[berlin / 13.06.2014] suicide: sechs jahre killekill

da schaue ich mal rum.

killekillsix20140613

line-up
hard ton live
snuff crew live
dj spider
frank bean
hanno hinkelbein
dj flush
sebastian kökow
mareen
the 29novfilms visuals

start
24 uhr

eintritt
10 euro

nachbetrachtung
wird weniger eine nachbetrachtung, eher eine nüchterne analyse des status quo. aber erstmal das wesentliche.

anwesend: von 22h30 bis 5h30, mehr ging nach der arbeitswoche wirklich nicht.
mitbekommen: sebastian kökow (die ersten drei stunden bis hard ton draußen, solide), frank bean (ab 1h30, drinnen, wurde also mal umgekehrt verfahren als üblich, indem die leute erst in den garten kamen und der club erst danach öffnete – davon abgesehen war er für mich der höhepunkt. viel detroit, electro kam auch nicht zu kurz – er bleibt eben massiv unterschätzt.), hard ton (draußen, ab 3, wie in der berghain-kantine letztes jahr stimmlich und showtechnisch absolut überzeugend), snuff crew (wesentlich fordernder als das letzte mal im berghain, steht ihnen gut).
füllgrad: so zwei drittel bis drei viertel, fand ich ja ganz angenehm so, ist aber aus veranstaltersicht wieder eine andere geschichte, womit ich den übergang zum eigentlichen thema hätte.

es ist einigen nicht entgangen, dass ich in den letzten gut 11 monaten nicht mehr unter der killekill-flagge gespielt habe. angefragt war zwischendurch einmal der 3. märz im so 36, aber da kam bekannterweise die individuelle lärmempfindlichkeit dazwischen.
davon abgesehen war der 31. juli letzten jahres in der berghain-kantine das letzte mal, und das war aus meiner sicht zumindest publikumstechnisch enttäuschend. im suicide selbst hatte ich mitte märz 2013 das letzte mal das vergnügen, was zum siebeneinhalbstunden-set draußen in der holzhütte führte. der garten wurde zwischenzeitlich von amts wegen geschlossen, aber an sich kann ich mich nicht daran erinnern, den suicide mit einer leeren tanzfläche hinterlassen zu haben. daher konnte ich mir die funkstille nicht erklären, die in puncto anfragen herrschte.
zugegeben: meine präsenz auf killekill-parties oder im büro hat aufgrund dieser tatsache gelitten. hinzu kommt ein aktuell eh sehr fordernder vollzeitjob, der für ein ausgeglichenes konto und somit für den luxus sorgt, dass ich das djing nach wie vor als hobby begreife (was sich auch nicht ändern wird). musikalischer mehrwert ist also für mich wichtiger als nur nach dem aktuell angesagten gusto und obendrein immer nur das gleiche zu spielen, auch wenn das wie im about blank im mai auch mal schön danebengehen kann. durch den schwerpunkt auf dem hobby-aspekt geht mir auch jeglicher drang ab, mich vermarkten zu wollen. das bedeutet: keine facebook-postings am laufenden band, somit kein hundertfaches „mir gefällt dieses und jenes“ und nicht alle zwei, drei wochen ein neues set, das nach aufmerksamkeit geifert. bei killekill hatte ich auch lange zeit den eindruck, als würde der fokus auf dem inhalt liegen und war entsprechend glücklich darüber, hin und wieder mit einem schönen maß an narrenfreiheit machen zu können, was mir so liegt. und trotz einiger experimente und einzelnem unverständnis beim publikum hat das im suicide bislang erstaunlich gut geklappt.
da sich mein konterfei trotz allem immer noch auf der killekill-seite bei den artists befindet, gab es für mich also klärungsbedarf. zu einem wirklichen ergebnis ist es zwar auch dadurch nicht gekommen, wohl aber gibt es über so manches mehr klarheit, was eben zu dieser analyse führt.
wer die freitage und samstage im suicide gegenüberstellt, kommt schnell dahinter, dass der techno- und dabei wohl besonders der killekill-freitag aus dem standard-techhouse-korsett ausbricht. leider bringen die samstage durch die gut etablierten namen und ebenso etabliertem (aber leider stereotypem) stil einiges mehr an profit, da genau dies beim laufpublikum an der warschauer brücke oder denen, die im reiseführer davon gehört haben, auf viel gegenliebe stößt. die leute bleiben länger, trinken mehr, der chef ist zufrieden.
dagegen der killekill-freitag, der sich durch ein gewisses mut zum risiko auszeichnete, sich aber nun vorwürfe beim vergleich zu den samstagen gefallen lassen muss, wenn die leute aufgrund vermeintlich zu anstrengender musik ab 6 uhr früh den heimweg antreten. von betreiberseite her werden nur die reinen besucherzahlen und der barumsatz gewertet – das musikalische ist dabei absolut nebensächlich. es wird also schwieriger, ambitionierte leute mit kleinerem namen für das line-up zu verkaufen. dies erfordert mittlerweile ein gutes maß an überzeugungsarbeit und führt als konsequenz dazu, dass diejenigen gefragt werden, die eh bereits gut vernetzt sind und deren gästeliste wenigstens 30 leute mehr verspricht (alienata ist da ein beispiel, sebastian kökow das andere). leute wie axiom, frank bean oder eben ich haben hierbei das nachsehen, da wir aus sicht von dj flush eben ein risiko darstellen. wenn’s gut läuft, kräht niemand danach, aber wenn nicht, wird es auf ihn zurückgeführt. der mut zu experimenten schwindet also zugunsten der kompromisskandidaten.

besonders glücklich macht flush diese situation nicht, das glaube ich sogar. ich verstehe auch, dass andere, besser vernetzte vollzeit-szene-aktivisten eher gefragt werden – alles kein problem. was ich an killekill jedoch zu schätzen gelernt habe, war die experimentierfreude, die sich an diversen mittwochabenden in der berghain-kantine zwar selten richtig auszahlte, aber der reihe einen guten rückhalt sichern konnte. das label schlägt auch gerne in die gleiche kerbe, aber mit der eben geschilderten diskrepanz im verhältnis zwischen der suicide-chefetage ohne jegliches verständnis für musikalische abenteuer und dj flush, der ein breites interesse mitbringt und den freitag im suicide betreut, wird der club-aspekt der reihe zwangsweise in eine richtung geführt, die ich nicht sonderlich gut finde. auf sicherheit bedachte bookings und somit austauschbare sets gibt es in dieser stadt zuhauf, da stünde es einem recht prominent platzierten laden wie dem suicide ganz gut zu gesicht, inmitten des auf massenamüsement ausgelegten raw-geländes einen akzent zu setzen. andererseits scheinen die finanzen da mittlerweile in dem maß zu regieren, dass man inhaltliche ansprüche gerne weiter hinten anstellt (das mikz ist das andere traurige beispiel). klar ist es toll, bezüglich des areals die nachricht zu hören, dass die bezirksverordnetenversammlung von fhain-xberg für dessen bestandsschutz gestimmt hat, aber am ende wäre auch der bau von townhouses auf das gleiche hinausgelaufen: ein besitzer sichert sich das filetstück und vermietet möglichst teuer. dies ist bereits aktuell der fall, was die clubs auf dem gelände in die zwangslage versetzt, möglichst profitabel zu wirtschaften – mit bekannten konsequenzen.
natürlich wünsche ich killekill alles gute zum sechsten. aber da in der situation keiner so wirklich glücklich werden kann, wäre es nur konsequent, sich andere, meinetwegen kleinere orte zu suchen, wo der inhalt am ende mehr zählt als prall gefüllte kassen. aber gut, vielleicht bin ich auch etwas zu naiv-optimistisch, wenn ich annehme, dass die stammkundschaft einen ortswechsel ohne weiteres mitmacht. dennoch fände ich es besser, wenn bis zum siebenten geburtstag etwas passiert. meine lust darauf, wieder etwas regelmäßiger in den suicide zu gehen, ist mir jedenfalls vergangen, das wird mich aber dennoch nicht davon abhalten, am 11. juli dort das comeback zu feiern (wenn man mich nach diesen zeilen noch lässt).

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