r.i.p. michael everett

zugegeben: bis heute kannte ich seinen vollen namen nicht. für viele war er einfach nur „mike“. jede*r, der*die in den ersten jahren die pforte des berghains passiert hat, wird ihm begegnet sein. ein stämmiger afroamerikanischer typ mit glatze, meistens mit basecap. teil der türbesetzung – nicht bei der selektion, vielmehr im hintergrund oder auf dem hocker zur kontrolle des stempels, später der bändchen. machte auch regelmäßig seine runden durch den club, um zu schauen, ob nichts passiert, was das wohl der gäste gefährdet.
so ist mir eine szene in erinnerung (das jahr ist mir entfallen – den raucherbereich gab es jedenfalls schon, weil sie sich dort zugetragen hat), wo er außer sich war. eine junge dame ohne englisch als muttersprache hatte sich in der wortwahl vertan und müsste statt „grabbed my bag“ etwas wie „grape“ oder „rape“ gesagt haben. ich stand zu weit weg, um das genau gehört zu haben. was mich aufhorchen ließ, war er: derjenige, der „rape“ verstanden hatte und sofort die musik abstellen lassen wollte, um den typen ausfindig zu machen. das missverständnis ließ sich schnell aufklären, zeigt aber erstens, dass er die idee des integrativen sicheren ortes verinnerlicht hatte und damit zweitens, dass die zuweilen berühmt-berüchtigte berghain-tür auch nur aus menschen besteht und er jede*n als solchen sieht. er hat jedenfalls eine große portion wärme hineingebracht, stets ein „how you doin‘?“ auf den lippen gehabt und jeder*m das gefühl gegeben, im club willkommen zu sein.
bei den nachrichten auf reddit und telegram über diejenigen, die sich dieser tage an der schlange vordrängeln, dachte ich zu allererst an ihn. er wäre die idealbesetzung gewesen, diese im blick zu behalten und deutliche ansagen an diejenigen zu machen, die sich zuviel rausnehmen. stattdessen honorierte er respekt bzw. demut vor dem club. von ihm wurde ich im november 2012 aus der schlange geholt und bekam die ansage „you don’t have to queue here anymore“. und ich bin mir sicher, dass es einigen stammgästen davor und danach genauso erging.

der krebs hat ihn nun auf dem gewissen und reißt eine riesige lücke. jeder club bräuchte einen türsteher seines formats.

r.i.p.

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