[berlin / 22.11.2025] berghain: klubnacht

im april war ich das letzte mal sonntags da. zu dieser jahreszeit ist das nicht die schlechteste freizeitbeschäftigung, und ich kann mir endlich mal ein bild von jane fitz machen, auch wenn sich ihre spielzeit mit der von nd überschneidet.

klubnacht

berghain

00:00 efdemin
04:00 newa
08:00 dj red
12:00 damon wild
16:00 jane fitz
20:00 ruman live
21:00 dvs1
01:00 sandrien

panorama bar

00:00 ryan elliott
04:30 natalie robinson
08:30 sound metaphors djs
12:30 jorkes
16:30 nd_baumecker
20:30 isolée live
21:30 paquita gordon
01:30 steffi

nachbetrachtung

rein: 10:20 uhr
raus: 0:20 uhr

für mich eine ganz schön antagonistische klubnacht. neujahr mitgezählt war das anno 2025 meinerseits erst die vierte und musikalisch ist sie weit vorne. allerdings wurde mir auch einmal mehr deutlich, warum ich mich eher zu den nischen-abenden hingezogen fühle. lieber der reihe nach, mit der musik angefangen, dann mit der kehrseite der medaille fortgesetzt.

dj red war die einzige, zu deren set ich keine wirkliche verbindung aufbauen konnte. lag aber auch am andrang, der mich allgemein ganz schön auf dem linken fuß erwischt hat. hatte irrigerweise darauf spekuliert, dass die jungen leute ™ mit damon wild nicht vertraut sind und erst zu dvs1 ankommen. somit auch angenommen, dass ihr set auf den schichtwechsel fällt, aber der fiel diesen sonntag beinahe völlig aus. stattdessen: schon bei ankunft eine schlange bis zum kiosk, das berghain immer noch mehr als ordentlich gefüllt. und das hat sie einfach genutzt, beherzt-funktional nach vorne zu spielen – völlig legitim. etwas unnahbar wirkte sie auf mich, aber gut möglich, dass das meine ausrede ist, um den sonst von mir so geschätzten, aber gefühlt ausgefallenen augenblick des entspannten ankommens zu kompensieren.
der ließ sich jedoch nach oben verlagern: die sound metaphors djs bestachen vor halbvoller panorama bar mit der mischung aus (italo-)disco und abseitigen remixen tief aus den kramkisten. sie machten somit das gleiche wie im lab zu neujahr und zum jubiläum neulich im berghain: sorgsam ausgesuchte musik super kuratieren und mit einer positiven art von sturheit nicht von ihrer linie abweichen. etwas hang zum kitsch sollte mensch mitbringen, aber das hat seine wirkung in der panorama bar mit dem sonnenschein von draußen nicht verfehlt. jorkes danach fordernder, wenn ich mal oben war.

allerdings hatte mich das berghain ab 12 uhr mehr oder minder fest im griff. damon wild positiv überraschend mit um die 130 bpm zu beginn, was nach dj red deutlich gedrosseltes tempo war. nahmen manche aus dem publikum als anlass zur pause, weil dvs1 acht, neun stunden später anstand. für mich war’s unten die nachgeholte entspannte begrüßung, darüber hinaus ein set, das sich bis zum schluss verdichtete und bis wenigstens 135 bpm beschleunigte. hier mal trippig wie auf synewave üblich, da mal minimal, da mal etwas melodischer, etwas acid auch noch. vollkommen der uhrzeit angemessen.
und auch sehr gut den boden für jane fitz vorbereitend, die für mich einfach mal das klubnacht-set des jahres gespielt hat. mir völlig unverständlich, warum ich sie bislang nicht auf dem radar hatte – vorschusslorbeeren als eine der besten selekteurinnen hat sie reichlich und das eindrucksvoll zur schau gestellt. auch wenn ich nicht die gesamte zeit getanzt und teilweise während ihres sets geplaudert habe: sie hat konsequent mit vinyl eine tolle mischung aus düsterem trance, minimal-trippigen tracks und acid gespielt und mir damit als bekennendem muffel gegenüber melodiösem techno gezeigt, wie das richtig gut geht und keinen anlass gegeben, davon irgendwas verpassen zu wollen. shazam hat häufig versagt und ich es im lauf der zeit (auch aus rücksicht auf den akku, der seit geraumer zeit „service“ bei einer maximalen ladekapazität von 73% anzeigt) seltener probiert. genuss war wichtiger. wahnsinniger trip! ich hoffe sehr, dass die verantwortlichen im booking teile des sets oder wenigstens den tosenden applaus danach gehört haben und sie das zeitnah wiederholen kann.

nd hatte also leider das nachsehen, die panorama bar in seiner letzten halben stunde jedoch gewohnt souverän im griff. fordernd genug, nicht zu forsch und – zumindest in der zeit, in der ich ihn an der bar sitzend mitbekam – etwas trockener als sonst.
isolée habe ich sträflicherweise seit playhouse nicht mehr verfolgt, sollte das aber nachholen. das war alles andere als microhousig, vielmehr durchaus richtung dub schielend, stellenweise satte basslines und auch vocodergesang. völlig primetime-tauglich. paquita gordon ließ sich mit einem dreckigen, nach chicago klingenden drum-track auch ziemlich gut an und der rest bestand aus forderndem, stellenweise melodiösem house, wenn ich mal oben war.
zum dvs1-fanclub zähle ich bekanntermaßen nicht. ergo hatte ich nicht viel erwartet, war aber positiv überrascht, weil er gegen 23:30 uhr eine strecke mit minimalerem techno hatte – nicht von der sorte der ach so trippigen und doch so ziellosen sequenzen, sondern eher federnd wie in der tradition robert hoods, nur mit satterem bass unterlegt. sonst kreide ich ihm mangelnde set-dynamik an – entweder ist das ignoranz auf meiner seite oder es hat dieses mal einfach geklickt. da er nach wie vor permanent mixt, shazam eh gerne mal krude ergebnisse zutage gefördert hatte (tomcraft – silence, beim set von damon wild) und ich zu dem zeitpunkt schon gut übersättigt war, muss die beschreibung reichen.

womit ich beim kern des antagonistischen wäre: so sehr die musik das insgesamt für mich hochgerissen hat, es mich freut, dass es musikalisch auf beiden floors sonntags diverser werden kann, das publikum auch darauf einsteigt und dessen gute seiten nach wie vor überwiegen, scheint es mittlerweile einer lotterie gleichzukommen, einen entspannteren sonntag zu erwischen. keine ahnung, ob dvs1 als faktor immer noch so zieht – de facto war der andrang tagsüber so ungebrochen, dass bei reddit abends von wartezeiten bis zu mehr als vier stunden zu lesen war. erst gegen 21 uhr hatte sich die lage vor der tür entspannt. entsprechend kurz fiel die atempause im berghain bei damon wilds erster hälfte aus, in der die tanzfläche höchstens zeitweise „nur“ dreiviertelvoll war. den größten teil der zeit über jedoch weitaus mehr. oben war’s (gewohntes bild seit geraumer zeit) entspannter.
in der letzten halben stunde von jane fitz habe ich es darauf ankommen lassen, es tanzend vor dem dj-pult zu probieren und dabei alles mitbekommen, was mich an dem club begeistert und nervt. zwar hat ihr set das insgesamt mehr als wettgemacht, jedoch überwog in der kurzen zeit eindeutig letzteres. sicher: es gibt nach wie vor leute mit umsicht, die dennoch in der musik sind – alles wunderbar. der rest bestand aus dem leider von sonntagabenden gewohnten bild, das sich dieses mal bereits ab dem nachmittag gezeigt hat: die fraktion, die bestenfalls wippend herumsteht, aber eher beschäftigt ist, leuten via bevorzugtem smartphone-messenger irgendwas mitteilen zu wollen (und damit offensichtlich nicht den aufdruck auf dem bändchen für dieses wochenende gelesen hatte). trupps, die sich wenigstens zu dritt relativ unentschieden durch die menge drängeln. dann natürlich diejenigen, die auf gedeih und verderb nicht einsehen wollen, dass der platz schon sehr beengt ist und natürlich unbedingt den raum einnehmen möchten (übrigens unabhängig vom geschlecht), anstatt nach alternativen zu suchen.
klar kann ich mir die frage gefallen lassen, warum ich mir das überhaupt antue, zumal ich damit selbst besagten raum einnehme. andererseits geschah das zu einem zeitpunkt, an dem selbiges noch ging. ich werde höchstwahrscheinlich nie in der lage sein, publikumsbewegungen um mich herum auszublenden und damit stets antizipieren, wo jemensch als nächstes hin möchte. im laufe dieses sonntags war das zumindest im berghain auf der tanzfläche der für mich fast permanente modus, wodurch das aufgehen in der musik (auch bekannt als „fallenlassen“) dort so gut wie nicht möglich war. stattdessen ließ mich die kombination aus reizüberflutung und genervtheit über den vereinzelten mangel an rücksicht nicht nur einmal mit den augen rollen. begleiterscheinung dessen ist, dass ich mich lieber am rande aufhalte – die verteidigung meines platzes möchte ich weder im club noch privat auf meine agenda setzen.

mich hat’s bestärkt, die linie mit den donnerstagen in der säule oder manchen freitagen fortzusetzen – in der hoffnung, dass anno 2026 abseits vom reef-dauerkartenabo was geplant ist. zwar hatte ich mit dem 6. (bzw. 7.) dezember geliebäugelt, weil dj rush auch schon ewig bei mir her ist und er bei seinen letzten malen wohl richtig gut gewesen sein soll. allerdings stehen mit kittin, rene wise, kangding ray und chez damier namen auf dem programm, die stetig hohe fülle erahnen lassen. vom geburtstagswochenende rede ich erst gar nicht. stand jetzt nähme ich von beidem abstand.
was leider aufzeigt: so gerne ich wie früher ™ meinen normalen schlafrhythmus beibehalten, einfach sonntagvormittag aufschlagen und bei angenehmem sound und füllgrad gemeinsam mit anderen die zweite welle anrollen lassen würde, ist das mittlerweile eher vom zufall abhängig. einerseits freut’s mich ja, dass die popularität des ladens weiterhin ungebrochen ist. andererseits ist’s auch schade, dass die pausen zum durchatmen, die genauso wie der exzess zu den gründen für eben diese popularität zählen und für mich wie bei guten dj-sets zur dramaturgie eines gelungenen sonntags gehören, gefühlt weniger werden. ich will mal hoffen, dass die djs nicht der versuchung erliegen, sonntag(vor)mittag durchzubrettern, sondern sich auch mal zurücknehmen bzw. den neuaufbau nicht scheuen. hat sich bei damon wild dieses mal gezeigt, dass das sehr gut geht – beiderseitig.

notierte tracks

dj red

cirkle – shamanic

sound metaphors djs

baccara – koochie-koo
proyecto uno – esta pega’o
karel svoboda & skupina elektrovox – let raketoplánem
popsikles – popcorn
ernest kohl – bad to be good

damon wild

cleric – unspoken rules
planetary assault systems – tap dance
burden – rite
damon wild – avion (relativ noizik remix)
joey beltram – b1 / sw37
mike parker – signal 303
nastia reigel – end up here

jane fitz

kangding ray – doppler shift
sleep d – acheron cauldron
jxtps – spheric
x-dream – no
holy ghost – zombie assassin

paquita gordon

lex boy – acid bad trip

[berlin / 12.09.2025] berghain: sound metaphors 10 year anniversary part 3

als ob die bisherigen feierlichkeiten nicht schon ausgesucht genug gewesen wären, gibt es mit teil 3 das überangebot mit bereits ausverkauftem konzertteil ab 19 uhr.

sound metaphors 10 year anniversary part 3

berghain

19:00 alicia carrera
20:00 demdike stare live
21:00 moritz von oswald & azu tiwaline live
22:00 actress live
23:00 channel one sound system
01:00 sound metaphors djs
03:00 mogwaa live
04:00 floating points
06:00 palms trax

panorama bar

22:00 snowcaveman
01:00 dj subaru b2b tia cousins
03:00 no service
05:00 dj koolt b2b david fogarty
07:00 helena hauff
09:00 francesco del garda

säule

01:00 courtney bailey b2b an toi
02:30 alex kassian live
03:30 higher intelligence agency live
04:30 nhật-vũ đặng

nachbetrachtung

rein: 19:30 uhr
raus: 3:30 uhr

auch wenn es „nur“ acht stunden waren: ein typischer berghain-freitag. will heißen: der club hat sich von seiner für mich besten seite gezeigt = musikalische offenheit mit einem publikum, das dabei mitgeht. die ausnahmen, die eine tanzfläche für ausgiebige dialoge nutzen, scheinen zum zeitgeist zu gehören. ich war leider aufgrund latenter unruhe und damit einhergehend ausbaufähiger schlafhygiene bereits kurz nach 8:00 uhr freitags wach und ab 2:00 uhr bereits sitzend k.o.. alex kassian wollte ich noch mitnehmen (lohnte sich), aber großkaräter wie helena hauff und floating points habe ich damit leider verpasst.
auch wenn das der schlusspunkt unter die geburtstagsfeierlichkeiten von sound metaphors war: ich hoffe sehr darauf, dass sich daraus eine regelmäßige reihe analog zur reef entwickelt. das muss beileibe nicht in solchen dimensionen wie an dem freitag stattfinden, würde jedoch eine lücke füllen, welche die leisure system hinterlassen hat. gerne auch mit mehr zeit für die einzelnen djs, wobei ich auch den gedanken nachvollziehen kann, bei so einem jubiläum mal so richtig aus allen rohren feuern zu wollen.

in der panorama bar habe ich vielleicht insgesamt zehn minuten verbracht, somit fällt sie aus der nachlese raus. wenn ich dort war, lief etwas zwischen house und techhouse, wobei dj subaru und tia cousins für mich vorne waren, da schön analog-rauh.

im berghain der musikalische parforceritt, und das meine ich im besten sinne. alicia carrera trippig mit techno, der an die italienische schule um donato dozzy und konsorten erinnerte. demdike stare starteten mit drones und setzten in ihrer stunde auf den wechsel zwischen ambient und tanzbaren tracks. die würde ich sofort kaufen, sofern die veröffentlicht werden – ich mag deren aufbau sehr, bei dem stück für stück die einzelnen elemente zusammengeführt werden.
moritz von oswald und azu tiwaline sind für mich das gewinner-duo. starteten gemütlich um die 117 bpm und arbeiteten sich dann tempotechnisch nach oben. keine neuerfindung des rades, was dubtechno und dessen derivate im kontext dessen betrifft, was aus dem vereinigten königreich via livity sound und co. in die welt getragen wird. aber der fluss im set war für mich beispielhaft, ohne dass klar war, wer jetzt genau für was verantwortlich zeichnete – außer an der stelle, wo „ruff way“ sowie die a-seite der m6 durchklangen. selbstzitate gehen bei einem oeuvre wie dem eines moritz von oswald völlig klar.
die rote linie habe ich im actress-set vergeblich gesucht. tolle ambient-soundscapes zu beginn. mir jedoch schleierhaft, wie mensch mit ableton live keinen kontext zwischen den tracks herstellen kann. zugegeben mit einer großen portion polemik: es wirkte so, als ob er eine playlist fertiger tracks spielt. die waren für sich genommen sehr gut, aber völlig zusammenhanglos in den raum gestellt.
das channel one soundsystem im anschluss einfach mal die konsequente verkörperung der dancehall-kultur: selector, der eine platte (oder auch dubplates) nacheinander abspielt, dj (in hiesigen gefilden als mc bekannt), der die pausen füllt oder auf die riddims rappt. war auch im aufbau irgendwann ähnlich vorhersehbar wie demdike stare: tune zuerst, gefolgt vom riddim. und mit max romeos „chase the devil“ in der ersten viertelstunde sogar hittig. aber: es funktionierte. durch sub:stance und reef ist bekannt, dass die anlage mit dub-frequenzen ganz gut kann, und es war mir eine ziemliche freude, wie das publikum darauf eingestiegen ist.
nemo & castro im anschluss mit dem, was sie sonst im lab zu silvester spielen – alles zwischen house, italo disco und new wave. auch das nahm das publikum dankend an.

die säule hatte ambient und electronica als arbeitsauftrag. jedenfalls setzten das alle beteiligten in der zeit meiner anwesenheit so um. alex kassian samplete boards of canada („kaini industries“), auch sein „e2-e4“-edit war teil des sets, das super zwischen kopf und hüfte vermittelte. ich wünschte nur, dass ich sein set in besserer form als auf der galerie sitzend und krampfhaft durch nicken im takt wachzubleiben versuchend erlebt hätte.

notierte tracks

alicia carrera

doctrina natura – dream 3 (celestial figures)

channel one soundsystem

danny red – zion
max romeo & the upsetters – chase the devil
johnny clarke – declaration of rights (steppas remix)

sound metaphors djs

shirley bassey – people (erstes stück im set)
fluke – philly (jamorphous)

dj subaru b2b tia cousins

daniel maloso & rebolledo – venganza y seducción
charlie – let go (david vunk remix)