[london / 15.08.2015] fabric

wenn ich schon in berlin in die läden gehe, die bei den touristen hoch im kurs stehen, kann ich das als tourist selber auch. interessant nur, dass mit marcel dettmann und scuba dann gleich zwei namen auf dem programm stehen, die gleich ein gewisses gefühl von heimat (lesen als: „in der heimat schon x male gehört“) vermitteln.
mal schauen, was der club aus seinen vorschusslorbeeren so macht.

fabric20150815

nachbetrachtung

da es mit dem vorab-ticket über residentadvisor nicht geklappt hat, war ich recht früh vor mitternacht da. man kennt ja die szenen, die sich vor den clubs abspielen, die bei eben genanntem informationsportal in der jeweiligen region auf den ersten plätzen stehen. und keine sorge, der vergleich mit dem berghain kommt noch früh genug, ich nehme das trouw allerdings noch mit dazu.

anstehen musste ich dafür quasi gar nicht, höchstens einen herrn vor mir bei der security abwarten. notwendig überall in london beim ausgehen: der ausweis. es gibt direkt danach auch eine schleuse, bei der man fotografiert wird. taschen zur kontrolle abgeben, sich abtasten lassen, kennt man mittlerweile auch aus berlin, ist auch ok. übermäßige freundlichkeit erwarte ich da nicht, geht im fabric auch noch klar, im trouw wurde mehr im dialog gearbeitet.
taschen müssen abgegeben werden, insofern ist man kurz nach dem eintritt mal eben 24 britische pfund los (22 für das ticket, es gibt keinen stempel, also sollte man besser drin bleiben, wenn man nicht nochmal bezahlen möchte, sowie 2 für die garderobe).

vorteil der frühen ankunft: es war – wie allerorten üblich – noch nicht so viel los. insofern ließ sich der club in ruhe erkunden. toll daran ist die anzahl der verschachtelten gänge und ebenen, welche das fabric zu einem kleinen labyrinth machen. raum 3 war ja leider nicht offen, das wäre noch interessant gewesen, wo der sich genau befindet.
tolles design auch bei den toiletten, bzw. dem raum mit den waschbecken. und der dj-arbeitsplatz ist sowohl in raum 1 als auch 2 beispielhaft. shure-nadeln an den technics (m44/7 oder whitelabel), wenigstens drei cdjs, keine penetrante, aber ausreichende beleuchtung und auf kopfhöhe hängende monitore. in raum 1 sogar zwei setups mit insgesamt vier technics, von denen zwei an einem normalen xone:92, die anderen beiden an einem rotary-mixer von allen&heath hingen (craig richards spielte später damit). in beiden räumen gibt es separate bühnen für die live-acts, die aber auch vom publikum in beschlag genommen werden können, wenn die sonst nicht gebraucht werden.
außerdem gut: die sitzgelegenheiten am rande von raum 2 beim übergang zu den toiletten / der bar / raum 1, die auch dezent mitbeschallt werden. ach ja, die beschallung: vielgelobt wurde die anlage im voraus ja, zu beginn des abends fand ich das jedoch (zumindest in raum 2) nicht so berauschend. änderte sich aber bei steigendem füllgrad sehr zum positiven – schön ausdefinierter, satter, warmer bass, der den rest auch etwas dominiert. finde ich persönlich jedoch nicht schlimm.

ansonsten wirkt der club etwas steril und mit den backsteinen wie das matrix anno 2001 (was damals noch ein technoclub war, sollte noch dazugesagt werden). die ständig präsenten runner haben daran ihren anteil, und irgendwie kann man sich daran gewöhnen, dass glasscherben nicht existent sind. dafür muss man eben damit leben, dass man sein kaltgetränk in einem plastikbecher bekommt. einzige nicht-alkoholische getränke neben wasser (es gibt übrigens auch gratis-wasser, bei dem chlorgehalt allerdings offensichtlich aus der leitung) scheinen drei red-bull-varianten zu sein, andererseits habe ich es auch nicht probiert, mir eine cola zu bestellen. (nachtrag vom 29. september 2015: nicht-alkoholische kaltgetränke gibt es in läden wie dem xoyo aus schläuchen, das wird im fabric auch nicht anders sein, daher ist der vorherige satz hinfällig.) weiterer pluspunkt: das konsequente rauchverbot. den raucherraum hab ich nicht finden können, war für mich als nichtraucher aber auch unerheblich.
wesentlich größeren anteil an der sterilität haben jedoch die securities, davon mindestens zwei pro floor, die in ihren westen auch nicht zu übersehen sind. dafür gibt es gleich mehrere gute gründe: erstmal scheint es in londoner clubs ein grundlegendes problem mit dem diebstahl von telefonen und ein noch größeres mit übergriffigem verhalten zu geben. außerdem lassen sie keine unautorisierten fotos oder videos zu, daher greifen sie zu beginn des abends auch schon mal bei leuten durch, die mit ihrem telefon die leute fotografieren oder filmen. mit zunehmender dauer des abends scheint das aber unmöglich zu werden – während neil landstrumms set fielen mir alleine sechs leute (gleichzeitig) auf, die munter filmten. in den meisten fällen dürfte dabei übersteuerter, verwackelter schrott herausgekommen sein, aber jeder wie er mag. warum sollen sich die meisten darum scheren, wenn schon eine hausfotografin selbst fotos macht? ist also nicht wirklich konsequent zu ende gedacht, zumindest an diesem ende.
leider auch nicht an anderen. ich hab mich ständig beim gang durch den club gefragt, wie es sein kann, so ein geschmackssicheres musikalisches (und auch ästhetisches) konzept wie mit der fabric-mix-cd-reihe, aber auch mit houndstooth als haus-und-hof-label, mit einer quasi nicht existenten türpolitik zu verwässern, die leute in den club spült, bei denen ich vermute, dass sie ihren teil zu den oben genannten problemen beitragen. hätte ich etwas zu entscheiden gehabt, wäre ein drittel der leute nicht reingekommen, wobei man sich an hemd- oder anzugträger in london wohl gewöhnen muss. aber es ist offensichtlich, dass einige dabei waren, die das ausgehen eher als sport zum abschleppen begreifen und sich nicht im klaren darüber sind, dass das in der szene nie das vorherrschende thema war. gut, man kann nun argumentieren, dass das eben der lauf der dinge und techno kein nischenprodukt wie vor 15 jahren mehr ist. andererseits kann es auch nicht zuviel verlangt sein, sich bei der clubauswahl schon mal vorab zu informieren, worauf die szene eigentlich so basiert.
insofern sieht man im fabric auch einige gestylte herren mit sonnenbrille und gel im haar, überhaupt (vielleicht kam es mir auch nur so vor) herrscht ein ziemlicher überschuss an typen. frauen sieht man aus guten gründen entweder mit ihrem männlichen oder weiblichen anhang. meinem eindruck nach schon etwas stylish, aber noch nicht überkandidelt. das testosteron ist im club jedoch schon fast greifbar und die lgbt-vertreter meinem eindruck nach quasi nicht präsent. dementsprechend wirkte es sich jedenfalls auf meinen eindruck der atmosphäre aus: aufgrund der ständigen präsenz des personals mit den „is your phone safe?“-shirts und anderen alphatieren auf der tanzfläche kam so etwas wie ein wohlfühlfaktor – der komischerweise im trouw gleich nach zwei, drei minuten vorhanden war – nicht auf. zwar gehen die leute an den passenden stellen toll mit (arme in der luft, johlen bei einsatz der bassdrum, da müssen die berliner erst wieder hinkommen), aber von fremden mal ein lächeln zu bekommen (ja, das geht im berghain und im trouw sehr gut), ist auch eher glückssache. kann aber auch an mir gelegen haben. mit der umgehängten gürteltasche unter dem arm auf meine wertsachen achtend konnte ich mich auch nicht so lockermachen.

komme ich mal wieder zu den positiven aspekten: musikalisch fand ich’s ansprechend bis super. „ansprechend“ trifft eher auf raum 1 zu, in dem mr top hat & alfie sowie scuba techhouse ohne nennenswerte erkennungsmerkmale spielten. craig richards fand ich in der kurzen zeit, die ich ihn dort hörte, noch am besten. neils set fand ich zwar auch besser als die meisten seiner veröffentlichungen in der letzten zeit, hatte aber auch einige treffsichere uk-rave-zitate dabei und eher weniger seiner verzerrten chicago-reminiszenzen aus seinen frühen sativae- bzw. tresor-zeiten. dennoch ändert sich nach wie vor alle vier takte was im set, es bleibt somit immer vital, jedoch fehlt irgendwie der biss aus früheren tagen.
wesentlich mehr zeit verbrachte ich in raum 2, was nicht nur an marcel dettmann (auch auswärts in großer form), sondern auch am duo gamble / morelli lag, die in den ersten vier stunden back2back spielten und sich dabei auf einen herrlichen rauhen sound einigen konnten (beispiele: „skippah“ von substance/pete, „faces drums 2“  auf muzique oder „buck!“ von james t. cotton). wenn jemand der mitlesenden hier fabricfirst-mitglied ist und die beiden sets verfügbar gemacht werden, wäre ich sehr glücklich darüber, dann kurz informiert zu werden.

nachtrag, 29. september 2015: zwei stunden vom dettmann-set sind dankenswerterweise vom fabric selbst hochgeladen, lässt sich hier nachhören:
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gegangen bin ich gegen 7h30, nachdem herr dettmann in raum 2 etwas überstunden machen durfte. besonderes bedürfnis, mir noch den rest von scuba anzuhören oder generell noch länger bleiben zu wollen, hatte ich nicht.

würde ich wiederkommen?
so schnell erstmal nicht. zwar war es gut, sich das fabric mal angeschaut zu haben, aber umgerechnete gut 30 euro eintritt sind mir das nicht alle tage wert. sicher war der auch im trouw nicht niedrig, aber da stimmte der vibe. die leute waren offener, die security eher feiernder- als beobachtenderweise ein teil des clubs und vip-bereiche durch anmietbare tische nicht vorhanden – trotz angeschlossenem restaurant. das trouw hatte jedoch eine einlasspolitik mit klar vorher definierten regeln und wirkte auf mich irgendwie bodenständiger als das fabric, wo ich irgendwie das ungute gefühl hatte, dass profit generiert werden muss – was schade ist. inhaltlich könnten sie es sich leisten, mehr kante gegenüber denjenigen zu zeigen, die man nicht mal als zaungäste dabei haben möchte. aber vielleicht ist das auch nur zu elitär von mir gedacht.

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