[berlin / 28.06.2025] kaos: endless groove sessions with theo parrish

ich lasse einfach mal den ablauf für sich sprechen:

12:00 gemeinsames mittagessen (kostet extra)
14:00 theo parrish
22:00 ende

nachbetrachtung

hin: 14:30 uhr
weg: 22:20 uhr

das war großartig!

so gerne ich mich sonst auf die kritikpunkte stürze, um dann zum angenehmen teil zu kommen, würde das dem nachmittag / abend nicht gerecht. natürlich bin ich mit hohen erwartungen hin bzw. habe versucht, die soweit zu dämpfen, im schlechtesten fall nur einen kurzausflug nach oberschöneweide gemacht zu haben. am ende stand jedoch ein (erwartbar) stilistisch wild durchgewürfeltes und dennoch quasi durchgängig tanzbares set. manchmal lagen harmonien oder rhythmen über kreuz, es überwogen jedoch die momente, in denen ich über sein timing gestaunt habe – bspw. wenn er eine disco-nummer mit funk mischte. beides fernab jeglicher quantisierung und dann noch mit vinyl (seltener mit cdjs – die nutzt er nur für seine edits, ohne dass die tracks mit rekordbox analysiert wären) auf den punkt zu bringen: das waren die augenblicke, in denen er technisch für mich brillierte. mit seiner eklektischen auswahl sowie dramaturgie fuhr er ständig auf risiko, aber deswegen bucht mensch ihn ja auch bzw. pilgert hin.

das traf erstens mit dem kaos auf einen ort, an dem das diy-ethos gelebt wird. direkt am wasser auf gleicher höhe mit dem rso auf der anderen spreeseite gelegen, konnte mensch entweder auf holzstegen am ufer sitzen und den dampfern zuwinken, oder auf dem streifen zwischen pult und gebäude tanzen. gleiches auf der großen veranda mit der improvisierten bar. drinnen gab’s in der großen halle anfangs noch pizza und im zur vorderseite gelegenen raum eine weitere bar.
das hatte schon etwas von einer block-party, womit das kaos im besten sinne für sich werbung gemacht hat. jedoch handelt es sich bei der adresse um einen der zu vielen orte in berlin, dessen tage gezählt sind. der aktuelle standort muss zum nächsten jahr aufgegeben werden, eine genossenschaft möchte allerdings das grundstück direkt nebenan erwerben und in ihrem sinne entwickeln. mehr dazu gibt es hier.

das menschliche war die zweite tragende säule. ich habe selten eine so engagierte crew von musikkenner*innen erlebt, die sich selbst unter die tanzenden mischten und das wohl ihrer gäste im blick hatten. sie waren gleichermaßen geerdet wie das publikum. gefühlt die hälfte davon musik-nerds, die theo entweder hinterreisen oder sich durch seine nts-sets schon mal vorab gebildet hatten und somit auch die meisten disco-stücke mitsingen konnten. die andere hälfte wenigstens neugierig darauf, wohin die reise geht. damit hat sich die endless groove als reihe wärmstens empfohlen, auch wenn sie sich eher auf stockholm konzentrieren.

normalerweise bin ich alles andere als spirituell unterwegs, aber an dem tag / abend standen die sterne in oberschöneweide ganz schön günstig. leute mit sozialer ader und musikalischer expertise mieten sich an einem einfach nur charmanten ort ein, engagieren mit herrn parrish einen musikbotschafter, der das alles mit einem bein in der manie orchestriert und sogar nach dem bis 22:15 uhr hinausgezögerten ende noch eine zugabe gegeben hätte. mit gehöriger portion pathos obendrauf: wahrscheinlich eine gelegenheit, die sich nur selten im leben bietet. bin jedenfalls ziemlich glücklich darüber, dass ich dabei sein durfte. ist ohne frage in meiner jahresbestenliste 2025 eingraviert und der stoff, von dem ich auch in zehn jahren noch mit leuchtenden augen erzählen werde. wäre sofort wieder dabei.

das haar in der suppe: die anlage war theo nicht immer gewachsen. oder er bei der ihm eigenen exzessiven nutzung der rotary-fader zu überschwänglich. habe jedenfalls gelernt, dass mensch auch einen isonoe iso420 übersteuern kann. dem diy-faktor des kaos entsprechend traf der mixer-ausgang jedoch auch auf eine anlage aus restbeständen. hätte die endless groove-crew noch in die miete einer lambda labs investiert, wäre entweder der eintrittspreis in die höhe geschnellt oder die zu verspendenden einnahmen geschrumpft. die meiste zeit über klang’s mit gehörschutz passabel. eine clubumgebung mit tontechniker*innen, die hauseigene anlagen wie ihre hosentasche kennen und sich bei vorherigen soundchecks auf so ein kaliber einstellen können bzw. bei bedarf nachjustieren, dürfte das erlebnis noch weiter abrunden. es war aber so oder so eines.

notierte tracks

vorwort

die liste erforderte neben shazam etwas an recherche. dessen ergebnisse verifiziere ich ohnehin immer, aber bei diesem anlass waren sie erstaunlich zuverlässig. kapituliert hat es auch häufig, aber das ist bei der großen anzahl an edits oder obskuritäten aus herrn parrishs fundus nur zu verständlich.
eben diese lücke habe ich versucht, mit anderen sets zu füllen – speziell diesem: ende juni / anfang juli 2025 gab es auf youtube ein set vom 5. november 2023 aus dem club 77 in sydney, das theo fast viereinhalb stunden lang frontal beim auflegen zeigt. das hatte ein paar überschneidungen zu oberschöneweide und die schwarmintelligenz in den kommentaren bei der rekonstruktion der tracklist bereits tolle arbeit geleistet. leider gibt es den dazugehörigen kanal, somit auch das video und damit dessen kommentare nicht mehr. dafür einen erneuten upload, leider ohne bewegtbild. stand 24. juli 2025 ist der aktuelle link jedenfalls der hier. es gibt auf trackid.net glücklicherweise noch ein transkript der liste. so ist die vorherige arbeit nicht völlig umsonst und kann ggf. ergänzt werden. jedenfalls war sie die hauptgrundlage, die ich mit meiner erinnerung abgleichen konnte.

die notizen sind daher zweigeteilt. einmal der shazam-verlauf mit zeitstempeln, so dass sich die dramaturgie hoffentlich einigermaßen nachvollziehen lässt. der zweite besteht aus den puzzlestücken, die zum größten teil aus anderen tracklists stammen und in meine erinnerung passten. eine chronologische reihenfolge bekomme ich da jedoch absolut nicht mehr hin.

aus shazam

format: uhrzeit: artist – track
14:52: manuel göttsching – e2-e4 (ruhige nervosität)
14:57: theo parrish – all your boys are biters
15:11: rodney franklin – the groove
15:29: bobby lyle – the genie
15:36: third love – now that we’ve found love (disco mix, evtl. auch der theo parrish edit)
16:08: tom waits – step right up
16:27: the police – when the world is running down, you make the best of what’s still around
16:33: bob marley & the wailers – natural mystic
16:36: theo parrish – orange barrel action (yellow flashing light mix)
16:59: gary’s gang – let’s lovedance tonight
17:55: ge-ology – moon circuitry (feat. mark de clive-lowe)
18:01: jamie 3:26 & cratebug – hit it ’n‘ quit it
18:13: earth, wind & fire – energy
18:21: crown heights affair – far out
18:26: outkast – spottieottiedopaliscious
18:30: kay suzuki – something to say (feat. fatima)
18:34: h-fusion – fossils
19:03: black cock – juicy sushi
19:16: revelation – get ready for this
19:33: labelle – pressure cookin‘
19:38: ananda project & gaelle adisson – cascades of colour
19:46: eric martin – emergency (steve poindexter edit) (der einzige track, der zweimal lief – sogar innerhalb einer stunde)
19:51: bohannon – spread the groove around
21:16: hieroglyphic being – dark acidic organs from the void
21:44: fingers inc. – distant planet

aus dem gedächtnis

made in usa – never gonna let you go (theo parrish ugly edit)
devin dare – alright
two tons o‘ fun – make someone feel happy
diana ross – love hangover
black rascals – for the next time
phuture – slam dance
blaze – sapporo (gemixt mit phuture davor, und somit eine kombination, die bereits anno 2021 in seinem eargoggles-set für nts und auch im sydney-video auftauchte)
donny hathaway – the ghetto (live) (von seinem „best of“-album – fundstück aus dem „what’s in my bag“-video zusammen mit marcellus pittman und zernell)
coldcut & lisa stansfield – people hold on (wobei das durchaus auch der „new jersey jazz mix“ gewesen sein kann)

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