nein, das ist keine optische täuschung. nach beinahe sechs jahren habe ich genug geschmollt, genug aus verschiedenen quellen gehört, dass es sich gebessert haben soll und genug monats-line-ups gelesen, die doch recht vielversprechend aussahen. dieses sticht dabei absolut hervor, also gebe ich mir mal wieder die ehre und schaue / höre mir so an, was sich in dem laden alles verändert hat. der keller hat bspw. eine neue anlage und der globus soll verkleinert worden sein.
ich gebe zu: etwas gespannt bin ich.
ablauf
globus
00:00 lluck
02:00 deepchord
03:00 mike huckaby
05:30 convextion aka e.r.p.
06:30 jeff samuel
tresor
01:00 j.c.
03:30 go hiyama
06:00 psyk
eintritt
14 euro
nachbetrachtung
drinnen war ich erst gegen 3 uhr, da ich vorher noch in der berghain kantine bei der von crazy language ausgerichteten tour von syl kougaï vorbeigeschaut habe. dazwischen lagen jedoch gut 20 minuten wartezeit in der schlange. moment – tresor? schlange? ja, ganz recht, gute 50 meter werden es gewesen sein. während des wartens die weitere überraschung: sie schicken leute weg. anzeichen dafür, dass es drinnen so voll ist, dass ausgewählt wird oder eine generelle türpolitik? ein schema konnte ich nicht ausmachen. große, laute gruppen waren jedenfalls nicht so gern gesehen, aber auch zweier- oder dreiergruppen fielen durch das raster, wovon manche durchaus in den club gepasst hätten.
noch dazu wurde bereits beim warten klar, dass der tresor bei touristen eine der hauptoptionen ist. klar, ist das berghain auch, aber es ist durchaus denkbar, dass sich viele aufgrund der langen wartezeit am wriezener karree und der ungewissheit, hereingelassen zu werden, gleich für die andere techno-bastion entscheiden.
jedenfalls war die quote der weggeschickten leute erstaunlich hoch: gefühlte zwei drittel. da kam bei mir schon etwas wie kribbeln auf, ob es tatsächlich klappen könnte. nachdem ich die frage bejaht hatte, ob ich alleine bin, war die hürde aber auch geschafft.
soviel zur ersten augenscheinlichen änderung, aber was ist drinnen nun passiert?
an sich eine ganze menge. der zugang vom treppenhaus zum globus ist mit seiner passage zwischen tür und tanzfläche zwar immer noch etwas einsam, aber die leicht geänderte raumaufteilung ist wirklich sinnvoll. die bar ist jetzt nicht mehr zwischen dem gang und den sitzgelegenheiten, sondern vollständig in der ecke platziert. mehr platz für die keeper zum arbeiten, zugleich mit dem durchgang hinter der bar eine tote ecke beseitigt – gute entscheidung. zwischen den (zahlreichen) sitzgelegenheiten und der tanzfläche sind nun schlichte säulen mit einem durchgang und glasscheiben an den seiten gebaut worden. klare trennung: barbereich zum unterhalten, tanzfläche für die abfahrt. dort gibt es konsequenterweise gar keine sitzgelegenheiten.
das dj-pult ist nun von der kraftwerksseite an die bühnenseite gewandert, die früher bereits von großkalibern wie jeff mills bespielt wurde. auf der bühne selbst spielte deepchord, das dj-pult steht etwas tiefer davor. noch dazu wurde die totec-anlage durch void ersetzt, deren horn-lautsprecher schon eine abgefahrene optik und auch einen ganz guten klang bieten. klang beim monitoring jedoch besser als auf der tanzfläche, wo mir gerade beim convextion-set etwas die transparenz fehlte. beim set von mike huckaby gab es komische lautstärkeschwankungen auf einem technics. ob das am 1210er oder etwas anderem gelegen hat, weiß ich nicht. insgesamt klanglich gutes mittelfeld, das war ja auch nicht immer selbstverständlich.
ansonsten hat man jetzt drei ausgänge aus dem globus zur auswahl: erstmal den aus dem haupttreppenhaus, dann die treppe in richtung garderobe und ein kleines treppenhaus im hinteren bereich der bar. dort geht’s nach oben zum raucherraum und nach unten zur garderobe.
dort die nächste neuerung: die habseligkeiten werden nicht mehr direkt vor dem treppenhaus entgegengenommen, was früher wegen des besucherstroms richtung treppenhaus zum globus eh zu unnötigem stress geführt hat, sondern in dem gang, in dem früher der merchandising-stand war. der ist jetzt am anderen ende. konsequenz: eine weitere tote ecke sowie stresspotential beseitigt und dabei die raumnutzung optimiert. noch dazu ist aus dem snack-kiosk am gang richtung tresor ein richtiger raum entstanden, in dem man in aller ruhe sandwiches und dergleichen essen kann.
heißt: der garderobenbereich lebt. kompliment an die- oder denjenigen, der sich das hat einfallen lassen.
dagegen nehmen sich die räumlichen änderungen im tresor klein aus. die ecke links beim reinkommen ist nun auch zum raucherraum geworden und das linke podest wird durch lichtstreifen markiert, so dass man im dunkeln nicht drüber stolpert. die schließfächer stehen immer noch da, das dj-pult ist immer noch ebenerdig.
zwei dinge fallen jedoch auf: erstens wurden die lampen an der seite durch helle led-lichter ersetzt, die man mit verschiedenen farben ansteuern und gleichzeitig als strobo gebrauchen kann. die altbekannte lichtschlange ist immer noch da, drei strobos an der decke ebenfalls. neu ist jedoch: es kümmert sich den gesamten abend über jemand um das licht (auf beiden floors wohlgemerkt) und auch der tontechniker schaut regelmäßig nach. zweitens wurde die totec-anlage, die im vergleich zu den altrestbeständen aus der leipziger straße zuvor schon eine verbesserung war, auch durch void ersetzt. auch wenn man sich an die optik der subwoofer vor dem dj-pult etwas gewöhnen muss (im trouw ja nicht anders), führt das auf der tanzfläche zu schönen nebeneffekten: erstens optisch, da das eine podest auf der rechten seite nicht mehr durch die alten subwoofer, sondern vom publikum in beschlag genommen werden kann. zweitens (wichtiger) akustisch: egal, wo man steht, der sound ist präsent, druckvoll und klar. und das ist die tatsache, die mich fast am meisten freut: man kann dem tresor endlich mal einen richtig fetten klang bescheinigen. wäre zwar noch schöner, wenn man den djm-800 gegen allen & heath tauschen könnte (der oben im globus steht), aber das ist marginal.
musikalisch hat sich niemand eine blöße gegeben. deepchords sphären blieben zeitweilig hinter dem rhythmus zurück, mike huckaby legte ein höheres tempo vor als j.c. und go hiyama im keller, der ebenfalls mit ableton live spielt und dabei nicht statisch wirkte. der höhepunkt war (wie erhofft) convextion, bei dem ich eigentlich dachte, dass er eher electro spielen wird. kam in seiner zweiten hälfte auch, zuvor war das geradliniger dubtechno zum verlieben. so bekam man eben seine beiden facetten mit, langanhaltender szeneapplaus zum ende seines sets – zurecht.
optische und akustische änderungen schön und gut, aber wie ist denn nun der gesamteindruck? hat es sich denn summa summarum gebessert?
doch, hat es. zwar habe ich mich bei manchen gefragt, warum gerade sie es in den club geschafft haben, während draußen in meiner wartezeit einige weggeschickt worden sind, die besser reingepasst hätten, aber das war wohl tatsächlich den zeitlichen umständen geschuldet. natürlich ist es deutlich von touristen geprägt. das war schon in der leipziger straße so, ist es auch im berghain und fällt im tresor deswegen auf, weil die dimensionen im vergleich zu früher größere sind und man mehr gespräche mitbekommt, während man durch die gänge schlendert.
ansonsten merkt man, dass (endlich wieder) mehr auf identität als den schnellen euro wert gelegt wird. dafür reicht ein blick auf die monats-line-ups, aber auch in den club selber. die offensichtlichste entscheidung war und ist weiterhin, dass man die tradition an anderer stelle fortsetzen will. reminiszenzen an die in der leipziger straße geschaffene legende sind vorhanden, inklusive einem bild von jeff mills im alten keller, aber zu meiner freude setzte sich das bei der atmosphäre im tresor fort. das hat schon etwas von der vertrauten endzeit-apokalypse mit reichlichem getöse. publikumsreaktionen gibt es direkt und ehrlich, sobald die kickdrum wieder einsetzt. klar ist das publikum eher jung, aber wesentlich angenehmer als vor sechs jahren. dabei sollte auch nicht vergessen werden, dass wir alle auch mehr oder weniger jung mit dem clubbing angefangen haben und sicher das eine oder andere mal belächelt worden sind. wenn sich das wie am vergangenen abend mit älteren hasen mischt (sogar einige berghain-stammgäste wurden gesichtet, was sicher auch am line-up gelegen hat), ist das ein zustand, mit dem es sich sehr gut leben lässt. einzig und allein meine kondition, die nach dem 1. mai und arbeiten am 2. mai nicht mehr so viel zuließ, trug dazu bei, dass ich schon um kurz nach 7 den laden wieder verließ.
alles schön und gut und vor allem ganz schön viel zu lesen. aber wirst du wieder hingehen?
klar, gerne. zwar wird sich der tresor für mich samstags nicht unbedingt zur ersten wahl entwickeln, dafür überzeugt das berghain-gesamtpaket einfach zu gut. aber falls mal gerade keine grounded theory im stattbad stattfindet, oder mir freitags der sinn nach feinem gebretter steht, freut es mich, ihn endlich wieder als gute alternative auf dem zettel zu haben.
Danke für das schöne Review! Eine Anmerkung: Im Normalfall steht unten mittlerweile ebenfalls ein Allen&Heath. Der DJM kommt nur zum Einsatz, wenn einer der Acts den in seinem Tech-Rider zu stehen hat (was tatsächlich hin und wieder vorkommt).
solange es der 800er ist wie am freitag, kann ich damit auch leben.
ein kritikpunkt fiel mir erst im nachhinein auf, ist aber auch wieder eine parallele zum trouw und außerdem muss ich mir da wieder einen schuh anziehen. die rede ist vom fotoverbot. ich kann mich erinnern, dass sie das bereits in den anfangstagen durchdrücken wollten, es aber nicht wirklich geschafft haben. 2007/8 waren smartphones zwar erst noch auf dem vormarsch und eher noch digitalkameras im einsatz. aber gleich am eröffnungsabend war es paradox, dass sie ein zdf-kamerateam mit beleuchtung über den gerätschaften die tanzfläche und einzelne ausdrucksstarke tänzer im tresor ablichten ließen. lud natürlich zur nachahmung ein: auch ich habe in den tagen / wochen / monaten danach fleißig bei so gut wie jeder gelegenheit schnappschüsse gemacht.
da fehlt immer noch das letzte bisschen konsequenz: schilder am eingang und im club – schön und gut. es gibt aber niemanden von der tür, der regelmäßig durchgeht und auch klare ansagen macht. wird man im berghain erwischt, bekommt man immerhin noch die möglichkeit, die fotos zu löschen oder den vorzeitigen heimweg mit hausverbot als zugabe anzutreten, wenn man dem nicht nachkommen will. das hängt jedoch damit zusammen, dass immer irgendwer vom vorraum im club unterwegs ist.
genauso wie niemand von der tür im tresor umhergeht, gibt es an der tür keine entsprechenden ansagen, dass fotos nicht gestattet sind. als konsequenz ist man wie stellenweise im stattbad damit beschäftigt, die eigene visage aus den kameralinsen anderer rauszuhalten. hätte ich einige jahre früher gewusst, dass das andere so stören könnte wie mich jetzt, hätte ich mich mit der kamera definitiv zurückgehalten. es ist ohne allgemein gegenseitige ablichtung wirklich angenehmer.
fände ich ganz schön, wenn dieser gedanke auch im tresor gefördert würde. gerade der nachwuchs scheint ohne bildprotokollierung nicht mehr auskommen zu wollen und die touristen nehmen das gerne als trophäen mit heim. dabei verpassen sie beim posieren einiges.