[berlin / 14.01.2023] berghain: klubnacht

eine nachbetrachtung, die ich in der restrealitaet verfasst habe und nun hier mit ein paar zusätzlichen informationen herüberkopiere. das datum des postings datiere ich auf den jeweiligen clubbesuch zurück.

klubnacht

berghain
00:00 fr. jpla
04:00 yonti
08:00 quelza
12:00 cecilia tosh
16:00 justine perry
20:00 rene wise
00:00 jakojako

panorama bar
00:00 massimiliano pagliara
04:00 richii
08:00 sedef adasi
12:00 ogazón
16:00 jennifer cardini
20:00 gerd janson
00:00 alinka

nachbetrachtung

für das fazit musste ich mich einigermaßen wieder sortieren. irgendwie hat es sich so ergeben, dass sich nach dem staub-frühschoppen und anderen privaten verabredungen der direkte gang richtung wriezener karree anschloss. also kein nickerchen zwischendurch, am ende war ich 32 stunden wach. ist ganz gut gegen negativitätsspiralen im kopf, jedoch hätten meine kondition sowie konzentration die über den sonntagnachmittag hinausgehende langstrecke beim besten willen nicht mehr gebacken bekommen – und das war auch vollkommen gut so.
für mich war’s wie eine zeitreise in die ersten zehn berghain-jahre, also zumindest, was meine damalige nachteulen-standardzeit angeht. damals ™ blieb einem ja auch nichts anderes – die grenzen waren noch nicht so nach hinten verschoben wie heute und die schlangen auch noch nicht so lang, so dass mensch meistens vor 1 uhr im club war. heutzutage nimmt die klubnacht erst dann richtig schwung auf, wo anno 2010 unten schluss war.

was neben den favoritinnensets (mehr dazu unten) am ehesten hängenblieb: das frühe auftauchen hat zum abbau meines vorurteils beigetragen, wonach die nacht von samstag auf sonntag die touri-schicht ist und manche sich in mehrerlei hinsicht erstmal im laden zurechtfinden müssen. anteil daran hatte sicherlich der pünktliche ://-fanblock. in kombination mit ein paar leuten im fetisch-outfit war das für meine begriffe eine publikumsmischung, die dem berghain zu der frühen uhrzeit sehr gut zu gesicht steht. noch viel besser: bis zum frühen nachmittag eine allerorten gute, sehr aushaltbare fülle, wobei die panorama bar etwas mehr zeit brauchte, um in schwung zu kommen. massimiliano pagliara hat trotzdem nicht in die leere hineingespielt, wenn ich in seiner zweiten hälfte kurz oben war.
nach der erfahrung könnte die überlegung naheliegen, dass ich wieder zum „alten“ modus zurückkehre – also die nacht zum tage mache. aber gemach damit – ich habe mich ziemlich daran gewöhnt, meinen biorhythmus nicht durcheinanderzubringen. auch wenn ich der realität ins auge sehen muss, dass die zeit zwischen 16/17 und 0/1 uhr am sonntag/montag für mich meistens reizüberflutung bzw. mehr oder minder stilles raunen über die dynamik zu großer menschenmassen bedeutet, heißt das nicht, jetzt wieder regelmäßig wertvolle schlafenszeit zu opfern und samstag auf sonntag hinzugehen.

damit zur musik. und seht es mir bitte nicht nach, dass das insbesondere für die zeit ab 8/9 uhr allgemeine schilderungen ohne bpm-verlaufskurven oder track-ansammlungen sind. meine ganz klaren favoritinnen jedenfalls: fr. jpla und richii.

erstmal zum rest bzw. grundsätzlich: zumindest über die dauer meines besuchs gab’s keine enttäuschungen. alles abseits besagter favoritinnen mehr als nur gutes mittelfeld. yonti war der einzige, mit dem ich nicht viel anfangen konnte, aber das ist geschmackssache. melodisch-treibend ist einfach nicht meins – er hatte jedoch auch seine perkussiven, schnörkelloseren momente. für die uhrzeit (also erste peaktime) ging das klar.
cecilia tosh spielte später mit dem, was im hardwax als „big room dj tool techno“ gehandelt wird, erfreulich zurückgenommen und arbeitete geduldig auf höhepunkte hin. quelza hat den positiven eindruck von seinem september-debüt mehr als bestätigt und war als übergang zwischen yonti und ihr goldrichtig: erste hälfte fordernd, viel arbeit an den eqs, etwas cutting, ein checkpunkt bei der dynamik also. in seiner zweiten hälfte reduzierter. und zwar so weit, dass es mir parallel bei sedef adasi oben schon so vorkam, als ob in ihrem set mehr druck ist (gut, bei dem tempo, das sie mit getappten 138 bpm an den tag gelegt hat, verwundert das wenig). ein eindruck, den ich ebenfalls im vergleich zwischen ogazón und cecilia tosh hatte. da war’s mir bereits zu voll / zu viel, um mich ins getümmel zu stürzen. unbestritten hatte sie die panorama bar so fest im griff, dass ich besser mal zusehe, vorher mehr schlaf zu bekommen, sobald sie innerhalb der nächsten monate wieder auf dem line-up stehen sollte.

fr. jpla machte einfach das, was sie bereits in der autonomendisko am ostkreuz auszeichnet: ausschließlich mit vinyl zu spielen und das so gut ineinander zu verweben, dass es eine dichte mixtur aus rauhen, dubbigen tracks oder denen mit industrieller note geworden ist. geschenkt, dass in ein, zwei fällen die nadel im mix sprang – das gehört zur imperfektion des tonträgers. sonst einfach ein warm-up nach maß mit vereinzelten höhepunkten und den rest der zeit treibend genug, um neugierig auf das zu machen, was danach kommt. vom stil her super zum raum und zum slot passend. und wenn es nach dem applaus am ende geht: ganz schön vieles richtig gemacht (also auch beim booking).
kompliment an richii, die berechenbare dramaturgie eines abends nach dem auf house-tempo tanzbaren set von massimiliano pagliara auf den kopf gestellt zu haben. fing um die 100 bpm an, stilistisch schwer einzuordnen – in jedem fall weit entfernt von generischem techhouse oder einer dominanten 4/4-kick. es blieb in der phase ihres sets in shazam lediglich beim versuch, irgendwas identifizieren zu wollen, habe daher keine hörbeispiele. nach anderthalb stunden war auch sie bei house mit acid-sprenkseln angekommen. aber alleine dass sie in kauf nahm, dass leute den anfang auf der tanzfläche nicht verstehen und sich anderweitig umschauen, ist couragiert und zahlte sich am ende ohnehin wieder aus, als sie eine gut gefüllte panorama bar an die im verlauf besagt zackig spielende sedef übergeben konnte.

erwähnenswerte tracks (*: shazam)

fr. jpla:
shifted – untitled 808 workout
neel – vanadio*
kwartz – dissociation of body and mind*
kwartz – show me that light (cleric remix)*
svreca – frue (sigha remix)
tensal – bihotxak*
jokasti & nek – chromium*

richii:
absis – running up hill*
ebi – hi*
volodymyr gnatenko – adal heid*

quelza:
planetary assault systems – mod
moderat – running (instrumental mix)
furfriend – geck
norman nodge – manmade
dj rush – freaks on hubbard (davon das politisch nicht ganz korrekte intro)

sedef adasi:
oots – alldat junk*

[berlin / 24.09.2022] berghain: klubnacht

dies ist ein teil von nachbetrachtungen, die ich in der restrealitaet verfasst habe und nun hier herüberkopiere. das datum des postings datiere ich auf den jeweiligen clubbesuch zurück.

klubnacht

berghain
00h00 polygonia
04h00 philipp gorbachev live
06h00 fiedel
10h00 quelza
14h00 ki/ki
18h00 gaetano parisio
22h00 freddy k
02h00 adiel

panorama bar
00h00 dasco
04h00 nick höppner
08h00 oracy
12h00 partok
16h00 hiroko yamamura
20h00 k’alexi shelby
23h00 virginia

nachbetrachtung

mr shelby war als hauptgrund meines besuchs für mich (wie freddy k im übrigen auch, aber mehr dazu gleich) ziemlich ernüchternd bzw. hatte mir mehr erhofft. fing zwar mit „no way back“ von adonis ganz vielversprechend an, auch „bostich“ von yello lasse ich mir gerne gefallen. mag sein, dass das set als reminiszenz an warehouse-zeiten gedacht war – so viel an acid-house lief den rest über leider nicht mehr. vielmehr war’s vocaldisco- und auch sehr hitlastig.
also bspw.: „you don’t know me“ (armand van helden), „i feel love“ (kennt hoffentlich jede*r) und „around the world“ (nicht von east 17, vielmehr daft punk). in meinen ohren alles tolle nummern, kamen nacheinander. später noch „horny“ von mousse t. dazu noch exzessive nutzung der pioneer-djm-filter – also überzeugt hat’s mich nicht. mag aber auch mit meiner erwartung über kreuz gelegen haben, wonach ich angesichts seines hintergrunds dachte, dass er in der chicagoer mottenkiste kramt, die über trax records und dj international hinausgeht.
im direkten vergleich fand ich marshall jefferson (vor jahren im about blank) oder paul johnson an ort und stelle (r.i.p.) um einiges besser. aber so weiß ich das jetzt und kann einen haken dahinter machen. hiroko yamamura war zwar im vergleich trockener unterwegs, aber ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn das als grundlage bis mitternacht weitergelaufen wäre.
sei’s wie es sei: virginia hat’s im anschluss souverän-reduziert gemeistert.

generell hat mich meine zweite schicht (also gegen 18:45 uhr bis kurz vor 1) gar nicht abgeholt. gaetano parisio toolig-perkussiv, mit mehr melodien als vor gut 20 jahren, aber das hat mich nicht zum längeren dableiben animieren können.
vor freddy k (so gegen 20:30 uhr) stellte ich noch mit einer mischung aus erleichterung und erstaunen fest, dass es draußen keine schlange mehr gab. angesichts des platzes in der panorama bar und unten an der garderobe freute es mich sogar, dass es sowas wie einlassstopp gegeben haben könnte. aber als ich dann mal im berghain vorbeischaute, wurde ich eines besseren belehrt: da waren selbst die hinteren flügel rund um das treppenhaus (wo es zur brücke geht) ordentlichst gefüllt. in die mitte der tanzfläche wollte ich’s schon nicht mehr wagen, da hat das durchschlängeln an der bar schon gereicht.

freddy k zwar immer noch mit vinyl, aber leider hat auch er dem trend nachgegeben, schnell (um die 150? geschätzt, nicht getappt.) zu spielen. das setzt zwar viel adrenalin frei, aber war mir halt auch zu überdreht bzw. steril (um nicht zu sagen: unsexy). es gab gegen 0:30 uhr eine schöne phase, in der er sowas wie ghettotech / breakbeats gespielt hat, wonach der subbass zur kick wenigstens einen takt zum nachhall hatte und auf einmal sowas wie ein groove vorhanden war.
mag sein, dass er sonst anders spielt und das set mal etwas spezielles war. der füllgrad gibt ihm (und auch ki/ki) ja recht. hatte aber auch was vom rennen an die spitze: wer kann schneller? der dj? das publikum? wer kann und will härter, nachdem ihr in den vergangenen zehn stunden schon ordentlich breitseite bekommen habt?
ehe ich als gerne mal hart spielender dj missverstanden werde: ist als phase im set toll. wenn das aber das einzige ist, worauf nicht nur ein set, sondern eine ganze reihe davon aufbaut, wird’s halt etwas statisch.
freddy k für mich also unter seinen möglichkeiten, und damit genug gemeckert.

positiv: es wurde in der panorama bar investiert. es gibt neue polster auf den sitzgelegenheiten und der gang bei den kabinen hinter der tanzfläche richtung bar ist endlich durchgängig beleuchtet.

außerdem (wichtiger): oracy und quelza. fiedel habe ich leider nur beim durchgehen nach oben gehört, nächstes mal länger.

oben lief bei ankunft jedenfalls „world of deep“ vom e-dancer, später noch „party boy“ von presence und relativ zum schluss der original def mix von „i’ll be your friend“ (von robert owens). das alles zwar vor einer vielleicht zweidrittelgefüllten panorama bar, aber das war einfach schön unaufgeregt.
gilt auch für quelza unten. also (erstmal) nicht für den jungen herrn hinter dem dj-pult, der in seiner ersten stunde noch sichtlich nervös war*. aber wer wäre das nicht? zumal: das publikum war geduldig und bei der angenehmen fülle noch so entspannt, dass es keiner großen signale bedurfte, um sie ködern oder die große abfahrt liefern zu müssen.
gerade deswegen war’s schön, ihm dabei zuzusehen, wie er nach einer stunde aufgetaut war, als er sah, dass es gut lief, und wie er bis zum schluss in den status kam, das genießen zu können. auch er um den einen oder anderen hit nicht verlegen („plastic dreams“ und „never grow old“, beide aufeinanderfolgend, ca. mitte des sets, finale mit „blue monday“ nach dem acapella von underground resistance – „transition“ mit noch irgendwas darunter.), aber auch sowas wie „windtunnel“ (alte synewave von norman) lag im mix. shazam hat mich ziemlich häufig im stich gelassen, daher diese eine trockene granate aus meinem langzeitgedächtnis.
wie oben erwähnt und gerade im vergleich zu dem, was danach kam: schön zurückhaltend mit fokus auf set-dynamik, gespür für das, was um die uhrzeit geht und das anziehen der zügel zu den passenden momenten (bzw. diese einfach selbst erschaffen). kann für meine begriffe gerne wiederkommen.

war aber bereits gegen 13:00/13:30 uhr so, dass sich der baldige start von ki/ki bei der fülle ankündigte. das hat sich unten auch bis nach mitternacht nicht wirklich gebessert, jedoch war platz die gesamte zeit über in der panorama bar eher wenig bis gar kein problem. wenn’s also wieder ans taktische geht, scheint’s im berghain sonntagfrüh bis frühen vormittag momentan am angenehmsten, wohingegen mensch den djs eine etage höher gerade am sonntagmorgen ein bis zwei dutzend tanzende mehr wünschen würde.
andererseits zielte auch der timetable darauf ab, unten ab 14 uhr keine atempause aufkommen zu lassen. aus betriebswirtschaftlicher sicht nachvollziehbar. zum „höher, schneller, weiter“ habe ich mich für den august bereits ausgelassen.

*: kurzer ausflug zum instagram-feed von efdemin: er stand eigentlich auf dem line-up, hat aber wegen eines trauerfalls abgesagt und stattdessen quelza zu seinem berghain-debüt verholfen.