donnerstag, 26. juni 2008, 14:15 uhr: sind seit zwei stunden hier, kamen sowas von unkompliziert auf das gelände, straffstens organisiert, dabei nicht unhöflich, sondern bestimmt freundlich und wir konnten ohne probleme auf unseren gewünschten platz fahren. das gelände ist sehr weitläufig, nach meinem ersten eindruck finde ich mich erstmal gar nicht zurecht, aber das wird sich innerhalb der nächsten tage noch ergeben. zelte sind schon aufgebaut, habe davon unverhoffterweise eines abbekommen, insofern muss ich nicht mit der ladefläche eines kombis vorlieb nehmen (danke an katrin und michel nochmal an dieser stelle). heute abend erstmal kino, ab 20:45 uhr, danach party, aber jetzt erstmal schlafen. die letzte nacht war mit zwei stunden definitiv zu kurz.
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donnerstag, 26. juni 2008, 23:05 uhr: erster rundgang über’s gelände, es ist ein buntes treiben hier. erwähnenswert ist die band, die auf unserem zeltplatz schon gut zu hören war. sie spielten auf dem roten platz:
mono & nikitaman + royal flash. habe leider nur das letzte und vorletzte lied aus nächster nähe mitbekommen, da ging schon eine massive party. hätte nie gedacht, dass reggae so rocken kann. „
control“ ist ein hervorragender film, wenn auch zum schluss hin deprimierend. muss einen auch nicht weiter wundern, wenn man die biographie von ian curtis bereits im voraus kennt. aber corbijn-typisch schön in szene gesetzt. jetzt heißt es abwarten bis 24 uhr, steve bug macht das warm-up.
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freitag, 27. juni 2008, 14:33 uhr: es regnet, es stürmt, zwischenzeitlich kommt auch mal die sonne raus, eigentlich könnte april sein. turmbühneneröffnung war jedenfalls schön, steve bug recht seicht unterwegs mit ein paar hits als eingestreute höhepunkte. danach habe ich mich zwischen querfeld- und bachstelzen-floor herumgetrieben, auch dort angenehm, was leute und musik angeht. aber gegen 5 uhr früh war der akku einfach leer, so dass wir in richtung schlafstätte aufgebrochen sind. vier stunden schlaf reichen erstmal aus, um die nötigsten reserven aufzufüllen. in zwei stunden geht es weiter mit der nächsten runde: faust.
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samstag, 28. juni 2008, 6:09 uhr: wird nach zwölf stunden auf den beinen langsam wieder zeit, eine pause einzulegen. erleuchtungen des tages:
faust und
scuba. faust alleine deswegen, weil die herren mit jenseits der 60 immer noch sehr agil auf der bühne zu werke gehen, mit kettensäge, bohrmaschine, betonmischer. man muss natürlich mit dem krautrock-sound etwas anfangen können. danach remute als dj: auch eine überraschung, weil gar nicht minimal, sondern schön housig, sparte nicht an hits („the bomb“ von den bucketheads, „windowlicker“ von afx, „nummern“ von kraftwerk). jake the rapper danach grausam, sehen einige bestimmt anders, mein ding war das minimal-gedudel mit gesangseinlagen jedenfalls nicht. kurz beim freakcamp im querfeld vorbeigeschaut, von senser ab 20:30 uhr auf der hangarbühne habe ich mir nur den anfang angeschaut. wusste gar nicht, dass sie zwei sänger (dame und herr) haben. war schon ziemlich gut, gerade was die gesamtleistung der band angeht, muss allerdings feststellen, dass ich dem crossover-genre doch etwas entwachsen bin. ab 22 uhr pause im zeltlager zum essen und ausruhen, um 23 uhr wieder auf’s gelände, damit noch pünktlich zu storm auf der seebühne. die hatte während ihres gesamten sets ein dauergrinsen im gesicht, auch wenn es nicht die drum&bass-erleuchtung war (die ich ehrlich gesagt auch nicht mehr erwarte), aber ihr spaß hat sich gut auf die leute – inkl. mir – übertragen. rüber zur turmbühne zu remute als live-act, minimaler als in der woche zuvor im batterieraum, wo er mir auch besser gefiel. nichtsdestotrotz: die leute haben es geliebt. anschließend die letzten anderthalb stunden bei storm genossen. von interlope als live-act hatte ich mehr erwartet, gerade die härteren töne, kam mir vom beat und den sounds her etwas statisch vor. gut tanzbar: ja, aber beileibe keine offenbarung. die kam danach mit scuba, der die gesamte dubstep-breite von verträumten vocal-tracks über härtere sachen bot und dabei auch den einen oder anderen techno-track einstreute. hut ab! macht laune auf den 11. juli.
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samstag, 28. juni 2008, erste runde: nach der überfälligen dusche, wofür man eine stunde anstehen musste, ca. 16 uhr zurück auf das gelände, um wenigstens noch den rest von
robosonic mitzubekommen. falls es bei ihnen nochmal mit dem booking klappen sollte, nehme ich mir vor, das gesamte set mitzunehmen. echt gut, die jungs. melodisch-minimal, passte schön zum wetter und zum floor. an der turmbühne bei the fix vorbeigeschaut, dort war gute stimmung bei guter musik geboten. anschließend wieder zum essen und ausruhen ins camp.
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samstag, 28. juni 2008, zweite runde: gegen 24 uhr ging es in richtung luftschloss, wo
slagmalsklubben ab 0:30 uhr spielten. das war einer der spaßigsten, exzessivsten und lustigsten live-acts, die ich jemals mitbekommen habe. gleich beim opener mit stagediving, und bei der letzten hardcore-nummer folgten auch die bandmitglieder, während unten der mob am pogen war. unbedingt empfehlenswert! danach etwas herumstreunen auf dem gelände, um festzustellen, dass es in der tubebox bei kabuki und im schuhkarton bei till von sein zu voll und zu heiß ist. die wartezeit bis shackleton ließ sich im datscha hangar bei onetake gut überbrücken, ehe der skull-disco-macher anfing. der ließ es in den ersten 10 minuten auch geruhsam angehen, könnte sein set auch etwas umordnen, so dass die fordernden tracks allesamt gegen ende kommen, aber es war schon mal schön zu hören, dass er auch ohne congas richtig gute tracks mit sattem bass und 4/4-takt hinbekommt. bin dann auf recht direktem wege rüber zum casino, wovon mir bereits berichtet worden war. der hangar war schick mit einem rondell dekoriert, dessen weiße plane als projektionsfläche diente. im hintergrund lief minimaler techno und ambient, wozu jemand fetzen aus hörspielen sampelte. liegefläche auf den matten am boden war nicht so bequem, auf den matratzen auf der empore umso mehr, aber schlaf wollte sich auch dort nicht so recht einstellen, zumal nach dem dj-wechsel eine krude mischung aus klassik, chansons und folk durch die boxen schallte und das sonnenlicht von draußen immer verlockender erschien. rüber zur seebühne, wo ich dachte, dass marc schneider direkt nach ed 2000 ab 10 uhr dran wäre, was sich aber als irrtum rausstellte. daher um 7:30 uhr der schon vorher fällige gang in richtung zelt für wenigstens ein paar stunden ruhe.
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sonntag, 29. juni 2008, erste runde: zur mittagszeit zurück auf der seebühne, wo die hälfte des sets von marc schneider leider schon rum war, aber die andere reicht dennoch, um auch den rest zu einem der höhepunkte auf der seebühne zu erklären. klasse mischung aus techno und house alter schule, gewürzt mit neueren sachen, die nicht in jedermanns charts zu finden sind. warum chloé als live-act danach in melancholie um gefühlte 110 bpm abdriftete, hat sich mir nicht erschlossen. gallopierende zuversicht auf der turmbühne waren als untermalung bei der verköstigung der bratkartoffeln von einem der stände ok. danach ging’s wieder in richtung zelt.
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sonntag, 29. juni 2008, zweite runde: da slam für 17 uhr auf dem plan standen und ich sie noch nie erlebt hatte, war der slot eh vorgemerkt. die sind mit den jahren auch ruhiger geworden und passten sich dem latent präsenten melodisch geprägten minimal-sound an. höhepunkt hierbei ganz sicher „positive education“. danach verblieben wir direkt auf dem gelände, weil
melt banana für 19 uhr in der datscha spielen sollten. verspätete sich aber, weil auf der hangarbühne noch panteon rococo spielten. das vergnügen bei den japanischen damen und herren war dann kurz, aber heftig und die uhr bewegte sich zusehends auf 21 uhr zu. allgemeine vollversammlung an der turmbühne, wo dinky bei einem schönen sonnenuntergang das letzte set bis 22 uhr bestritt. auch ein schöner ausklang. als die letzte bassdrum verklungen war, ging es noch kurz rüber in richtung karaoke, was praktischerweise auf dem weg richtung campingplatz lag. dort noch ein paar vitamine verschlungen und die erste nacht ohne durchgängige bassdrum im hintergrund verbracht.
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montag, 30. juni 2008: gegen 11:30 uhr waren die zelte abgebaut und die mülltüten an der sammelstelle abgegeben. in der datscha bekamen wir noch die letzten platten des krause duos mit. zwar waren zu dem zeitpunkt schon einige abgereist, aber auf dem gelände huschten noch so einige umher. an der dub-station war auch noch reger betrieb, nichtsdestoweniger rief die heimische badewanne.
ein bis zwei worte zur organisation:
dort gibt es nichts zu bemängeln. kaum ist man auf dem gelände, nehmen die dinge automatisch ihren lauf. unkomplizierte kofferraumkontrolle, wird getrennt vom eigentlichen einlass abgehandelt. der befindet sich 200 meter davon entfernt, dort kriegt man den lageplan, müllbeutel und bändchen und kann sich seinen campingplatz dann aussuchen, wenn man pünktlich genug da ist.
die ausschilderung ist ok, die idee mit den straßennamen zur orientierung gold wert. ist auch irgendwann hinfällig, wenn die zelte dicht an dicht stehen.
die oase verdient auch ein lob: wasserspender, waschbecken, bezahl- und dixi-klos, sowie duschen, ess-stände und workshops – alles klasse. aber um dem andrang zu stoßzeiten gerecht zu werden, wären zwei davon im nächsten jahr wahrscheinlich nicht verkehrt.
hygienische situation: vorbildlich! was für dixi-klos natürlich nicht gilt, traf auf die restlichen einrichtungen allemal zu. hier war man jederzeit der lage gewachsen, nur muss man sich wirklich zeitstrategien ausdenken, wann man sich am besten anstellen sollte.
wär aber super, wenn du was zur orga und infrastruktur und so schreibst. interessiert mich als stammgast des zweitgrößten rockfestivals im land und zurückbekehrten technofan dann doch…
danke fürs ausführliche review! 🙂
liest sich, als wäre es ein anstrengendes aber wirklich lohnenswertes wochenende gewesen. und offensichtlich verstehen die macher ihr geschäft. schade nur, dass du mir jetzt die illusion vom dominierenden linksalternativen kommunenpublikum geraubt hast.
da waren meine erwartungen sicherlich auch andere, wobei es auch plausibel ist: ich glaube nicht, dass ein großteil der „zielgruppe“ den alltag in kommunen verbringt und das publikum daher recht bunt durchmischt ist. da kann von der kleinfamilie bis zum althippie oder szenegänger alles dabei sein. wichtig war für mich nur, dass sie das kommunenhafte konzept verstehen, was heutzutage echt selten geworden ist – bei festivals dieser größenordnung erst recht. und da gibt es aus meiner sicht nichts zu meckern. das ist an kleinigkeiten festzumachen, so bspw. an dem wildfremden, der mir donnerstag abend einfach so ein schönes festival wünschte.
am besten betrachtet man das alles von der seite, dass das organisations-komitee für eine woche seine welt für den ottonormalbürger öffnet, der einen eindruck davon bekommt, wie es alternativ aussehen könnte und zusammen mit gleichgesinnten oder tatsächlich alternativ lebenden seinen teil dazu beiträgt, das festival zum temporären alternativkosmos zu machen. und man braucht sich keine sorgen darum zu machen, dass die profitgier das irgendwann beseitigt.