groove: corona und die folgen

ein virtueller runder tisch mit denjenigen, die entweder vor zwei jahrzehnten noch existentielle angst gehabt hätten (ellen allien, robag wruhme) und auch denjenigen, die es direkter betrifft (meggy, marlon hoffstadt und auch markus ossevorth). stößt in ein ähnliches horn wie die forderung nach dem grundeinkommen zur abfederung der existentiellen krisen und hat darüber hinaus ein zitat von marlon hoffstadt, das meine aktuelle gemütslage sehr genau trifft:

„So schlimm das natürlich alles generell ist: Für mich persönlich ist es die ultimative Entschleunigung, die ich gerade dringend brauche – und die Szene auch.” Das ewige „Höher-Schneller-Weiter” mit all den internationalen Flügen sei sowieso kein Dauerzustand.

das und alles weitere ist hier zu lesen.

crowdfunding für das about blank

weiter geht’s mit covid-19 und dessen auswirkungen auf kreativwirtschaft und clubs – ihr kennt das seit letzter woche. auch die mir sehr ans herz gewachsene autonomendisko möchte ihre miete sowie die gehälter der angestellten weiter zahlen. dann im zweiten schritt auch gerne noch einige härtere konsequenzen abfedern. dafür gibt es seit heute das crowdfunding bei startnext mit vielen schönen gimmicks.

whatever you take – rettet das ://about blank!

petition zum bedingungslosen grundeinkommen

covid-19 macht auch hier nicht halt. vorab muss ich einfach zugeben, dass ich dank festanstellung bei einem multinational operierenden unternehmen ziemlich fein raus bin. klar kann ich mir nicht alles an musik oder luxusgütern kaufen, was ich gerne würde. dennoch ist es wesentlich einfacher als noch zu studentenzeiten.
das hilft aktuell jedoch, die perspektive derjenigen einzunehmen, die im kreativbereich oder anderweitig selbständig sind und nicht wissen, wie sie in den nächsten wochen oder monaten über die runden kommen sollen. damit sich der kreis zum studium wieder schließt: von der idee des bedingungslosen grundeinkommens habe ich genau dort in einem proseminar gehört und war seitdem davon angetan. der einführung stand bisher stets ein menschenbild des müßiggangs im weg, daher waren tests nur auf wenige erdteile beschränkt. einige haben zwangsläufig erstmal nun keine andere wahl als das leben in den tag hinein, weil aufträge, gigs, engagements wegbrechen und auch tatsächlich kein anderes standbein vorhanden ist.

insofern haben sich für mich dogmen wie „wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“ vor der aktuellen lage überholt. es gibt momentan nicht die gelegenheit für einige dazu (außer mensch mag sich gerne im supermarkt als helfer*in bewerben, was momentan mit der respektabelste job ist, der mir neben pfleger*innen und ärzt*innen einfällt), weil firmen momentan als letztes daran denken, leute einzustellen.
die situation ist für jede*n ungewiss. und bevor es für einige noch prekärer wird als ohnehin schon, könnte man es für drei bis sechs monate tatsächlich auf einen versuch ankommen lassen. dafür gibt’s jetzt bei change.org eine petition, die noch gestern mittag um die 36.000 unterschriften hatte, aber gut einen tag später bei über 100.000 angekommen ist.

wenn ihr meint, dass es den versuch oder wenigstens eine erneute debatte unter veränderten vorzeichen wert wäre: klick.

r.i.p. genesis p-orridge

als ob mensch durch die schlagzeilen aktuell nicht genug zu verdauen hätte: heute nach gut zweijährigem kampf gegen die leukämie mit 70 jahren von uns gegangen. vor wenigen jahren immerhin noch live mit psychic tv gesehen, wobei mir das tatsächlich ein paar spuren zu psychedelisch war und throbbing gristle wahrscheinlich die bessere wahl dargestellt hätte.
locker in der kategorie „großes musikalisches, sogar künstlerisches vermächtnis“, hat schon sehr früh grenzen eingerissen, wobei die nachwelt das erst später zu hören bekam („early works“ auf dais spiegelt das wider, was er*sie als teenager auf kassette aufnahm). personell ein gesamtkunstwerk – nicht ohne kontroversen – und eine blaupause für industrial als genre. das kann mensch nicht genug würdigen.

r.i.p.

(via gerade privat zugespieltem nme-artikel)


auswahl an nachrufen
new york times: genesis breyer p-orridge, musician, artist and provocateur, dies at age 70
the guardian: genesis p-orridge obituary
spiegel online: maximal gelebt

[berlin / 07.03.2020] about blank: staub / strictly ://blank

da es sich mittlerweile eingebürgert hat, dass mensch nach der staub einfach bis zur nächsten party bleiben kann, die in diesem fall auch noch mit einem (dem anlass entsprechenden) kompletten damen-line-up auf den plan tritt, auf dem sich auch noch upsammy als eine derjenigen befindet, die für mich eines anno 2019 eines der besten sets des jahres gespielt hat, wird dies nicht nur einer der längsten schachtelsätze der letzten zeit, sondern auch ein double-feature. dafür bin ich etwas später bei der staub am start.

line-up

lobby
10:00 the mony
14:00 js park
18:00 qu er

23:30 kikelomo
01:30 jasmin & upsammy
07:00 dj fart in the club

mdf
14:00 farhan
16:00 zesknel live
17:30 axkan
19:30 denise rabe

00:30 jsky
02:30 sabine hoffmann & tigerhead
06:30 solaris

zelt
14:00 dix
18:00 ady toledano

01:30 future doctor
03:30 marlene stark

nachbetrachtung

die nachlese folgt gut drei jahre danach am 5. august 2023 und mit entsprechenden erinnerungslücken. bzw. die eine erinnerung überstrahlt alles: es war für mich die letzte party vor dem lockdown und damit (bis auf das kurze intermezzo im oktober / november 2021) der auftakt für die bis märz 2022 dauernde pause von club-innenräumen. was ich mit dieser pause alles an hoffnungen für den neustart verband und was sich dann doch nicht erfüllt hat – davon fange ich hier nicht an.
also versuche ich mal, irgendwie die fragmente zusammenzusetzen, die ich im ios-notizzettel und in shazam habe. viel wird das nicht, das schon mal vorneweg.

ich weiß noch, dass ich erst am frühen abend bei der staub angekommen bin, weil ich das b2b von jasmin und upsammy in voller länge mitbekommen wollte. das hab ich auch geschafft, wenn auch schon deutlich müde am ende. geht es nach anzahl der im notizzettel vermerkten tracks, hat ady toledano bei der staub eindruck hinterlassen. und wie qu er von mathew jonsons „decompression“ zu the prodigys „out of space“ gelangt ist, weiß ich beim besten willen nicht mehr.
der langsame neustart von kikelomo in der lobby gefiel mir schon mal sehr. sie ist mittlerweile regelmäßig in der panorama bar zu hören, müsste ich mal gezielt hin.
jasmin / upsammy wie zu erwarten kompromisslos. dj fart in the club dagegen mit einem tempo, das auch techno-affine angesprochen hat. den mdf habe ich zugegebenermaßen nicht nennenswert lange besucht, sonst wäre etwas hängengeblieben.

trackauswahl (*: shazam)

ady toledano:
nitzer ebb – let your body learn
green velvet – millie vanillie (feat. russoul)
etat solide – think about it
fiedel – andreas
jerome sydenham & dennis ferrer – timbuktu (pan african electro dub)

denise rabe:
two sided agency – mental system*
alex randal – claustrophobia*

kikelomo:
circuit 900 – deltaic region*
nkc – salon room*
noire – rage riddim*
neana – jawbreaker*
ase manual – senzu*
ploy – ramos*
dj rashad – in da club before eleven o’clock*
dj rashad – u see dem hoez (feat. dj gant-man)*

jasmin / upsammy:
antigone – dance*
quarta 330 – sabacco*
bjarki – bacteria ben*
dj stingray – sentiment
borderlandstate_the best kisser in la – the happy goose (and friends)*
hawerchuk – camel toe*
dead man’s chest – lo-freq soul*
a.fruit – obsession*

solaris:
negroni nails – white matter*
skee mask – trackheadz

dj fart in the club:
glyn hendry – dexy*
pearson sound – freeze cycle

einkäufe vom 11. februar 2020

reanimation einer kategorie, die seit sechseinhalb jahren brach liegt. wird längst nicht so ausführlich wie seinerzeit, mir ist aber irgendwie danach. beide aus dem hardwax, wo ich mittlerweile eher bei ausschließlich auf vinyl erhältlichen oder bei limitierten auflagen (so wie bei den beiden) vorbeischaue.

di’jital
efx creed ep
[tro tro-2]

so ganz weg war er seit direct beat / aux 88 zwar nicht, aber wie es bei mir nun mal gerne so ist, verlagert sich die aufmerksamkeit. electro ist mir als genre auch dann am liebsten, wenn es weniger die science-fiction-visionen bedienen möchte (da ist convextion / e.r.p. für mich jemand unter wenigen, der die unendlichen weiten zuverlässig greifbar erscheinen lässt. bei anderen driftet es gerne mal ins beliebige.). stattdessen lieber schnörkellos, gerne auch mit distortion.
diese ep fällt in die erste kategorie. variationen des gleichen themas in den ersten drei tracks, wobei die a1 gleich das beste tool abgibt und die b2 ihr dicht folgt. wer seine alten sachen kennt oder die weniger düsteren, eher funkigen ectomorph-sachen zu schätzen weiß, sollte hiermit glücklich werden.
(hardwax-soundbeispiele)

515 connection
call & response
[tdsr 515-001]

schippert im fahrwasser von grime, post-dubstep, uk-bass oder wie auch immer das gerade genannt wird.
die a-seite mit dem titeltrack trocken, passt in über den tellerrand hinausschauenden techno-sets wunderbar als lockerungsübung zwischen zwei geradlinige tracks und in dubstep-sets mit gleichem ansatz sowieso.
auf der b-seite sind so ein paar rave-signale versammelt, ohne dass der track komplett abhebt. muss aber auch nicht sein – ist eine schöne brücke in richtung abfahrt oder von ihr zurück.
(hardwax-soundbeispiele)

fiedel im interview mit monument

ich hatte erst sowas wie „monumentales fiedel-interview“ als überschrift im kopf. wäre aber zu dick aufgetragen und in puncto „wortspiele“ auch noch luft nach oben. weit.

er hat sich im letzten jahr für mich tatsächlich an marcel dettmann als vize-lieblings-resident vorbeigeschoben. das lag (neben seinen sets an sich) aber auch an der schlichten tatsache, dass er einfach häufiger auf meinen für den jeweiligen monat ausgewählten line-ups stand und dann auch noch zu humanen zeiten spielte. sein engagement bei der wax treatment (auch viel zu selten besucht) tat sein übriges.

nun also im gespräch mit monument – u.a. über super sound tool als sein neues label (bislang nur für vinylkäufer*innen), die musikindustrie im allgemeinen, wie er das berghain darin verortet und den aktuellen status rund um mmm.

klick

„ich mag straff führerzentrierte organisationen ohne flügel und werteunionen“ – martin sonneborn im interview mit telepolis

gerade noch die hufeisentheorie als das benannt, was sie ist (untauglich) und schon wird nachgelegt: mit einem interview, bei dem der fragende glücklicherweise den humor mitbringt, damit parteiübergreifend und unabhängig von politischen ausrichtungen (habe ich erwähnt, dass dieses links-rechts-schema sich eigentlich überholt haben sollte?) pointiert ausgeteilt werden kann. von anfang bis ende ein genuss – und ja, das hufeisen-video ist auch verlinkt.

klick

[berlin / 22.02.2020] diskothek melancholie 2: varvet 012

die reihe fand vorher im suicide club statt, den ich nach wie vor nur im vorbeigehen sehe. hab mir daher nicht deren (doch ganz schön guten) line-ups angesehen. sie ziehen zwar in einen kleineren, aber dafür charmanteren ort um. und natürlich gibt’s noch mehr grund zur freude, cora seit mehr als einem jahrzehnt wieder auf einem line-up in hiesigen gefilden zu sehen.

ablauf
00h00 cynthia stern
01h30 dave tarrida
03h30 cora s.
05h00 sdx
06h30 briain
xxhyy varvet residents

eintritt
10 euro

nachbetrachtung
das war eher ein klassentreffen, bei dem zaungäste weitestgehend gefehlt haben. aber dabei wenigstens leute wiedergetroffen, die ich in den letzten zehn bis zwölf jahren vielleicht zwei, drei mal gesehen habe. das war’s alleine wert.

dave tarrida fand ich überraschend gut. sagten mir seine produktionen in den letzten jahren (wie die von tobias schmidt) gar nicht mehr zu, war das ravig und funky zugleich.
bei cora einfach beim resümee aus dem ifz (9. november 2018) nachschauen, da ist die tracklist beinahe deckungsgleich. fing aber interessanterweise mit techno der breakigen natur an: lo.max – electrified als erste nummer, „wronged“ von tobias schmidt (vom für mich immer noch besten seiner alben) danach. der wechsel zu breakcore kam aber mit „subway lung“ von tokyo windbag zeitnah. klar trennte das auf der tanzfläche die spreu vom weizen (sprich: klasse vs. zaungäste).
sdx machte danach mit rauhen electro / breakbeats im techno-tempo weiter, „many many pings“ von blawan war einer der letzten tracks im set.

bin gegen 6 uhr auch los, als sich abzeichnete, dass kein schwung an leuten mehr kommen würde. das aber nicht nach hause, sondern in die alte münze, in der die mother’s finest auch in ihren letzten zügen lag. hatte also ein ähnliches problem wie die melancholie 2 an dem abend. aber es reichte noch für den guten eindruck, dass dort richtige toiletten hingebaut worden sind, die sogar den status der griessmühle übertreffen (gut, keine große kunst). und karima f konnte auch bis 9 uhr früh spielen. wirklicher zulauf herrschte an dem wochenende aber sicherlich woanders.