[berlin / 13.08.2025] astra kulturhaus: autechre

sie sind das erste mal seit 2016 in berlin, wäre aber auch mit zeitlich kürzerem abstand keine frage gewesen, ob ich hingehe.
auch hier nochmal in aller deutlichkeit: ihr set findet in absoluter dunkelheit statt. bitte also vor beginn einen platz suchen und idealerweise behalten. taschenlampen auf dem telefon höchstens beim fall, dass es doch zuviel wird und in keinem fall für bilder verwenden.

ablauf

19:00 einlass
19:45 aclds (chris douglas)
20:30 russell haswell
21:30 autechre

[berlin / 09.08.2025] about blank: staub

nach der reef ist vor der staub, oder so ähnlich.

ablauf

garten

12:00 irakli
15:00 pineal navigation
17:00 no life signal
19:30 anja zaube

mdf

15:00 xiorro
17:00 lega
20:00 boyd schidt

nachbetrachtung

rein: 15:30 uhr
raus: 22:30 uhr

auf dem mdf war ich insgesamt vielleicht fünf minuten und wenn, lief dort funktionaler techno um die 140er-marke. für diejenigen perfekt, die nicht so viel tageslicht abbekommen und ungestört tanzen wollten. mir war insbesondere nach dem aprilhaften juli sehr danach, so viel vom sich anbahnenden spätsommer mitbekommen zu wollen wie möglich. daher trieb ich mich vielmehr draußen herum, allerdings mit ungefähr vier stunden schlaf nach der reef und dem daher nötigen koffeinspiegel im blut. die persönliche dramaturgie blieb gleich: erstmal blank/staub-typisch gefühlt zwei stunden lang ankommen (sprich: plaudern) und dann tanzen, dieses mal eher gediegen.

der soundtrack dazu war bei allen drei (bzw. vier – hinter no life signal verbergen sich reka zalan und thnts als dj-team) protagonist*innen passend. no life signal gehen tatsächlich als meine favorit*innen durch’s ziel – trockener, hin und wieder dubbiger techno und normalerweise das, wo ich nach einer halben stunde gerne mehr abwechslung hätte. aber erstens war das bei den beiden wie aus einem guss, zweitens subtil aufgebaut, so dass die spannung sich im mix auf- und abgebaut hat. war (drittens) wahrscheinlich meinem vom vorprogramm geprägten zustand geschuldet. ich konnte jedenfalls bei der gelegenheit nachvollziehen, weshalb es das publikum nach 16+ stunden im berghain auch einfach nur mal schnörkellos braucht.
anja zaube überraschte mit diversität und gerade gegen ende mit tracks, die mensch von ihr nicht vermutet hätte. zwar war ihr anfang auch (gerade nach dem track von emmanuel top) von düsteren industrial-sounds geprägt und das tempo zu der zeit auch höher als bei ihr üblich. „trommelmaschine“ kann mensch als hit immer bringen, mit einer alten autotune auf fumakilla war sie richtiggehend techhousig und ihre trance-wurzeln sind bekannt. liest sich chaotisch? war es nicht. höchstens mal technisch hörbar nachkorrigierend, aber als set schlüssig, ohne zum schluss auf das crescendo zu setzen.

notierte tracks

pineal navigation

o/v/r – post-traumatic son

no life signal

off / grid – play no games
rill – rakija
cirkle – unfolding memories

anja zaube

emmanuel top – tone
der dritte raum – trommelmaschine
autotune – keep it wrong

[berlin / 08.08.2025] berghain: reef

endlich!

wer an diesem datum nicht kann: am 14. november ist die nächste, und zwischendrin am 28. september eine weitere ausgabe der abyss.

reef

berghain

00:00 darwin
02:00 lechuga zafiro
03:30 mjk
05:00 j:kenzo

panorama bar

22:00 esposito
01:00 carré
03:00 upsammy
05:00 rhr
07:00 main phase

nachbetrachtung

rein: 22:30 uhr
raus: 8:30 uhr

und natürlich war’s die beste reef seit der letzten. mit zwei kleinen wermutstropfen:

erstens war unten früher schluss als angedacht. j:kenzo sollte drei stunden spielen, es wurden „nur“ zweieinhalb. das lag nicht an der qualität seines sets oder der mangelnden resonanz des publikums – beides ließ für mich keine wünsche offen. mir wurde beim gang nach oben klar, dass sich die panorama bar nach dem sehr energetischen rhr-set schnell geleert hatte und die party oben zu einem schönen abschluss geführt werden sollte.
an zu wenig potential in puncto „publikumsansturm“ kann es nicht gelegen haben. wenn ich zwischen mitternacht und 3 uhr aus den fenstern der panorama bar schaute, reichte die schlange wenigstens bis zum häuschen neben dem kiosk. drinnen war der füllgrad bei upsammy mit manch gut besuchtem sonntag vergleichbar, aber sonst auf beiden floors stets so entspannt wie bei der reef üblich. nähme ich die schlange als referenz, hätte quantitativ noch wenigstens die hälfte der bereits anwesenden in den laden gepasst. die tür war jedoch sehr strikt. so reichte „naja, für’s berghain“ als antwort auf die frage „warum seid ihr heute hier?“ nicht aus. augenscheinlich wurde also nach den leuten ausgesucht, die das line-up vorher wenigstens mal angeschaut hatten. führte im umkehrschluss zu einer publikumsmischung, die der reef gerecht worden ist.

zweitens das mjk-set. aber da bin ich durchaus zu puristisch oder gar besorgt, weil ich noch die musikalische annäherung der sub:stance an die klubnacht in erinnerung habe. für reef-standards fand ich ihn zu geradlinig, im rahmen einer klubnacht hätte ich ihn sehr für seine ausbrüche aus dem 4/4-kick-dogma gelobt. hat sich damit zwar gut in das rahmenprogramm unten eingefügt, mir hat’s die entscheidung für upsammy (die im peaktime-slot auf ihre art ablieferte, also weniger electronica, stattdessen durchaus ravig) erleichtert.

sonst ist gesetzt, dass darwin und esposito als residents zu egal welchem slot (also meistens zum anfang oder den schluss) eine tolle besetzung sind. esposito zu beginn mit techno, der stark von ambient beeinflusst war, gefolgt von waschechtem hip hop sowie dubstep. alles flankiert von einem publikum, das nicht etwa ungeduldig auf der tanzfläche wartet, dass etwas tanzbares passiert, sondern sich wenigstens geduldig anhört, was als nächstes kommen mag.
seitenschritt zu den veränderungen in der panorama bar: die anlage hat seit gut zwei monaten einen vergleichbaren aufbau wie unten. drei (oder gar vier?) subwoofer hängen jetzt an der decke, dafür steht am hinteren ende bei den kabinen jetzt nur noch einer – den hohlraum füllen jetzt lichter aus. gefühlt geht an meinem stammplatz etwas bassdruck verloren, allerdings finde ich den klang insgesamt jetzt ausgewogener. vorher war der dort von ganz schön viel vibration geprägt, nun kommen die nuancen mehr zur geltung.
darwin in den ersten 20-30 minuten mit ambient bzw. dubstep, legte sich dann jedoch auf reduzierteren drum & bass bzw. halftime fest. schon eine dicke ansage zu beginn, aber: funktionierte. nahm noch dazu lechuga zafiro nicht die butter vom brot, der tempotechnisch eher um die 140 als klassischem dubstep-tempo unterwegs, aber schwer zu klassifizieren war. für mich ein interessanter hybrid aus breakbeats / electro, techno sowie eben dubstep. zählt wie verraco zu den vertretern der jungen generation aus südamerika, die gerade auf den plan treten und schemata auf links bürsten.
gleiches gilt für rhr, der nach upsammy zwar tempo herausnahm, aber die leute mit subbass und dichteren rhythmen sehr gut bei laune halten konnte. zu carré kann ich leider nicht viel sagen – war zweimal kurz oben, einmal techhousig, zum anderen breakbeatig unterwegs. hab darwin sowie lechuga den vorzug gegeben.
j:kenzo hätte schon super auf eine sub:stance gepasst, aber besser spät als nie. fing mit klassischem dub bzw. roots an, womit die brücke zu dubstep schon geschlagen ist. das war auch gut 100 minuten das hauptthema, wobei auch mit clouds veritabler techno lief. dann (beinahe schon reef-typisch) der wechsel auf drum & bass zur letzten dreiviertelstunde. passte alles sehr gut ineinander, daher hätte ich ihm schon gewünscht, dass er die drei stunden vollmachen kann. war hoffentlich nicht sein letztes gastspiel.

wie sich bei den letzten ausgaben schon abgezeichnet hat, ist der zeitraum zwischen 6 und 8 uhr heikel. die taktik der reef scheint zu sein, jemensch mit headliner-qualitäten auf den schluss zu setzen (calibre, mala, j:kenzo), um das publikum bei der stange zu halten bzw. zu motivieren, länger zu bleiben. das funktioniert dann nur mit einem floor – und da gewinnt das berghain die letzten male regelmäßig, alleine weil die anlage den massiven bass besser transportiert. selbst wenn jemand wie calibre oben auf dem line-up steht, kann darwin unten schalten und walten, wie sie möchte.
ich kann verstehen, dass es dramaturgisch gewollt ist, die reef in der panorama bar zu beginnen und auch enden zu lassen. die realität sieht für mich (und das ist überaus positiv) so aus, dass das publikum nicht dazu tendiert, die party künstlich zu verlängern, sondern beim eventuell anstehenden restpensum des wochenendes (oder mit der vorhergehenden woche in den knochen) lieber früher geht. klar liegt da der impuls nahe, einfach mehr leute in den club zu lassen, wenn schon so viele in der schlange stehen. aber das würde wiederum die qualität des publikums verwässern und im schlimmsten fall zu musikalischen kompromissen führen.
wie die reef dem begegnen könnte: entweder das berghain bis 7 uhr bespielen (mit der option bis 8 uhr) oder unten mit ambient ausklingen lassen, so dass die leute mit bewegungsdrang automatisch nach oben gehen. oder den spieß umdrehen und ab 6 uhr oben den morgen mit ruhigeren stilen ausklingen lassen und im gegenzug das berghain bis 10 uhr offen lassen.

mag sich überdramatisch lesen, ist es aber gar nicht. müßig, darüber zu spekulieren, wie viele der abgewiesenen leute tatsächlich wegen der reef dort waren bzw. super reingepasst hätten. drinnen hatte ich in jedem fall den eindruck, dass höchstens wenige zaungäste und vielmehr die stilistisch offene fraktion vor ort war. und das war im vergleich zur klubnacht ein weiteres mal auf ganzer linie erfrischend und hat den status der reef als stammtermin in meinem kalender einmal mehr zementiert.

notierte tracks

die speisen sich fast völlig aus shazam, zum teil aber auch aus diesem reddit-thread, wo ich mir bei upsammy und j:kenzo die rosinen herausgepickt habe.

esposito

barker – paradise engineering
zenker brothers – let loose
ivy lab – vanity fair
roots manuva – next type of motion
dbridge, kabuki, cooly g & kid drama – my love
alix perez – melodrama
kercha – a strange story
crowley & schim – wervel
mystic state – city limits (feat. jack spencer)
11th hour – headrush
mystic state – understand
instra:mental – when i dip
darkai & ears – gems (distance souljah remix)

darwin

carrier – the fan dance (feat. gavsborg)
itti – side street
skeptical & dbridge – poor & poverty
chimpo, dub phisix & skeptical – buzzin
alix perez – elephant dreams
the untouchables – grassroots
j:kenzo – skatta (v.i.p.)
alix perez – understand

upsammy

aerae – nefanda
r-010 – metal foam racing motorbike
deviant electronics – loud and clear
fff – vegan librarian

rhr

croix – baila todo

j:kenzo

scientist – no armys
milton henry – this world
j:kenzo – ricochet
mungos hi-fi (feat. charlie p) – rules of the dance (kahn remix)
von d – show me (feat. phe phe)
j:kenzo – hoodwinked
j:kenzo – like a hawk (feat. flowdan)
addison groove – this is it
clouds – sharp like a razor
skeptical – cold fold
digital & spirit – phantom force (fracture remix)
j:kenzo – sykura

main phase

leod – untitled 09

r.i.p. ozzy osbourne

verfasst am 23. juli 2025, aber auf den todestag zurückdatiert.

„paranoid“ war mein erster berührungspunkt. muss so um 1989 gewesen sein, als ich das zum ersten mal im radio hörte. in jedem fall war es das jahr, in dem ich im zarten alter von zehn jahren den mitschnitt des „moscow music peace festivals“ sah. rückblickend wohl der urknall für meine affinität zu metal. auch wenn mensch bands wie skid row, cinderella, mötley crüe, bon jovi oder die scorpions (allesamt damals auf dem line-up) heute eher beim hard rock einordnet und durchaus zurecht belächelt, faszinierte mich diese vermeintlich rauhe attitüde.
ozzys auftritt stach schon damals heraus. einer, der sich ehrlich freute, auf dieser bühne zu stehen – bzw. von einem ende zum anderen und wieder zurück zu pilgern (neben zakk wylde als ständig headbangendem gitarristen). die reihenfolge war daraufhin, mir erst das zum konzert gehörende album („stairway to heaven / highway to hell“), dann sein solo-debüt („blizzard of ozz“) und schließlich mit „blackest sabbath“ endlich auch mal das original zu den schlüsselstücken aus der moskauer setlist zu holen.

mensch kann ohne übertreibung sagen, dass ozzy nicht nur einen musik-, sondern einen lebensstil geprägt hat. stets auf dem direkten pfad zur selbstzerstörung, aber allem drogen- sowie alkoholinduzierten wahnsinn zum trotz stets demütig gegenüber dem publikum. das zeigte sich erneut anfang juli bei seinem abschiedskonzert in birmingham, das zum schlusspunkt geriet, wie ihn sich kein*e drehbuchautor*in hätte ausdenken können. im rahmen von bands eingebettet, die sich allesamt auf black sabbath als maßgeblichen einfluss berufen, mobilisierte er nochmal alles – erst mit einem solo-set, anschließend mit seinen ursprünglichen drei mitstreitern. zwar nahm er – von parkinson sowie vergangenen (ab)stürzen gezeichnet – nicht mehr wie einst die gesamte bühnenbreite in beschlag, sein charisma jedoch nach wie vor das gesamte stadion. es freut mich für ihn, dass er nochmal so einen tag und solche momente genießen bzw. sich einfach nochmal hochleben lassen konnte.

auch wenn es eine abgedroschene phrase ist, trifft sie bei ihm eindeutig zu: eine ikone, an die mensch sich in jahrzehnten noch erinnern wird. von dem keine*r (wahrscheinlich noch nicht mal er selbst) gedacht hätte, dass er 76 jahre alt wird. laut aussagen seiner familie am dienstagmorgen in deren kreis verstorben. würdiger geht’s nicht.

r.i.p.

[berlin / 12.07.2025] about blank: staub

die legendenwochen hätten eigentlich gestern in der zitadelle bei massive attack ihren abschluss finden sollen, dies wurde jedoch abgesagt. daher ist die erwartungshaltung an den monatlichen stammtermin in der autonomendiskothek keine geringere als dass es legendär wird.

ablauf

mdf

15:00 analog observer
18:00 ryba
21:00 ruman

zelt

12:00 tusko & temujin
14:00 elena sizova
17:00 nd_baumecker
20:00 alienata

nachbetrachtung

rein: 15:00 uhr
raus: 23:30 uhr

ich handle mal den mdf zuerst ab, weil ich dort insgesamt weniger zeit verbracht habe. analog observer war dort jedenfalls ein schöner einstieg mit der für mich passenden trippig-treibenden sowie hintergründig-melodisch mischung. ryba habe ich aus gründen quasi komplett verpasst – insgesamt vielleicht fünf bis zehn minuten gehört. nicht repräsentativ also. nächstes mal! rumans anfang war mir zu monoton, aber als im zelt feierabend war, hat sich der ausflug nach vorne in die ecke zum technikraum gelohnt. da gab’s den bass, der ein durch und durch perkussiv geprägtes set (die jungen leute sagen wohl „hardtechno“ dazu) angetrieben hat. überaus solide unterhaltung, die stimmung tat ihr übriges. auch bei ihm breakbeats zum schluss = pluspunkt.

im zelt war elena sizova sehr technoid unterwegs, als ich ankam und nahm das tempo- sowie soundtechnisch bis zu nd etwas zurück. nd selbst aufgrund mangel an objektivität meinerseits außer konkurrenz – endlich hat das mal mit ihm auf der staub geklappt. spielte über seine drei stunden sehr gemütlich und zurückgenommen ohne episch-hymnische momente, dafür mit der ihm eigenen stilistischen diversität und kohärenz. und breakbeats zum schluss. sowieso immer gut, das.
alienata ist meine vize-favoritin. techno mit ebm-einschlag, gerne auch mal minimal-perkussiv, und acid ist bei ihr sowieso fest gesetzt. das für sie übliche also, was als kompliment gemeint ist.

in schwung kam das ganze witterungsbedingt erst ab 17:00 uhr. jedoch war ich schon positiv überrascht, dass sich bei dem regen überhaupt noch leute auf den weg gemacht haben. die überdachte bühne im garten hat sich als alternative zum draußen abhängen ganz gut bewährt, und die entscheidung, die garten-tanzfläche im zelt zu belassen, war für meine begriffe goldrichtig. und die menschliche mischung sowieso.

notierte tracks

analog observer

scheermann – monji

nd_baumecker

polygonia – beyond light and shade (zum einstieg)
the mole – losing track (dave aju remix)
satoshi tomiie – a32
thomas schumacher – take me out
keith worthy – the elephant in the room
patcool – patcool
r. tyme – illusion
thee church ov acid house – theme (move d & d-man last train to buffalo remix)
jtc – mysterio re-enactment (acid alternative edition)
andrea maggino & francesco dinoia – take it back
anoesis – vision off
la pointe – umbra (nathan fake remix)
everything is recorded – porcupine tattoo (dj koze remix)

alienata

mutant beat dance – the human factor feat. naughty wood (marcel dettmann edit)
donato dozzy – techtresor
carpainter – kawasaki 100
dj hell – this is for you
skee mask – md25 (schlusstrack)

ruman

bluetoof – t’s dunya
linkan ray – four layers, und das gemischt mit moderat – reminder. entweder ein remix, der nicht veröffentlicht ist (weder der von special request, noch der von answer code request ähnelt dem, was auf dem mdf lief) oder er hat das original jeweils pünktlich zum refrain ausgeblendet.

[berlin / 03.07.2025] berghain: finest berghain – 30 years of hush

dvs1 tourt gerade anlässlich des 30-jährigen bestehens von hush, das als partyreihe wesentlich mehr vorlauf als das dazugehörige label hat. ich muss gestehen: in erster linie gehe ich wegen traxx als von ihm eingeladenen gast hin. es ist gut zehn jahre her, dass ich ihn auf dem nachtdigital gehört habe, und gut 20 jahre an einem sonntag an ort und stelle. wird also mal wieder zeit.

nachbetrachtung mit ablauf und notierten tracks

ich mach’s mir leicht und bringe alles auf einmal unter.

rein: 23:00 uhr
raus: 6:00 uhr

fühlte sich wie eine klubnacht vor 2010 an. keine nennenswerte schlange die gesamte zeit über (reichte am weitesten bis kurz hinter die gitter), drinnen gut dreiviertelvoll, die säule blieb als rückzugsraum geschlossen. wäre auch nicht nötig gewesen – mensch fand stets einen platz auf der tanzfläche und durchschlängeln geriet auch nicht zur akrobatik.
kann in der form gerne wieder stattfinden. vielleicht nicht in jedem monat und auch nicht mit dvs1 als kurator, aber quartalsweise mit einem resident, der*die sich einen gast einlädt, mit dem die zehn stunden frei aufgeteilt werden können. das bricht das durch die klubnächte etablierte format auf und schafft auch musikalische freiräume. war für mich jedenfalls einer der entspanntesten und (dank traxx) zugleich lehrreichsten berghain-besuche in diesem jahr.

22:00 traxx

kein set, sondern statement und lektion zugleich. mein faible für rauhe chicago-sachen ist bekannt, wurde auch bedient, aber auch „klassischer“ house, ebm, ein hauch electro kamen zu ihren ehren, womit er gut 40 jahre musikgeschichte beispielhaft mit vinyl ineinanderverwoben hat. mit seiner vielfalt bot er einen kompletten kontrast zu dvs1, was wiederum einige abgeschreckt hat. für mich herrlicher moment, als er nirvana zum schluss spielte und der vordere teil der tanzfläche das hart feierte, während die hintere hälfte ungläubig herumstand. alleine dafür gebührt dvs1 großer dank, ihn eingeladen zu haben.
wenn es nach mir geht: gerne mal wieder auf einen sonntag buchen – die klubnacht kann polarisierende sets mit ständigem mut zum risiko gut gebrauchen. auch bzw. gerade weil sich die erwartungen bzw. rituale in den letzten 20 jahren verfestigt haben.

tracknotizen

marshall jefferson – ride the rhythm
die krupps & nitzer ebb – join the rhythm of machines
konstruktivists – konstruktivists
the maniacs – luv eternal
drew sky – temper tantrum
daf – die lüge
nitzer ebb – shame (derrick may remix)
lcd soundsystem – throw
nirvana – raunchola / moby dick (live) (zum schluss)

03:00 dvs1

meine haltung zu ihm ist – ähnlich der zu ben klock – ziemlich unpopulär: beide sind technisch brilliant, hilft aber wenig, wenn mir inhaltlich über stunden zu wenig abwechslung geboten wird. hab’s drei stunden mit ihm probiert und den eindruck, dass er erst nach zwei stunden warmgelaufen war. dem fanclub gefiel’s offensichtlich und jedem*r sei der spaß an hypnotisch-tooligem techno gegönnt, wenn das alles gekonnt gelayert wird. das set hat mich jedoch darin bestätigt, dass ich nicht extra wegen ihm sonntags hingehen würde.

tracknotizen

audio resistance – hydrogen
gunjack – native circuit

[berlin / 28.06.2025] kaos: endless groove sessions with theo parrish

ich lasse einfach mal den ablauf für sich sprechen:

12:00 gemeinsames mittagessen (kostet extra)
14:00 theo parrish
22:00 ende

nachbetrachtung

hin: 14:30 uhr
weg: 22:20 uhr

das war großartig!

so gerne ich mich sonst auf die kritikpunkte stürze, um dann zum angenehmen teil zu kommen, würde das dem nachmittag / abend nicht gerecht. natürlich bin ich mit hohen erwartungen hin bzw. habe versucht, die soweit zu dämpfen, im schlechtesten fall nur einen kurzausflug nach oberschöneweide gemacht zu haben. am ende stand jedoch ein (erwartbar) stilistisch wild durchgewürfeltes und dennoch quasi durchgängig tanzbares set. manchmal lagen harmonien oder rhythmen über kreuz, es überwogen jedoch die momente, in denen ich über sein timing gestaunt habe – bspw. wenn er eine disco-nummer mit funk mischte. beides fernab jeglicher quantisierung und dann noch mit vinyl (seltener mit cdjs – die nutzt er nur für seine edits, ohne dass die tracks mit rekordbox analysiert wären) auf den punkt zu bringen: das waren die augenblicke, in denen er technisch für mich brillierte. mit seiner eklektischen auswahl sowie dramaturgie fuhr er ständig auf risiko, aber deswegen bucht mensch ihn ja auch bzw. pilgert hin.

das traf erstens mit dem kaos auf einen ort, an dem das diy-ethos gelebt wird. direkt am wasser auf gleicher höhe mit dem rso auf der anderen spreeseite gelegen, konnte mensch entweder auf holzstegen am ufer sitzen und den dampfern zuwinken, oder auf dem streifen zwischen pult und gebäude tanzen. gleiches auf der großen veranda mit der improvisierten bar. drinnen gab’s in der großen halle anfangs noch pizza und im zur vorderseite gelegenen raum eine weitere bar.
das hatte schon etwas von einer block-party, womit das kaos im besten sinne für sich werbung gemacht hat. jedoch handelt es sich bei der adresse um einen der zu vielen orte in berlin, dessen tage gezählt sind. der aktuelle standort muss zum nächsten jahr aufgegeben werden, eine genossenschaft möchte allerdings das grundstück direkt nebenan erwerben und in ihrem sinne entwickeln. mehr dazu gibt es hier.

das menschliche war die zweite tragende säule. ich habe selten eine so engagierte crew von musikkenner*innen erlebt, die sich selbst unter die tanzenden mischten und das wohl ihrer gäste im blick hatten. sie waren gleichermaßen geerdet wie das publikum. gefühlt die hälfte davon musik-nerds, die theo entweder hinterreisen oder sich durch seine nts-sets schon mal vorab gebildet hatten und somit auch die meisten disco-stücke mitsingen konnten. die andere hälfte wenigstens neugierig darauf, wohin die reise geht. damit hat sich die endless groove als reihe wärmstens empfohlen, auch wenn sie sich eher auf stockholm konzentrieren.

normalerweise bin ich alles andere als spirituell unterwegs, aber an dem tag / abend standen die sterne in oberschöneweide ganz schön günstig. leute mit sozialer ader und musikalischer expertise mieten sich an einem einfach nur charmanten ort ein, engagieren mit herrn parrish einen musikbotschafter, der das alles mit einem bein in der manie orchestriert und sogar nach dem bis 22:15 uhr hinausgezögerten ende noch eine zugabe gegeben hätte. mit gehöriger portion pathos obendrauf: wahrscheinlich eine gelegenheit, die sich nur selten im leben bietet. bin jedenfalls ziemlich glücklich darüber, dass ich dabei sein durfte. ist ohne frage in meiner jahresbestenliste 2025 eingraviert und der stoff, von dem ich auch in zehn jahren noch mit leuchtenden augen erzählen werde. wäre sofort wieder dabei.

das haar in der suppe: die anlage war theo nicht immer gewachsen. oder er bei der ihm eigenen exzessiven nutzung der rotary-fader zu überschwänglich. habe jedenfalls gelernt, dass mensch auch einen isonoe iso420 übersteuern kann. dem diy-faktor des kaos entsprechend traf der mixer-ausgang jedoch auch auf eine anlage aus restbeständen. hätte die endless groove-crew noch in die miete einer lambda labs investiert, wäre entweder der eintrittspreis in die höhe geschnellt oder die zu verspendenden einnahmen geschrumpft. die meiste zeit über klang’s mit gehörschutz passabel. eine clubumgebung mit tontechniker*innen, die hauseigene anlagen wie ihre hosentasche kennen und sich bei vorherigen soundchecks auf so ein kaliber einstellen können bzw. bei bedarf nachjustieren, dürfte das erlebnis noch weiter abrunden. es war aber so oder so eines.

notierte tracks

vorwort

die liste erforderte neben shazam etwas an recherche. dessen ergebnisse verifiziere ich ohnehin immer, aber bei diesem anlass waren sie erstaunlich zuverlässig. kapituliert hat es auch häufig, aber das ist bei der großen anzahl an edits oder obskuritäten aus herrn parrishs fundus nur zu verständlich.
eben diese lücke habe ich versucht, mit anderen sets zu füllen – speziell diesem: ende juni / anfang juli 2025 gab es auf youtube ein set vom 5. november 2023 aus dem club 77 in sydney, das theo fast viereinhalb stunden lang frontal beim auflegen zeigt. das hatte ein paar überschneidungen zu oberschöneweide und die schwarmintelligenz in den kommentaren bei der rekonstruktion der tracklist bereits tolle arbeit geleistet. leider gibt es den dazugehörigen kanal, somit auch das video und damit dessen kommentare nicht mehr. dafür einen erneuten upload, leider ohne bewegtbild. stand 24. juli 2025 ist der aktuelle link jedenfalls der hier. es gibt auf trackid.net glücklicherweise noch ein transkript der liste. so ist die vorherige arbeit nicht völlig umsonst und kann ggf. ergänzt werden. jedenfalls war sie die hauptgrundlage, die ich mit meiner erinnerung abgleichen konnte.

die notizen sind daher zweigeteilt. einmal der shazam-verlauf mit zeitstempeln, so dass sich die dramaturgie hoffentlich einigermaßen nachvollziehen lässt. der zweite besteht aus den puzzlestücken, die zum größten teil aus anderen tracklists stammen und in meine erinnerung passten. eine chronologische reihenfolge bekomme ich da jedoch absolut nicht mehr hin.

aus shazam

format: uhrzeit: artist – track
14:52: manuel göttsching – e2-e4 (ruhige nervosität)
14:57: theo parrish – all your boys are biters
15:11: rodney franklin – the groove
15:29: bobby lyle – the genie
15:36: third love – now that we’ve found love (disco mix, evtl. auch der theo parrish edit)
16:08: tom waits – step right up
16:27: the police – when the world is running down, you make the best of what’s still around
16:33: bob marley & the wailers – natural mystic
16:36: theo parrish – orange barrel action (yellow flashing light mix)
16:59: gary’s gang – let’s lovedance tonight
17:55: ge-ology – moon circuitry (feat. mark de clive-lowe)
18:01: jamie 3:26 & cratebug – hit it ’n‘ quit it
18:13: earth, wind & fire – energy
18:21: crown heights affair – far out
18:26: outkast – spottieottiedopaliscious
18:30: kay suzuki – something to say (feat. fatima)
18:34: h-fusion – fossils
19:03: black cock – juicy sushi
19:16: revelation – get ready for this
19:33: labelle – pressure cookin‘
19:38: ananda project & gaelle adisson – cascades of colour
19:46: eric martin – emergency (steve poindexter edit) (der einzige track, der zweimal lief – sogar innerhalb einer stunde)
19:51: bohannon – spread the groove around
21:16: hieroglyphic being – dark acidic organs from the void
21:44: fingers inc. – distant planet

aus dem gedächtnis

made in usa – never gonna let you go (theo parrish ugly edit)
devin dare – alright
two tons o‘ fun – make someone feel happy
diana ross – love hangover
black rascals – for the next time
phuture – slam dance
blaze – sapporo (gemixt mit phuture davor, und somit eine kombination, die bereits anno 2021 in seinem eargoggles-set für nts und auch im sydney-video auftauchte)
donny hathaway – the ghetto (live) (von seinem „best of“-album – fundstück aus dem „what’s in my bag“-video zusammen mit marcellus pittman und zernell)
coldcut & lisa stansfield – people hold on (wobei das durchaus auch der „new jersey jazz mix“ gewesen sein kann)