und wieder einmal werde ich von der realität eingeholt: vorgestern noch im vorherigen posting schön seitenhiebe verteilen, und auf einmal passiert das, womit ich so schnell nicht gerechnet habe. meine beileibe nicht alles abdeckende wertung folgt gleich. die stellungnahme an sich werde ich hier nicht reinkopieren: erstens sprengt deren ausführlichkeit den rahmen, zweitens ist diese nur ausgangspunkt für die aufarbeitung und soll daher drittens fortlaufend ergänzt bzw. aktualisiert werden, weshalb viertens die monis rache-website der beste anlaufpunkt ist. ich belasse es beim wortlaut des newsletters, den ich ohne triggerwarnung einfüge.
Dieser Newsletter dient dem Zweck auf Straftaten bei Monis Rache im Jahr 2016 und 2018 und auf unser ausführliches Statement dazu hinzuweisen, welches sich nun auf unserer Homepage www.monisrache.wtf befindet. Dieses Statement wurde erstellt, um sich bei den Betroffenen zu entschuldigen, für sie wichtigen Informationen transparent zu machen und unterschiedliche Unterstützungsangebote zur Verfügung zu stellen. Es behandelt die auf Monis Rache stattgefundenen Taten sexualisierter Gewalt, den Prozess der Aufarbeitung und warum Monis Rache so lange bis zu einer angemessenen Stellungnahme brauchte. Auch dafür möchten wir uns entschuldigen!
(newsletter von newsletter@monisrache.wtf vom 06.02.2020)
Von den Straftaten ist eine unbestimmt große Anzahl von Menschen betroffen, möglicherweise ohne darüber Bescheid zu wissen. Auch du könntest betroffen sein. Sollten nach dem Lesen noch Fragen offen geblieben sein, oder du möchtest Anmerkungen machen, kannst du uns per Mail oder direkter Facebook-Nachricht erreichen.
Das Statement enthält eine Kurzfassung und thematisch gegliederte ausführliche Informationen. Alle Textinhalte öffnen sich erst nach einem Klick auf die jeweilige Überschrift. Auf diese Weise versuchen wir zu gewährleisten, dass du sowie andere (potentiell) Betroffene selbst entscheiden können, welche Informationen ihr lesen möchtet.
Wir verurteilen diese Gewalttaten sehr. Wir wollen dies jedoch nach dem ersten Schock auch als Chance und Anstoß nutzen, die Überwindung sexualisierter Gewalt voranzutreiben, und zu einer gesamtgesellschaftlichen Thematisierung beitragen.
da ich in puncto differenzierung noch eine weite strecke vor mir habe, gibt’s die wertung im stark vereinfachenden -/+-schema, angefangen mit den kritikpunkten:
– kritik am staat (in punkt 9: „umgang mit dem täter“) darf gerne geäußert werden. betroffene können sie jedoch in der aktuellen formulierung, die das konzept der transformative justice über den umgang staatlicher institutionen mit anzeigen stellt, in den falschen hals bekommen. zwar wird nicht an selbstkritik gespart, dass das konzept von der erstkontaktgruppe (ekg) von vorne bis hinten falsch angewendet worden ist. aber würde ich den punkt als betroffene*r isoliert lesen, bliebe dies trotz explizitem hinweis auf einen selbstdefinierten umgang mit der situation schon als etwas bevormundend hängen.
– das eingeständnis des eigenen unvermögens in weiten teilen des textes ist für mich glaubhaft und hätte genutzt werden sollen, sich noch stärker um vernetzung oder gar hilfe zu bemühen. als beispiel wieder aus kapitel 9: „Die EKG als Teil der Monis Rache Crew hat Täterarbeit geleistet, die die Interessen der Betroffenen nicht einbezogen hat. Daher steht es für viele außer Frage, dass eine Verantwortungsübernahme des Täters nur unabhängig von der Monis Rache Crew geschehen kann. Wir können uns vorstellen ggf. externe Gruppen bei der Arbeit zu unterstützen. Wenn sich professionelle Stellen des Themas annehmen wollen, freuen wir uns über Rückmeldungen.“ – warum nur „vorstellen“, wenn ihr mit der internen aufarbeitung beschäftigt seid und teile der betroffenen euch u.a. aufgrund der langen wartezeit und dem ungeklärten weiteren umgang mit der ekg eine weitere täterarbeit nicht zutraut? die glaubhafte selbstkritik hätte sich dazu nutzen lassen, klarer zu formulieren, dass externe, gar professionelle gruppierungen bei der richtigen umsetzung des konzepts helfen sollen. ein satz wie „Wir werden externe sowie professionelle Gruppen für diese Arbeit hinzuziehen und freuen uns über Rückmeldungen unter (E-Mail-Adresse einfügen).“ tut niemandem weh und untergräbt auch nicht die autorität (die in den letzten vier wochen etwas gelitten hat).
+ wurde ja auch mal zeit! und dann ausführlicher als ich es gedacht hätte. beinahe schon erschlagend in den details, so dass mensch geneigt sein kann, dass sie kritiker*innen mit einer möglichst detaillierten darstellung den wind aus den segeln nehmen wollen. da mag etwas dran sein und auch wenn das gegenüber der arbeit, die offensichtlich in diese stellungnahme eingeflossen ist, leicht vermessen sein könnte: sie ist ein erster (und für mich gar nicht mal so unerheblicher) schritt in die richtige richtung.
+ die absage des festivals für 2020 ist nur konsequent. klar lässt sich jetzt auch mit „reines kalkül!“ argumentieren, da mensch nach bekanntwerden der vorfälle und der sich daran anschließenden suboptimalen kommunikationspolitik eins und eins zusammenzählen konnte, was für auswirkungen das auf den vorverkauf haben wird. autonome strukturen hin oder her, aber rechnen muss sich das ganze am ende irgendwie doch. wohlwollend nehmen sie für mich jedoch den schwereren und für mich sympathischeren weg als den, das festival auf biegen und brechen über die bühne zu bekommen.
+ auch wenn mensch es als kritikpunkt auslegen kann, da es den fokus von den vorfällen auf monis rache ablenkt: sie machen einen sehr guten punkt, indem sie diese form von sexismus nicht nur auf ihr festival beschränken. wie mensch seit anfang der woche weiß, ist das auch anderweitig ein problem und ungewiss, welche festivals außerhalb der linken techno-blase noch davon betroffen sind. es ist für mich ein richtiger hinweis, sexismus als gesamtgesellschaftliches problem zu sehen, zu dessen eindämmung awareness sowie die interne aufarbeitung bei moni nur teile beitragen.
+ reine formsache: der ausschluss des täters und der ekg war das, was ich mir als konsequentes handeln vor einem monat gewünscht habe. gut zu wissen, dass es auch recht zeitnah so gekommen ist.
insgesamt: besser spät als nie und in seiner ausführlichkeit auch richtig. es wäre für mich aktuell zu früh gewesen, die entscheidung zu treffen, ob ich dieses jahr hinfahre. aber die frage stellt sich jetzt wegen der absage ohnehin nicht. sie haben mit der stellungnahme für mich einen ersten weiten schritt in puncto „transparenz“ gemacht und eine gute grundlage dafür geschaffen, den status der aufarbeitung ebenso transparent darzulegen.
obwohl (wieder) anmaßend mal als direkte anrede: ich wünsche euch sehr, dass ihr das nun festival-freie jahr dazu nutzt, euch mit den richtigen partner*innen zu vernetzen, die sowohl eure interne als auch die aufarbeitung auf seiten des täters vorantreiben können. ich wünsche mir weiterhin, dass ihr die stadien der aufarbeitung auch weiterhin nachvollziehbar veröffentlicht. wenn es nach mir geht, muss das nicht wöchentlich sein, aber wenn es durchbrüche oder auch deren pures gegenteil gibt: zögert bitte nicht, benennt dies. zumindest meine wenigkeit liest das sehr interessiert und wird euch auch an dem anspruch messen.
zu guter letzt: ich hoffe sehr, dass ihr gestärkt aus all dem hervorgeht. bin gespannt auf die nächsten monate.