsschatz profitieren. auch da herrscht ohne zweifel offenheit.
daher als anregung (an alle alterskohorten oder die szeneaffinen): bitte nehmt diesen neustart als gelegenheit, eure erwartungshaltungen zu hinterfragen oder sie bei anderen zu benennen. zieht die unkritischeren oder engstirnigen unter euch mit. zeigt ihnen auf, auf welchem fundament sich die clubwelt gründet und dass das konsumieren des erwartbaren nur eine option unter vielen ist. vertraut den clubs und djs/residents als geschmacksträger*innen. erwartet lieber überraschungen. lasst djs/live-acts die zeit, sets zu entwickeln und dabei auch mal daneben zu liegen.

kurzum: verlasst auch mal ausgetretene pfade und gesteht jeder*m (und damit auch euch selbst) zu, menschlich und damit fehlbar zu sein. das ist zur kalibrierung gar nicht mal schlecht, damit die tollen abende / tage auch als solche hervorstechen und nicht immer wieder auf’s neue reproduziert werden müssen.

[berlin / 02.10.2019] lab.oratory: revolting

es ist wieder soweit: nach dem abend vor himmelfahrt ist der vor dem jahrestag der nationalen einheit der weitere, an dem jegliche geschlechter und dazugehörige orientierungen in die räumlichkeiten dürfen. aktueller plan: früh den wecker stellen, evtl. schon zu rex the dog hin, dann nachmittags besorgte bürger mit hang zu faschistoiden parolen blockieren.

revolting
00h00 juan maclean
03h00 rex the dog live
04h00 justin strauss
07h00 nd_baumecker

eintritt
12 euro

nachbetrachtung
(am 14. januar 2020)

war erst ab 3 uhr da und hab gegen 12:30 uhr die segel gestrichen. da war auf der tanzfläche noch einiges los und nd in seinem element (tracks mit vocals oder hits mit einem hang zum kitsch zu spielen, was sich vermeintlich despektierlich liest, aber erstens für ihn nichts neues ist und zweitens super zu ihm und dem ort passt). das mit dem besuch der gegendemo hat jedoch nicht geklappt. ich hatte meine kondition überschätzt und das grau-regnerische wetter tat sein übriges, leider.

rex the dog war mit einem imposanten fuhrpark angereist, der auch ein ordentliches modularsystem beinhaltete. verlor sich aber glücklicherweise nicht in soundtüfteleien, sondern brachte ein sehr tanzbares live-set zustande, das seinen alten kompakt-sachen in nichts nachstand.
justin strauss genauso wie nd mit einem schön diversen set, spielten beide querbeet zwischen acid, house, pop und vocals – und das ist eine mischung wie für die katakomben gemacht.

notierte tracks (°: shazam)

justin strauss:
random xs – give your body (das delsin dankenswerterweise wiederveröffentlicht hat)
hercules & love affair – controller (mike simonetti remix)°
off sides – ayahuasca (rodrigo vega remix)°
josh caffé – darkroom lover°

nd_baumecker:
de sluwe vos – alphaeus°
klf – what time is love
jaco – show some love (rhythm invention remix) (direkt danach)°
cevin fisher – the way we used to (the hard mix)°
kerri chandler – atmosphere°
lykke li – i follow rivers
the shamen – phorever people
outlander – vamp
everything but the girl – missing (todd terry lite mix)°
meat beat manifesto – helter skelter°
snap – rhythm is a dancer (direkt danach)
cher – believe (direkt danach – eine version ohne beats, aber mit dem rest der instrumente und ihren vocals)

[berlin / 29.05.2019] lab.oratory: revolting

wie jedes jahr vor himmelfahrt lädt die heimlich bessere panorama bar auch damen, heteros und jede*n, der*die*das sich irgendwo zwischen lgbtq verortet, in die räumlichkeiten ein.

revolting
00h00 nd_baumecker
03h00 the emperor machine live
04h00 mystery affair
07h00 cormac

eintritt
15 euro

nachbetrachtung
(am 25. januar 2020)

im gegensatz zum letzten jahr war der außenbereich nicht offen, aber dafür war’s auch etwas zu frisch. die säule hat das alles gut abgefedert.

nd in seiner letzten stunde (war erst ab 2 da und bekam nicht mehr mit) düsterer als gewohnt. die weiteren nach ihm orientierten sich an der rezeptur, die an ort und stelle erfolgreich erprobt ist: acid house, disco, house mit viel synth-einsatz. dabei hat mir insbesondere cormac bestätigt, warum er für die panorama bar mittlerweile eine feste größe ist – unter anderem mit dem seinerzeit frisch erschienenen „(vi-vi) vicious games“ von paranoid london.

insgesamt auch mehr licht als zu silvester mit zwei led-strobos an den seiten, allerdings war es meinem eindruck nach zu himmelfahrt 2018 etwas ausgelassener. ist allerdings auch jammern auf echt hohem niveau.

[münchen / 13.04.2019] blitz: blitz w/ nd_baumecker, overmono & more

wo ich schon mal hier bin, kann ich mir auch gleich bekannte schallplattenunterhalter aus der heimat anhören. overmono habe ich letztens als live-act in der panorama bar verpasst, aber dann eben als dj-duo.

blitz

00h00 nd_baumecker
02h30 overmono
04h30 muallem b2b roland appel

eintritt
15 euro

nachbetrachtung
„schon großzügig dimensionierte bars,“ dachte ich beim ersten durchgehen. jedenfalls muss man erstmal durch einen barbereich, ehe die tanzfläche sichtbar wird. der ganze club ist schlicht, beinahe steril gehalten, wobei das holz allem wieder wärme verleiht – und vor allem einen richtig satten sound. dafür sorgt eine void-anlage und eine wandverkleidung, die keine rechten winkel aufweist, womit der raum dem sound angepasst worden ist.
das dj-pult wie im mma: nur leicht erhöht und auch von hinten einsehbar. monitoring wie im berghain von drei tops aus. also auch ideale arbeitsbedingungen.
zu den klos ist es für die herren eine kleine weltreise in einen nebentrakt des deutschen museums. auf dem weg dahin oder zurück kann man es sich aber im vorraum auf den treppenstufen bei ambient gemütlich machen. das geht aber auch am rande der tanzfläche ganz gut, wobei das nun wieder der logenplatz für beinahe-unfälle wegen der stolperfalle aufgrund der leichten erhöhung des randes ist. dafür hat man am rand sprichwörtlich den bass im rücken.

leider auch hier: getränkesponsor ist red bull. wäre zu schön, wenn fritz hier einen fuß in die tür bekäme, aber soweit ich weiß, bindet man sich als club für einen gewissen zeitraum.
auch beim licht könnte / sollte sich noch einiges mehr tun. mal mehr und mal minder helle hellgelbe lampen, das sich drehende ufo in der mitte der tanzfläche sowie der strobo hinter dem dj-pult war mir etwas zu wenig. allerdings war ich auch vom vorabend verwöhnt, und der sound riss es ohnehin locker raus.

besuchertechnisch war es nicht mal ansatzweise zu voll, was wohl daran gelegen haben mag, dass viele dem mma nochmal lebewohl sagen wollten. dafür (dicker pluspunkt) von vorne bis hinten musikalisch richtig gut. nur meine kondition wollte da nicht hinterher, so dass ich relativ zeitig nach beginn des b2b-sets gegangen bin. da fuhren die u-bahnen wieder.

und auch wenn es im vergleich zu manch anderen abenden leerer war: nd hatte bereits um 0h30 einige tänzer*innen vor sich und wurde die auch bis zum schluss seines sets nicht los. von house bis zu acid, breakbeats und ein wenig techno wechselnd – das übliche stylehopping bei ihm, ohne dass es sich wirr anhört. oder auch: ganz schön gewohnt gut.
notiert:
mantra – transmutation
neil landstrumm – lancia delta integrale 16 v (wie bereits von dave aju zur release-party von nds panorama-bar-mix gespielt)
dj normal 4 – cult of alecto

overmono wechselten gekonnt zwischen breakbeats und geradlinigem. der schluss dann nochmal mit drum&bass, bevor sich muallem & roland appel mit bodenständigem techno (u.a. dem dubplate-mix von mark broom zu floorplans „never grow old“) anschickten, den abend zu beenden. beim overmono-set stach jedoch „death rattle“ von lsdxoxo ins auge, was direkt auf die wunschliste wanderte.

beim blitz komme ich definitiv nochmal wieder. muss mir anschauen, wie sich der club im sommer und / oder mit zwei floors so macht. das booking sieht über die nächsten wochen jedenfalls konstant gut aus und ich bräuchte nochmal die perspektive, wie es um die zusammensetzung der leute bestellt ist, wenn ein anderer platzhirsch nicht am gleichen abend seine pforten schließt.

ps: das nd-set gibt es im rahmen des blitz live-podcasts nun auf soundcloud nachzuhören.

[berlin / 01.09.2018] berghain: klubnacht

eines der berühmt-berüchtigten doubles, bei denen ich hoffe, es rechtzeitig zu shackleton zu schaffen. ansonsten hat stephanie sykes vor zwei wochen auf dem 7001 einen so guten eindruck hinterlassen, dass ich auch für sie ein bis zwei stündchen anpeile.

klubnacht

berghain
00h00 dr. rubinstein
04h00 shackleton live
05h15 december
09h00 solaris
13h00 stephanie sykes
17h00 dasha rush
21h00 blawan
01h00 dvs1

panorama bar
00h00 honey dijon
05h00 shaun j. wright
09h00 kim ann foxman
13h00 pause
19h00 the hacker
22h00 dj hell
01h00 the black madonna

garten
12h00 josh cheon
16h00 nd_baumecker

eintritt
16 euro

nachbetrachtung
aufgrund eigener gastgeberpflichten hat das mit dem mitnehmen des warm-ups von dr. rubinstein und shackleton mal so gar nicht geklappt. es wurde stattdessen der frühe nachmittag zu stephanie sykes, die eine genauso grundsolide mischung aus funktionalen tracks über die funktion one jagte wie zum 7001. sie hatte zumindest für mich aber leider das pech, dass der spätsommer noch so gut mitspielte und josh cheons set draußen super dazu passte. gut, mit hits wie „miura“ von metro area macht man auch mehr als zehn jahre nach erscheinen nichts falsch, aber so richtig gepunktet hat er mit „bego bego iran“ von faramarz assef. das war dort wahrscheinlich ein großer hit, aber durch die fokussierung auf clubmusik aus den etablierten nationen geht das hier total unter. den herrn merke ich mir daher aufgrund seiner mühen, die er sich mit seiner auswahl macht.
allgemein bekannt ist auch, dass man mit nd_baumecker immer gut fährt – da machte das set keine ausnahme. schön zwischen house und breakbeats neuerer schule wechselnd und dabei auch um 1980er-pop nicht verlegen. in dem fall „the sun always shines on tv“ von a-ha, was ich auch nach 30 jahren immer noch besser als „take on me“ finde. sonst „in here“ von joy orbison & boddika, „together“ auf roulé oder „live goes on“ von sound stream. durfte auch gleich eine stunde länger machen (also 20 statt 19 uhr), weil es überall gut gefüllt war.

eine überraschung war für mich the hacker, der in der ersten hälfte viel weicheren ebm und wave spielte. zum schluss hin beinahe ravig („neue dimensionen“ von techno bert) und (fast schon zu erwarten) electro wie „sterilize“ von dopplereffekt. sollte man also auch nach wie vor auf dem zettel haben.
blawan ließ sich unten funktional wie in den letzten jahren zuvor auch an, aber da ich noch zur warning ins about blank und mich überhaupt noch stärken wollte, fand ich es auch ok, vor 22:30 uhr aufzubrechen. mehr als nur zufriedenstellend war der besuch eh mal wieder.