[berlin / 30.04.2025] lab.oratory: revolting

der tanz in den mai in der zu seltenen anlĂ€ssen fĂŒr alle geschlechter und vorlieben geöffneten spielstĂ€tte.

revolting

ablauf

23:00 nd_baumecker
01:00 valley dolly
04:00 romain fx
07:00 jorkes b2b paris böhm

nachbetrachtung

rein: 00:00 uhr
raus: 08:00 uhr

eine revolting nach gewohntem standard. also die ĂŒblich eklektische musikalische mischung und ab 1 uhr fĂŒr mich zu voller tanzflĂ€che. dabei gab’s stets die möglichkeit, in den abseitigen gĂ€ngen durchzukommen. es half dabei sehr, dass erneut die schlackehalle (also ein teil der unteren etage der halle) geöffnet hatte.
neu: kartenzahlung geht im lab jetzt auch an den bars.

der gastgeber (nd) fĂŒr mich mit nasenlĂ€nge voraus, aber alles auf schön hohem niveau. die fĂŒlle ist aus vergangenen ausgaben bekannt, somit waren die erwartungen klar und ich konnte mich damit arrangieren. mich freut’s vielmehr, dass die reihe nach wie vor ungebrochenen zuspruch bekommt.

notierte tracks

nd_baumecker

wallace – cravings (feat. love letters)
dina summer, kalipo & local suicide – who am i (club version)
django django – don’t touch that dial (feat. yuuko sings) (make a dance remix)
grand soleil – boulĂ©
demarkus lewis – body tonic
dj sneak – i can tell you what you want (dam swindle remix)

valley dolly

skrillex, boys noize, ty dolla $ign – midnight hour (dub mix)
mac-kee – kicking up
winx – how’s the music
blaze – lovelee dae (franck roger extended remix)
brodanse – miss your love

romain fx

romain fx – spacer woman (vocal version feat. kaona)
frankie goes to hollywood – welcome to the pleasuredome
mr. ho – bail-e (real mix)

jorkes b2b paris

snap! – the power (sergey kutsuev remix)

[berlin / 26.04.2025] ohm: objekt’s miraculous kaleidoscopic psychedelic technicolor wormhole from the club to infinity

es ist mal wieder soweit und ich um keinen hinkenden vergleich verlegen: objekts ohm-residency ist fĂŒr dieses wochenende die sandwichscheibe, die vom noch ofenwarmen brot aus der about-blank-bĂ€ckerei umrahmt wird. das wird wahrscheinlich Ă€hnlich voll wie auf dem mdf zur gleichen zeit, aber die drei protagonist*innen verheißen eine menge wissenszuwachs abseits ausgetretener pfade. da fĂ€llt’s mir leicht, die prioritĂ€ten zwischendurch zu verschieben.

nachbetrachtung

fazit vorab: nach jetzt drei ĂŒberzeugenden ausgaben nehme ich die „wormhole“ in den kanon meiner stammtermine auf. bisher war’s jedenfalls stets so, dass die verheißungen des line-ups auch vor ort eingelöst werden.

dieses mal kam noch der wohlfĂŒhlfaktor wĂ€hrend der hauptstoßzeiten hinzu. ich war bereits um 0:15 uhr vor der tĂŒr und die schlange mit 30-40 meter bereits lĂ€nger als die vom tresor zur gleichen zeit. was verhieß, dass es ohm-typisch ab 2 uhr zu voll werden könne.
eine halbe stunde spĂ€ter war ich drin und es ab 1:30/2:00 uhr auch gut gefĂŒllt, mit typischem durchgangsverkehr am hinteren ende der tanzflĂ€che und in beschlag genommenen sitzgelegenheiten neben der bar. aber meinem eindruck nach wurde im vergleich zu den letzten ausgaben bereits frĂŒher der einlassstopp verhĂ€ngt, so dass ca. 50 leute weniger im laden waren. und das macht im ohm einen ziemlichen unterschied. zu den meisten zeiten konnte ich mich am hinteren ende weitestgehend ungestört bewegen.
es haperte lediglich an meiner kondition – auch wenn ich genĂŒgend puffer zum schlafen nach dem about blank hatte, kamen dann doch vielleicht fĂŒnf, sechs stunden zusammen. bin daher mit etwas wehmĂŒtigem herzen gegen 6:30 uhr gegangen, da objekt in den fast anderthalb stunden den fĂŒr mich richtigen nerv zwischen techno, breakbeats und dubstep traf und dabei auch gerne mal akzente in richtung hĂ€rte setzte. jedoch war die aussicht auf einen sonntag im lieblingsgarten bei sonne und netten weggefĂ€hrt*innen zu verlockend und im nachhinein auch das richtige pferd, auf das ich gesetzt habe.

insgesamt fand ich in den gut fĂŒnfeinhalb stunden meiner anwesenheit msjy am mutigsten, weil sie quer durch stile und tempi ritt, dabei aber konsequent den roten faden behielt. gegen 2 uhr verlor sie mich mit dub mal kurz, weil das die sorte war, die mir etwas zu viel spannung aus dem bis dahin ganz schön treibenden set rausnahm. aber vielfalt sowie risiko gibt bei mir immer pluspunkte und noch dazu war eine viertelstunde spĂ€ter davon nichts mehr zu merken. sie zĂ€hlt fĂŒr mich damit zu denjenigen, die bewusst brĂŒche einbauen können und die leute damit auf lange sicht nicht verprellen.
mit dubstep, footwork (oder in welche schublade mensch einsortiert, was sie um die 160 bpm gespielt hat), drum & bass, dub und breakbeats mit mut zu großen tempiwechseln hat sie jedenfalls all das auf’s tableau gebracht, was mich schon bei ihrem reef-set ĂŒberzeugt hat.

pariah blieb tempotechnisch im techno-kompatiblen korridor um die 135 bpm (nicht getappt, eher gefĂŒhlt-geraten), aber stilistisch vielfĂ€ltig. hat gezeigt, dass experimentierfreudigkeit durchaus auch mit geraden kickdrums geht und samba-elemente einzug in eben solche sets halten können.

notierte tracks (mit ablauf des abends durch nennung der jeweiligen startzeiten in klammern)

msjy (00:00)
dual monitor – step pattern
joey – spooky emote
st. amp – cave
flvxx – murdah (feat. a-tweed)
the untouchables – ragga ting
dj jm – squash
muadeep – words of a preacher

pariah (02:30)
cari lekebusch – erratic movements pt. 2
krusher – me to do (motion unit remix)
surgeon – waiting for me pt. 3
felix da housecat – kickdrum
the chemical brothers – electronic battle weapon 1
ben klock – wolf
storm on earth – signal

objekt (05:00)
benny ill / kode9 / the culprit – fat larry’s skank
rroxymore – nightbite
planetary assault systems – function 4
disco vumbi – jo-ducuroma
cluekid – spider monkey
oliver ho – awakening the sentient part 2

[berlin / 25.-27.04.2025] about blank: fifteen love – advantage blank

die lieblingsautonomendiskothek feiert mal wieder geburtstag, hat sich mit einer startnext-kampagne geld gewĂŒnscht, das mangels kulturförderung ausbleibt und fackelt das zu anlĂ€ssen wie diesem ĂŒbliche feuerwerk ab.
bei mir kommt dieses wochenende noch eine option (sage ich doch mal, wie es ist: objekt im ohm) dazu. daher ist der grob vorlĂ€ufige plan: freitagabendauftakt mit den konzerten auf dem mdf mitnehmen und es darĂŒber hinaus nicht zu lang werden lassen. samstag dann pause, sonntagmittag / -nachmittag zurĂŒck und kurz nach mitternacht weg.

ablauf (nach floors aufgeteilt)

garten
freitag, 25.04.2025:
14:00 ://my heart is a kinderdisco
19:00 umbaupause
20:00 sektempfang
20:30 fundsachenversteigerung mit gisela sommer & inge borg sowie d’accord & rattenchor
22:00 pause
samstag, 26.04.2025:
17:30 c:ko & guest live
18:45 bruno nagel studio live
19:45 sinem live
21:00 mutter live
22:00 pause
sonntag, 27.04.2025
10:00 jessamine
12:00 wasn & wunderwaffel
14:00 kalipo live
15:00 barbara hofmann
17:00 jenz steiner live
18:00 cyan85
20:00 hanna baertig
22:00 ende

mdf
freitag, 25.04.2025:
21:30 pizza 3 euro live
22:25 diensthund live
23:20 lagerregal live
00:00 pause
samstag, 26.04.2025:
02:00 alex.do
04:00 sylvie maziarz
06:00 melatronix
08:00 jaamann
10:00 pause
16:00 rodmin
19:00 mascha
21:00 hang aoki
23:00 jamaica suk live
sonntag, 27.04.2025:
00:00 guy kashpitzky
02:30 milena glowacka
05:00 fr. jpla
07:30 kwaint
10:00 ahu
12:30 fabrizio lapiana
15:00 caleb esc
17:30 a:tok
20:00 rill b2b reka zalan
23:00 v:sonntag
montag, 28.04.2025:
02:00 anja zaube

lobby
freitag, 25.04.2025:
23:00 eurobabes
samstag, 26.04.2025:
02:00 s-ray
04:00 dj https
06:00 sacid
08:00 pause
22:00 soela
sonntag, 27.04.2025:
00:00 lawrence
02:30 lydia eisenblÀtter
05:00 karete bu
07:00 vilma b2b bkmn
10:00 pause
22:00 iron curtis b2b johannes albert
montag, 28.04.2025:
00:30 diwa b2b eva

zelt
freitag, 25.04.2025:
20:00 hks97
02:00 pause
samstag, 26.04.2025:
08:00 thnts b2b vy tran
12:00 pause
23:00 disco destiny
sonntag, 27.04.2025:
02:00 bobbi bouletti

beach
samstag, 26.04.2025:
12:00 choreophila b2b multifun
14:00 tamarawrx3
16:00 beqqi
18:00 christa k
20:00 valeby
22:00 ende

hĂŒtte
sonntag, 27.04.2025:
01:00 staub allstars

nachbetrachtung

mein eingangs geschildeter plan ging auf, bis auf dass ich trotz großzĂŒgig eingeplanten schlaffenstern nicht genug davon (gemeint ist der schlaf) bekam. das sind jedoch fragen, die mein unterbewusstsein betreffen.

zwei schichten:
numero eins freitagabend, 20:15 uhr bis samstagnacht, 2:15 uhr.
numero zwei sonntagnachmittag, 15:15 uhr bis 1:00 uhr in der nacht von sonntag auf montag.

davon keine sekunde bereut, mich vielmehr fĂŒr das blank gefreut, dass es das dritte wochenende in folge ordentlich voll war. ging sogar soweit, dass sonntagnachmittag nur noch bĂ€ndchen- und ticketinhaber*innen eingelassen worden sind.
das publikum zeigte sich bei beiden schichten von der besten seite, wobei ich da nicht fĂŒr die lobby am freitagabend sprechen kann. dort lief der zeitgemĂ€ĂŸe tiktok-trance mit hoher schlagzahl (und stellenweise acid-einschlag), der die jungen leute ™ abholt, aber mich leider nicht. hab aus der ferne nur die volle tanzflĂ€che der lobby gesehen und es bei dem eindruck belassen. wenn es den nachwuchs an den club bindet, kann ich das in kauf nehmen. in der zeit zwischen 0:20 uhr (als lagerregal auf dem mdf fertig waren) und 2:00 uhr war damit fĂŒr mich musikalisch ein wenig leerlauf – wĂ€re da nicht hks97 im zelt gewesen, der dort house spielte.
weiterer vorteil: alex.do musste sich nach toresöffnung auf dem mdf nicht lange mit dem warm-up aufhalten, sondern hatte eine nach zehn minuten schon sehr schön gefĂŒllte tanzflĂ€che vor sich. melodischer tribal-techno funktionierte in der ersten viertelstunde wie von selbst.
bei den konzerten sind pizza 3 euro meine eindeutigen favorit*innen. punkband aus leipzig, bislang leider ohne veröffentlichungen, dafĂŒr mit queerem einschlag und mitsingpotential, ohne dabei gĂ€ngige klischees zu bedienen. lagerregal war live-improvisation mit elektronischer rhythmusfraktion, dadaistischem gesang, holzblasintrumenten wie einer klarinette. als ĂŒbergang zum restlichen geschehen des wochenendes auf dem mdf okay, aber gezielt wĂŒrde ich keines ihrer konzerte besuchen.

der sonntag stand im zeichen des auffĂŒllens von vitamin-d-reserven. den mdf habe ich daher nur mal fĂŒr sekunden beim reingehen gesehen und bin direkt in den garten, wo barbara hofmann das fĂŒr mich beste set des wochenendes gespielt hat. fokus auf melodischem house, konnte aber auch durchaus technoid werden. jenz steiner spaltete danach die gemĂŒter und im wahrsten sinne des wortes auch das publikum – an einer stelle ließ er die jeweils eine seite vortanzen und die andere applaudieren bzw. anfeuern, dann umgekehrt. noch dazu freestyle-raps ĂŒber gesamplete tracks (mir ist da nur „fight the power“ von public enemy in erinnerung, das ging jedoch auch wesentlich trashiger). ich mag trash, gerade in so einem rahmen. aber den auf tanzbares unter freiem himmel geeichten vertreter*innen im publikum war das durchaus zuviel. mir gefiel die konsequenz, mit der er sein programm durchgezogen und vor allem positive botschaften verbreitet hat.
cyan85 war fĂŒr mich eher hintergrundbeschallung zum plaudern, hanna baertig brauchte etwas anlaufzeit, um ins set zu finden. war aber erstens nicht weiter wild, weil zweitens in der zweiten stunde super in der spur. leider bin ich durch die tresor-schließung vor 20 jahren vorbelastet, was „der traum ist aus“ von ton steine scherben angeht. daher bin ich vor dem endgĂŒltigen ende ihres sets richtung mdf, auf dem reka und rill schnörkellos trocken treibend spielten. ab dann das fĂŒr mich im vergleich zu freitag auf samstag umgekehrte problem: gute musik auf beiden floors. war bei iron curtis sowie johannes albert durch die bewegungsfreiheit schon vorab klar. von v:sonntag kannte ich nur die vorschusslorbeeren, und denen wurde sie gerecht. die art von schnellerem, minimalerem techno mit melodiesprenkseln, die bei manch letzten staub-ausgaben schon zu hören war und fĂŒr mich definitiv was hat. merke ich mir. von diwa und eva habe ich nur die ersten paar platten mitbekommen, da ist mein eindruck (wie bei alex.do auch) nicht reprĂ€sentativ.

der april bot jedenfalls schon mal anlass zur hoffnung fĂŒr den sommer. ich denke schon, dass der sich gut ausgehen wird. das angebot fĂŒr den sektgarten fĂŒr die ersten wochen ab mai steht, konzerte sind ebenfalls anberaumt und um die politische stabilitĂ€t mache ich mir bei dem laden nun wirklich keine sorgen. der geburtstag hat mir gleich am freitag verdeutlicht, wie systemrelevant das blank ist und bleibt. ich hatte den eindruck, dass das die mehrzahl der anwesenden ebenfalls sehr wohl wusste.

notierte tracks

hks97
levon vincent – 4am rush
gwen mccrae – keep the fire burning (schlusstrack)

barbara hofmann
l.b. dub corp – krank
wassermann – w.i.r. (dj hell remix)
robag wruhme – yes
Ăąme – asa

hanna baertig
gat decor – passion (naked edit)
luke slater – love
floorplan – never grow old (re-plant) (direkt danach)
ton steine scherben – der traum ist aus

v:sonntag
ben reymann – wired

[berlin / 12.04.2025] berghain: klubnacht

termin numero zwei zum double.

barker hat erstens mit „stochastic drift“ ein sehr gutes nachfolge-album zu „utility“ veröffentlicht, zweitens der groove dazu ein schönes interview gegeben und spielt daher drittens zeitlich sowie inhaltlich passend mit jakojako live in der sĂ€ule.

klubnacht

berghain
00:00 kangding ray
04:30 yant
08:30 alienata
12:30 lily ackerman
16:30 aurora halal
20:30 zisko
00:30 kyle geiger

panorama bar
00:00 naomi
04:00 lovefoxy
08:00 dj subaru
12:00 soft crash
16:00 david vunk
20:00 shubostar
00:00 nick höppner

sÀule
19:00 barker & jakojako live

nachbetrachtung

rein: 12:15 uhr
raus: 23:30 uhr

damit leider nur den schluss von alienata mitbekommen. da wĂ€re meinerseits sogar noch mehr drin gewesen, da ich bereits gegen 8:30 uhr wach war, mich aber nochmal umgedreht und so fast eine stunde schlaf mehr abbekommen habe. was aber nichts an der tatsache Ă€ndert, dass es nach der staub sowie sich anschließender kassenschicht bei der transition mit vier, fĂŒnf stunden zu wenig schlaf war. und das hat meine tagesform erheblich beeinflusst: es hĂ€tte schon eine wirkliche musikalische offenbarung gebraucht, um die hintergrundmĂŒdigkeit völlig zu vertreiben. der verlĂ€ngerte espresso von der sĂ€ulen-bar schuf nach 16 uhr nochmal abhilfe.

barker und jakojako ebenfalls. erstmal, weil sie zwar nach meinen erwartungen spielten, diese jedoch durch unvorhergesehenes ergÀnzten. beide produzieren sehr melodisch, barker gerne verkopfter und die regeln des techno ausreizend (abwesenheit von kickdrums, was durch synth-filter sowie gating ersetzt wird), jakojako mir meistens eine spur zu trancig.
ich habe keine ahnung, wie deren arbeitsteilung zum anlass dieses live-acts aussah, also ob jakojako bspw. die rhythmusfraktion ĂŒbernommen hat, wĂ€hrend barker sich um das melodische kĂŒmmerte. fĂŒr mich steht fest: sie könnten die aufnahme des sets nehmen, die tracks etwas editieren und das ganze als album veröffentlichen. das ging bereits bei ziemlich hohem tempo mit gebrochenen kickdrums und dubtechno-fundament los und entwickelte sich zur perfekten hochzeit aus melodischer electronica mit mal mehr, mal weniger abstrakten rhythmen (und sogar einer waschechten reese-bassline mittendrin). richtig toll. und auch meine „taktik“, mich einfach mal vorne links seitig direkt vor einer der sĂ€ulen zu positionieren und den platz auch so zu behalten, ging irgendwie auf. wobei ich mir selten so hĂ€ufig den hinterkopf gestoßen habe. an dem standort war der fĂŒllgrad jedoch sehr gut auszuhalten.

ĂŒberfĂŒllt war’s allgemein nicht. in den gut 11 stunden meines besuchs gab es vielleicht kurz vor dem live-act eine nennenswerte schlange, die blieb aber auch lediglich in den gittern. das wird am kommenden snax-wochenende mit absoluter sicherheit anders aussehen, aber den spaß ĂŒberlasse ich anderen. die stimmung dieses mal durchgĂ€ngig gut. im berghain war’s auf der tanzflĂ€che fĂŒr meine begriffe bis 16 uhr ziemlich human, danach nah am sonntagabend-standard, jedoch stets mit raum auf der darkroom-seite. die rechte seite vor dem podest kann ich mittlerweile ab sonntagnachmittag völlig vergessen.
in der panorama bar war’s bei soft crash (also dem duo phase fatale & pablo bozzi) am vollsten. auch verstĂ€ndlich, weil sie dort ein durchgĂ€ngig forderndes set mit mal mehr, mal minder technoidem house, manchmal mit etwas piano, manchmal mit etwas vocals spielten. wenn irgendwer das haar in der suppe finden möchte: der promotext zum termin auf dem flyer nannte italo-disco als thematische klammer, die alle djs vereinte. das hat eigentlich nur shubostar ansatzweise eingelöst. der rest ließ sich nicht in eine schublade stecken, bei david vunk wurde es zwischendurch bspw. mit randomer richtiggehend technoid.

im berghain war es eher melodiöser. kann bei mir bekanntermaßen schwierig werden, daher kam ich auch nicht wirklich in das set von lily ackerman. was aber an mir liegt. den slot, bei dem sich das publikum austauscht, hat sie souverĂ€n gemeistert und ihr set durch ein paar klassiker sowie auch zeitgemĂ€ĂŸ toolige tracks aufgelockert. auch wenn die liste an notierten tracks es anders aussehen lĂ€sst: soft crash liegen im direkten vergleich fĂŒr mich vorne. aurora halal hingegen schafft es immer wieder, mir psytrance-artige klĂ€nge richtig gut zu verkaufen und gehört in puncto set-dramaturgie eh zu den besten, da sie passend zum stil die spannung in nuancen auf- und abbaut. zisko mit dem derzeit angesagten tribal-techno-neuaufguss, der im pre-closing-slot seine wirkung nicht verfehlte, bei mir aber auch nicht den drang ausgelöst hat, davon irgendwas per shazam identifizieren zu wollen.

unter’m strich ein solider berghain-besuch. abgesehen von der revolting war dies das fĂŒr mich tatsĂ€chlich beste angebot im april und der fokus auf melodien mit dem ablaufplan tagsĂŒber erwartbar. insofern wusste ich, worauf ich mich einlasse. objektiv waren alle sets fĂŒr die uhrzeit sowie setting völlig stimmig, es lag eher an meinem fitheitsgrad bzw. dem mangel daran. fĂŒr den mai weiß ich noch nicht final, welcher der sonntage es werden soll – da sind mehrere optionen attraktiv. und ich werde versuchen, dass das auch fĂŒr meine kondition gilt.

notierte tracks

lily ackerman
nĂžrbak – flauta
flavia laus & dinamite – urĂłboros
dave clarke – wisdom to the wise
lakej – no regrets
emmanuel top – acid phase (zum schluss)

soft crash
999 & amadeas – find the answer (pig & dan remix)

david vunk
randomer – bring

aurora halal
linear system – motions
buzz kill – do ma ting (buzz kill remix)
stare5 – we will not

shubostar
new order – bizarre love triangle

[berlin / 12.04.2025] about blank: staub

ein double-wochenende, termin numero eins. der beginn liegt seit geraumer zeit bei 12 uhr, diesmal geht es in die transition ĂŒber. dort sitze ich an der kasse, entsprechend spĂ€ter schlage ich bei der staub auf.

ablauf

garten
12:00 beat. + transmitter
15:00 amely neko
17:00 end train
19:30 a:tok

mdf
15:00 karina saakyan
18:00 stanislav tolkachev
20:00 pulso

nachbetrachtung

lĂ€ngst nicht so ausfĂŒhrlich und daher mit wesentlich weniger notierten tracks als sonst. ich war erst um 18 uhr vor ort und mental eigentlich zur hĂ€lfte bei der anstehenden kassenschicht. mit der anderen bei den leuten, mit denen ich mich unterhalten habe. vulgo: eine laberstaub. musikalisch im guten mittelfeld, ohne dass mich wirklich etwas mitgerissen hĂ€tte. muss aber auch nicht – menschlich war’s wie immer die eins mit sternchen.

obwohl’s wettertechnisch etwas frischer als im letzten jahr war, fand die inoffizielle garten-eröffnung wieder am staub-wochenende statt. die fĂŒlle hĂ€tte auch nichts anderes zugelassen. bei meiner ankunft reichte die schlange bis in die kurve, und voll war’s zu der zeit draußen definitiv schon. bestĂ€tigt den trend der letzten monate, freut mich weiterhin sehr.
da das mit dem unterhalten draußen wesentlich besser geht und end train einen schön trippigen, a:tok darauf folgend einen minimaleren, von melodischem house zum abschluss geprĂ€gten soundtrack lieferte, war ich bis 20:30 uhr fast nur im garten. nur mal kurz zwischendurch bei stanislav tolkachev, der da gerade seine phase an tracks mit melodischen sequenzen aus modular-synthesizern auslebte. holte mich zu dem zeitpunkt leider nicht ab, ist aber auch meinem geschmack geschuldet. bei meiner ankunft spielte er noch brachialer, mit breakbeats obendrein. pulso fand ich im direkten vergleich mit auch melodiösem einschlag bei insgesamt minimalerer Ă€sthetik besser.

notierte tracks

a:tok
foremost poets – moon raker (acapella) (als erster track)

pulso
jeff mills – sweet scent of fear

r.i.p. bridgette banks

zur transparenz: ich hab davon am samstagmorgen des 5. april 2025 auf dem flughafen in barcelona im wartebereich auf dem instagram-account von submerge gelesen und komme leider erst jetzt dazu, ein paar zeilen darĂŒber zu verfassen. wollte dies nicht zwischen tĂŒr und angel machen.

sie war die frau hinter den kulissen. kĂ€ufer*innen von detroiter vinyl kamen außerhalb von motor city eher mittelbar mit ihr in verbindung, wĂ€hrend ihr bruder (mad mike) die idee des gesichtslosen techno mit militantem anstrich als botschafter in die welt trug.
das wÀre ohne sie nicht möglich gewesen. bridgette war eine der tragenden sÀulen des submerge-vertriebs. noch deutlicher: ohne sie hÀtte es den nicht gegeben. ihr anteil an der weltweiten verbreitung der in vinyl geritzten botschaften ist nicht zu ermessen.

ich hatte anno 2017 bei meiner reise nach detroit die ehre, dass sie meine „betreuerin“ beim besuch des submerge-/ur-hauptquartiers am east grand boulevard war. damals war ein besuch nur per vorheriger anmeldung möglich. heute gilt das noch fĂŒr exhibit 3000 (die ausstellung, die bridgette mit aufgebaut hat), jedoch nicht fĂŒr den plattenladen.
zwar hilft es, wenn mensch mit etwas vorwissen ĂŒber die rolle detroits bei techno anreist. dank bridgettes anekdoten wurde exhibit 3000 jedoch erst recht zum leben erweckt. wer in europa nur darĂŒber gelesen hat, dass underground resistance neben dem label eine richtige gemeinschaft ist, in der sich jede*r im kollektiv um jede*n kĂŒmmert, kann sich vor ort ĂŒberzeugen. bridgette war eine der personen, bei denen von beginn an kein zweifel besteht, dass sie die gute seele ist, die im hintergrund alles zusammenhĂ€lt. mir ist selten so viel wĂ€rme, stolz, bescheidenheit und großzĂŒgigkeit in einer person begegnet. mein besuch in den heiligen hallen zĂ€hlt wegen ihr zu den höhepunkten des urlaubs.

sie ist bereits am 14. november 2024 mit nur 60 jahren an krebs verstorben.

r.i.p. bridgette.

nachruf von cornelius harris bei submerge

[wuppertal / 05.04.2025] open ground: extended clubnight

auf den termin habe ich seit januar geschielt und mache nĂ€gel mit köpfen – unter der bedingung, dass mit dem flug aus barcelona alles klappt.

extended clubnight

freifeld
19:00 elke
20:30 calibre
22:00 klaus
23:30 sp:mc
01:30 calibre*
03:30 doc scott*
*: mit sp:mc als mc

annex
23:00 elke
01:00 klaus

nachbetrachtung

(die zeiten sind etwas glattgezogen)
rein: 19:30 uhr
raus: 2:30 uhr

und obwohl mein frĂŒher aufbruch anderes vermuten lĂ€sst: das war hervorragend und hat fĂŒr die im ersten quartal nicht stattfindende reef mehr als entschĂ€digt.

mein nach berlin-standards frĂŒher aufbruch lag mitnichten an mangelnder stimmung oder enttĂ€uschten musikalischen hoffnungen. das wurde alles ĂŒbererfĂŒllt. viemehr lag es daran, dass mein flug von barcelona nach dĂŒsseldorf am samstagmorgen um 9:30 uhr ging. auf reisen bin ich lieber pĂŒnktlich an bahnhöfen oder flughĂ€fen und deshalb in der nacht zuvor so unruhig, dass es nur zu etappenweisem schlaf reicht. heißt im klartext, dass ich zur zeit meines aufbruchs aus dem open ground fast 22 stunden wach war, nachdem ich in der nacht zuvor vielleicht drei, vier stunden und nachmittags im hotel eine halbe bis eine stunde schlaf abbekommen hatte. da mir selbst im wachen zustand nicht so der sinn nach menschenmassen steht und ich auch keine lust auf taktieren habe, an welchem ende der tanzflĂ€che ich am ungestörtesten bin, war der aufbruch fĂŒr mich nach sieben stunden im club völlig vertretbar. das flemings hotel in fußlĂ€ufiger nĂ€he bietet den standardmĂ€ĂŸigen check-out um 12 uhr an, insofern war schlaf die beste alternative bis zur zugabfahrt gegen 11:15 uhr.

zu dem einen haar in der suppe: musikalisch hĂ€tte es fĂŒr mich mehr sinn ergeben, die slots von elke und calibre im freifeld zu tauschen, weil er in der ersten stunde seines ersten sets konsequent ambient spielte (und das sehr gekonnt), elke jedoch durchaus abstrakt und dabei tanzbar. das hĂ€tte mit klaus im anschluss besser gepasst, der mit tracks aus seiner feder hin zu freejazz, dub, dancehall, hip hop und post-dubstep eine beispielhafte dramaturgie hingelegt hat. zwar war calibre in der letzten halben stunde seines ersten sets auch beinahe housig mit bass-schlagseite unterwegs, passte also auch. aber so blieb der eindruck, dass sowohl elke als auch calibre den abend fĂŒr sich jeweils neu aufgebaut haben.
das ist jedoch jammern auf verdammt hohem niveau. ich war vielmehr erstaunt ĂŒber die geduld des publikums, das wahrscheinlich weitestgehend den beipackzettel zur party gelesen hatte. das freifeld war jedenfalls beim ersten calibre-set schon gut halbvoll, ohne dass irgendwer dort anstalten machte, mehr partytaugliches fordern zu wollen.
das konzept ging an dem abend ergo völlig auf. bereits bei sp:mc war’s auf dem freifeld schon ordentlich voll. noch dazu setzte er konsequent auf garage, was nur was fĂŒr mich ist, wenn die tracks etwas rauher sind. den leuten gefiel’s, also liegt’s eher an meinen prĂ€ferenzen. ich fand mich in der zeit bei elke besser aufgehoben und ihn als mc bei calibre im anschluss super. da brannte die hĂŒtte mit drum&bass und nur in der hintersten ecke auf der bĂŒhne war noch platz, ohne dass ich mich vom durchgangsverkehr genervt gefĂŒhlt hĂ€tte. auch am eingang zum freifeld standen ein paar leute herum, die sich den hochbetrieb auf der tanzflĂ€che nicht antun wollten. das tat der ausgelassenen, positiven stimmung jedoch keinen abbruch – leute forderten rewinds und bekamen sie. fĂŒr mich haben anlage und raum im einklang mit der musik auf dem freifeld völlig ihre qualitĂ€ten ausgespielt. die rĂ€umlichkeit wurde mir insbesondere in den ersten vier stunden einmal mehr deutlich, die transparenz kam noch obendrauf und die bassfrequenzen hallen an unterschiedlichen stellen im körper wider.
den annex habe ich mir nach den beschreibungen als floor kleiner vorgestellt, aber der schlauch zieht sich bis ans ende der lobby und bietet locker platz fĂŒr 200 leute. sowohl elke als auch klaus dort mit dubstep, wenn mensch das großzĂŒgig definiert. hĂ€tte ich auch schön gefunden, wenn das auf dem freifeld gelaufen wĂ€re, aber das ergibt sich irgendwann mal sicherlich. das licht dort jedenfalls sehr spĂ€rlich, die bar kann durchaus zum nadelöhr werden, und obwohl der floor soundtechnisch nicht so ĂŒppig wie das freifeld ausgestattet ist, wirkt er nicht stiefmĂŒtterlich. die fĂŒr’s open ground typischen absorber sind auch dort an den wĂ€nden verbaut und die zu beschallende flĂ€che um einiges kleiner als im freifeld, so dass auch schon weniger viel hilft.

womit ich bei der betrachtung des open ground als club an sich angekommen wĂ€re, wo es bei mir aufgrund der distanz (und zugegebenermaßen: auch bequemlichkeit) nur zu seltenen momentaufnahmen kommt. ich habe mir nach dem samstag jedoch vorgenommen, mir den club wenigstens halbjĂ€hrlich mal anzuschauen und ertappe mich auch dabei, wie ich deren website quasi tĂ€glich auf neue termine aktualisiere.
um etwas selbstreferentiell zu werden: in der nachbetrachtung meines ersten besuchs hatte ich bemĂ€ngelt, dass die termine zu kurzfristig bekannt gegeben werden (mitte mĂ€rz 2024 wusste mensch nur fĂŒr die nĂ€chsten fĂŒnf wochen bescheid). das hat sich stark verbessert: am heutigen 7. april 2025 kann mensch bis ende mai 2025 planen. und sogar zwei juni-dates stehen fest: darunter am 14. juni mit der abyss als reef-ableger ein weiteres gefundenes fressen fĂŒr bassliebhaber*innen, wo ich aller voraussicht nach leider nicht kann. und das wird der erste weekender bis in den sonntag hinein, was eine sehr mutige ansage ist. auch der calibre-termin stand seit januar fest und machte den connaisseur*innen den mund wĂ€ssrig. da wird die social-media-prĂ€senz sowie die vorarbeit von ihm und kĂŒnstlerisch artverwandten acts auch hineingespielt haben. diese kombination hat offensichtlich sehr gut funktioniert und auch ein internationales publikum angesprochen – ich habe jedenfalls einige leute englisch und hollĂ€ndisch reden hören.
bei techno-bookings wird Ă€hnlich verfahren: kaliber wie dvs1 oder freddy k sind auch im ruhrgebiet sichere treffer, wurden mehrere wochen im voraus als headliner bekannt gegeben und haben den club im vergangenen jahr laut reddit-postings sehr gut gefĂŒllt. letzterer bestreitet ende mai sein erstes marathon-set im freifeld – zugleich gibt’s 20 jahre tectonic im annex. das steht seit wenigstens mitte mĂ€rz auf der website und erleichtert die vorausplanung ĂŒber zwei monate ungemein. die techno-bookings als sichere bank an den meisten der wochenenden spĂŒlen die leute in den club – mit einer bass-music nacht im direkten vergleich merkt mensch, wofĂŒr ort und anlage eigentlich ausgelegt sind. beides folgt nach wie vor hohen standards, die ich vor einem guten jahr als etwas schulmeisterisch bezeichnet habe, jedoch im positiven sinne fĂŒr eine gewisse sturheit der macher*innen spricht: erstmal das angebot mit hoher qualitĂ€t zu machen und darauf vertrauen, dass sich die einlösung dieser versprechen auch herumspricht.
ein weiterer punkt, der fĂŒr die klare linie beim gleichzeitigen fahren auf lange sicht spricht: residents. die sind zwar zur hĂ€lfte aus berlin, jedoch im wechsel alle zwei monate im line-up zu finden und teilen allesamt die ĂŒber techno hinausgehende musikalische vision. dazu ergĂ€nzend mittlerweile: die donnerstage, die bereits um 20 uhr beginnen, um mitternacht vorbei sind und keinen eintritt kosten. das freifeld bleibt da geschlossen, es wird die lobby mit musik aus dem annex beschallt, wo sich zwei djs aus dem lokalen umfeld ausprobieren können. ergo nachwuchsförderung, was im idealfall auch in örtliche residents mĂŒnden kann. und zugleich auch eine niedrigschwellige möglichkeit fĂŒr leute aus dem umland bietet, sich den club unter der woche mal anzuschauen.
apropos lobby: dort wurde nachverdichtet. neben den holzbĂ€nken und den betonquadern stehen jetzt auch ledercouches an den fenstern zum hof (also dem raucherbereich). macht das alles gleich viel gemĂŒtlicher. zusĂ€tzlich hat das open ground durch vereinzelte tags und aufkleber mittlerweile sowas wie eine club-patina angesetzt, die led-röhren leuchten nicht mehr ausschließlich orange, sondern wechseln die farben. und wenn mehr als 500 leute dort sind, stimmt auch die atmosphĂ€re.
auch am organisatorischen wurde gedreht: die auswahl der gĂ€ste findet jetzt frĂŒher, am oberen ende der treppe statt. selekteurin sowie security stehen unter einer ĂŒberdachung, sie erklĂ€rt einem die awareness-regeln, die auch nochmal an der garderobe stehen. die security ist grĂŒndlich, aber dabei auch kommunikativ. das alles hat den vorteil, dass mensch nach absolviertem abtasten einfach nur runtergehen muss. dort ist die kasse jetzt vor der (nach wie vor kostenlosen) garderobe, selbige ist zum kiosk aufgestockt. dazwischen noch das telefon abkleben lassen. hat zwar einen beim zweiten calibre-set auch nicht vom filmen abgehalten, aber die unverbesserlichen gibt es immer. des einen freud, des anderen leid: abgesehen von der lobby hat mensch im open ground keinen empfang. freud, weil die leute auf den tanzflĂ€chen nicht damit beschĂ€ftigt sind, ihre social-media-kanĂ€le zu aktualisieren und somit eher im augenblick sind. leid, weil shazam dazu verdammt ist, im offline-modus schnipsel zu sammeln, und mensch selbst auf die hoffnung setzen muss, dass darunter was identifizierbares ist.
das personal: nach wie vor ungemein freundlich, zwischen generation x und z alles vertreten, beim publikum kam ich mir als mittvierziger nicht zu alt vor. das alles auch bodenstÀndiger und nicht so elitÀr, wie es die berliner*innen gerne mal vor sich hertragen, was auch mal erfrischend ist.

wie beim berghain, das auch auf die langzeitperspektive gesetzt und damit gewonnen hat: so ein abend wird definitiv dazu beitragen, dass die mund-zu-mund-propaganda auch um das open ground herum gedeiht – und auch hoffentlich dazu, dass calibre öfter einen abend kuratieren darf. ich wĂŒrde bei einem Ă€hnlichen programm definitiv wieder auf der matte stehen.

wenn sich solche nĂ€chte wiederholen, hat das open ground absolut potential, was großes und zu einer aus europĂ€ischer perspektive etwas zentraler gelegenen alternative zum berghain zu werden. diesem ist der eskapismus nach wie vor nicht zu nehmen. aber wenn ein anspruchsvolles booking auf solch offene ohren und quasi ideale technische gegebenheiten trifft, kann das fĂŒr die connaisseur*innen, die nicht mehr party um jeden preis haben möchten, zu einer der ersten adressen werden.

notierte tracks (die horizontalen striche markieren die grenze zwischen dem ersten und dem zweiten set)

elke
emissive – resounding yes
iya shillelagh – regenaration

pearson sound – slingshot
pearson sound – hornet
arma – clap trak

calibre
calibre – colby park
calibre – a river alone

calibre – i don’t care wot u say

klaus
mount kimbie – adriatic (klaus remix)
john surman & jack dejohnette – mysterium
mobb deep – reach

mala – conference

[barcelona / 29.03.2025] laut: selectors

anika kunst hat im berghain bereits ihr können unter beweis gestellt, hier nun auf heimischem boden, flankiert von einem veteran. und ein intimer rahmen noch dazu.

selectors
anika kunst
ben sims

start: 23:59 uhr
ende: 05:00 uhr

nachbetrachtung

rein: 0:30 uhr
raus: 4:30 uhr, wobei das nach sommerzeit ist. es waren also netto drei stunden.

kurzfazit voran: eine kleine, nach außen hin unscheinbare keimzelle fĂŒr techno (zumindest am wochenende) mit gutem sound und passender Ă€sthetik. mensch muss sich halt vorab mit dem line-up beschĂ€ftigen, da es „nur“ den einen floor gibt. anika kunst fĂŒr mich abwechslungsreicher als ben sims, der jedoch schlicht und ergreifend abgeliefert hat.

ansonsten wird’s schwierig, das nitsa nicht stĂ€ndig als vergleich heranzuziehen. inhaltlich habe ich mich dort in der nacht zuvor besser aufgehoben gefĂŒhlt, allerdings war mir auch vorab klar, was mich bei ben sims erwartet. grundsĂ€tzlich ist das laut der fĂŒr mich wesentlich sympathischere club. genauso wie das nitsa zwar kein grund, extra deswegen nach barcelona zu fliegen, aber wenn ich das nĂ€chste mal an einem wochenende hier bin, wĂŒrde ich wieder hin.
nach außen hin sehr unprĂ€tentiös. ich war aber auch wieder zu frĂŒh da – kurz nach mitternacht war noch nicht geöffnet, kurz vor 0:30 uhr hingegen schon. draußen kein schild, keine leuchtreklame, lediglich eine geöffnete tĂŒr mit security davor lĂ€sst darauf schließen, dass hier ein club ist. schon mal sympathisch.
die schlange beginnt dann drinnen im gang vor der kasse, was den lĂ€rm von der straße minimiert – clever gelöst, da der club mitten in einem wohngebiet liegt. die wartezeit lĂ€sst einem genĂŒgend zeit fĂŒr die vorbereitung: erstmal das ticket bereit haben. die frage nach eben diesem war auch die einzige, die mir vom tĂŒrsteher gestellt worden ist (ich hatte am donnerstag nach einigen anlĂ€ufen glĂŒck beim wiederverkauf). da das laut nach angaben von residentadvisor fĂŒr 230 leute ausgelegt ist und menschenauflĂ€ufe vor der tĂŒr vermieden werden wollen, gibt es keine abendkasse, stattdessen tickets im vorverkauf. was dazu fĂŒhrt, dass die besucher*innen idealerweise wissen, worauf sie sich bei dem line-up einlassen. zweitens (fĂŒr die kĂ€lteren monate relevant) kann mensch schon mal die nicht benötigten anziehsachen bereitlegen: die kasse ist zugleich garderobe. und hier sehr fair: keine extrakosten, ist im eintrittspreis inklusive.
hat mensch das absolviert, geht’s nach vorzeigen des stempels an einem weiteren tĂŒrsteher an einer brandschutztĂŒr vorbei, und durch noch eine weitere steht mensch dann im club. eine art schleuse also, wobei faszinierend ist, dass keine bassdrum nach draußen dringt, wenn beide tĂŒren geschlossen sind.

das laut gibt es seit 2017. erwĂ€hne ich deshalb, weil die sĂ€ule im gleichen jahr eröffnete und sich der vergleich dazu förmlich aufdrĂ€ngt. Ă€hnliche dimensionen, die gitter links und rechts oben erinnern sehr an die dortige Ă€sthetik, der schmale schlauch mit dem dj-pult am hinteren ende ebenfalls. das steht erhöht auf einer bĂŒhne, djs somit leider etwas exponiert. organisatorisch jedoch logisch: im laut finden auch konzerte statt, daher muss im wechsel zwischen beiden betriebsarten nicht groß umgebaut werden. und wĂŒrde das dj-pult vor der bĂŒhne ebenerdig stehen, fiele wertvoller platz auf der tanzflĂ€che weg. insofern lĂ€sst sich mit der lösung leben.
schade ist jedoch, dass sich alles an licht auf die bĂŒhne konzentriert. nun ist der raum klein genug, dass die scheinwerfer von dort aus auch in richtung publikum strahlen können. begĂŒnstigt aber leider auch das tanzen in eine richtung. ein, zwei paar kleine scanner im publikumsraum, dafĂŒr weniger bĂŒhnenbeleuchtung fĂ€nde ich besser. sound kommt aus einem line-array von l acoustics – etwas schrill, wenn es noch nicht voll ist, bei hochbetrieb wesentlich besser. da die rĂ€umlichkeiten sehr ĂŒbersichtlich sind und die sperrstunde auch hier fĂŒnf stunden party bedeutet, kommt das laut im vergleich zum nitsa sogar noch schneller auf betriebstemperatur. die spanier*innen lassen sich also auch hier nicht lange bitten, mir war’s ab 3 uhr auf der tanzflĂ€che zu voll bzw. ich wie in berlin auch vom durchgangsverkehr am rand genervt. hatte das gefĂŒhl, als ob territorium erobert oder wenigstens verteidigt werden mĂŒsse – nicht mein metier.
auch im laut: keine abgeklebten kameras. filmen, selfies etc. sind also kein problem, geschieht jedoch nicht so exzessiv wie bei konzerten. das laut beschĂ€ftigt jedoch einen fotografen, der den ganzen abend schwer mit filmen oder fotografieren mit mini-stativ beschĂ€ftigt war. ich weiß nicht, ob das heutzutage fĂŒr die visuelle prĂ€senz in den sozialen medien wirklich notwendig ist – eher leistet das alles der entwicklung vorschub, die entsprechenden momente zu inszenieren, anstatt sich einfach nur dem fluss der party hinzugeben. ergo: fĂŒr mich eher unnötig, gar schĂ€dlich.
publikumstechnisch auch hier mĂ€nnerĂŒberschuss, außerdem das treffen der generationen: die Ă€lteren erfreuen sich an den sounds, die sie vor zwei jahrzehnten schon feierten, die jĂŒngeren entdecken es fĂŒr sich und tanzen auch gerne mal im eigenen zirkel. zeichen der zeit eben. allerdings sind die spanier*innen sehr offen und auch aufmerksam. kaum saß mal eine dame auf den echt sehr bequemen sofas neben der bar, wurde gefragt, ob alles okay sei. das war ab kurz nach 3 uhr auch mein bevorzugter aufenthaltsort.

anika kunst war meinem eindruck nach gegen viertel nach eins gut warmgelaufen und zog die zĂŒgel mit tooligen, hin und wieder dubbigen tracks kontinuierlich an. nach wie vor konsequent mit vinyl und auch langgezogenem mixing. positiver eindruck bestĂ€tigt.
ben sims spielte (demokratisch fair aufgeteilt ab 3:30 uhr) perkussiv dichter, aber das arbeiten mit tools war ihm schon immer zu eigen. legte auch tempotechnisch ein bis zwei kohlen drauf. alles im dienst der party, mir steckte jedoch am samstag tagsĂŒber das nitsa noch etwas in den knochen – sprich: ich kam da nicht aus dem knick. dank abendlichem nickerchen und kaffee ging das nachts, jedoch wollte ich den sonntag bei toller wetterprognose nicht auch noch verschwenden. auch wenn tanzen im bereich am hinteren ende der tanzflĂ€che vor der bar (es gibt ĂŒbrigens club mate und fritz kola – weiterer sympathiepunkt gegenĂŒber dem nitsa, das auf erzeugnisse von red bull setzt bzw. sich sponsorn lĂ€sst) möglich gewesen wĂ€re, lieferten sowohl set als auch fĂŒllgrad fĂŒr mich keine grĂŒnde, das noch in die lĂ€nge ziehen zu wollen.
stattdessen machte ich mir den vorteil zu nutze, dass die metro in barcelona wie in berlin auch in der nacht von samstag zu sonntag durchgĂ€ngig fĂ€hrt und dabei auch Ă€hnlich frequentiert ist. heißt: ich war um 5:30 uhr im bett und tagsĂŒber rechtzeitig fit genug, um bei 20 grad am strand lesen zu können. fĂŒr meine begriffe also mit dem „frĂŒhen“ aufbruch alles richtig gemacht.

notierte tracks

anika kunst
sciahri & hertz collision – axis mundi
robert hood – protein valve (edit 2)

[barcelona / 28.03.2025] nitsa club: palms trax / brieela / sandwell district / dj fra

zur transparenz: ich habe das veröffentlichungsdatum auf den 26. mĂ€rz 2025 zurĂŒckdatiert, um die chronologisch absteigende reihenfolge bei den postings beizubehalten. eigentliches veröffentlichungsdatum ist der 28.03.2025, kurz bevor es losgeht.

„end beginnings“ – das erste album von sandwell district seit „feed forward“ ist soeben veröffentlicht und den schnipseln nach zu urteilen ziemlich gut geworden. palms trax ist mir aus einem kĂŒrzlichen resident-advisor-podcast als sehr sympathischer connaisseur in erinnerung geblieben. ich hatte bereits im berliner winter das datum im wörtlichen sinne auf dem schirm gehabt, mich jedoch auf das morgige datum (lustigerweise um die ecke vom nitsa) konzentriert. die plakatwerbung hat mir den termin beim heutigen stadtbummel nochmal in erinnerung gerufen. was zeigt: sowas wirkt.
ich hoffe, meine kondition spielt mit. aber aktuell ĂŒberwiegt die neugierde.

nitsa
00:30 brieela
03:00 palms trax

astin
00:30 dj fra
02:00 sandwell district

nachbetrachtung

rein: 0:30 uhr
raus: 5:00 uhr

kurzwertung: musikalisch gut (dj fra) bis sehr gut (der rest), der club an sich schön verwinkelt, aber wegen der omniprĂ€senten security und auch wegen des publikums habe ich mich ziemlich ans fabric vor zehn jahren erinnert. bei gutem booking und mangel an alternativen wĂŒrde ich das nitsa schon nochmal besuchen. aber extra deswegen nach barcelona wĂŒrde ich definitiv nicht.

ich war sogar kurz nach mitternacht vor ort, weil es laut residentadvisor um 23:59 uhr losgehen sollte. da war schon eine kleine schlange, aber die security koordinierte sich noch. die zettel mit dem ablauf habe ich erst beim reingehen gesehen – und auf denen stand in der tat 0:30 uhr als anfangszeit. in der halben stunde galt das prinzip, das namhafte berliner clubs praktizieren: eine warteschlange entstehen lassen, so dass vorbeistreunende leute denken, dass hier etwas los ist. da sich das nitsa in einem ausgehviertel befindet, ist das auch legitim. als jemand, der öffnungszeiten etwas wörtlich nimmt, war das auf der einen seite mit warten verbunden, auf der anderen war ich unter den ersten 20 leuten im club (personal ausgenommen).

das nitsa gibt’s schon 30 jahre (seit 1994), merkt mensch an der professionalisierung. hat alles etwas von einer sehr eingespielten maschine. der techno-floor (also astin) im erdgeschoss mit niedrigerer decke, licht in blautönen, mir zu schriller anlage und djs auf eigener bĂŒhne. die kann normalerweise fĂŒr konzerte genutzt werden, djs werden dadurch fĂŒr mich unnötigerweise inszeniert. erst recht, weil sich das licht auf sie konzentriert. es fehlen jedoch sitzgelegenheiten – die gibt es erst, wenn die bar auf der empore rechts von der bĂŒhne geöffnet hat. der bereich war jedoch abgesperrt. andererseits gibt es da beim warm-up auch wenig federlesen – leute gehen erst zur bar, dann zur tanzflĂ€che.

toiletten gibt’s auch nur im erdgeschoss, leute mĂŒssen also die treppen vom nitsa herunter nehmen. da gibt’s jedoch mehrere möglichkeiten, mensch darf sich halt nur nicht verlaufen.
das nitsa fand ich als floor (wirkte wie ein ehemaliger ballsaal) wesentlich schlĂŒssiger. zwar war auch hier die galerie versperrt (und jeweils bewacht), aber das war wegen des fĂŒr freitag geringeren publikumsandrangs auch verstĂ€ndlich. und nebenbei: leer war’s wirklich nicht.
auch der nitsa-floor hat eine bĂŒhne, aber das dj-pult steht ebenerdig davor. die bĂŒhne an sich war (richtig geraten) gesperrt und bewacht, aber wenn’s mal richtig voll wird, kann ich mir vorstellen, dass die fĂŒr das publikum freigegeben wird. den sound fand ich dort auch wĂ€rmer, aber das mag an der grĂ¶ĂŸeren menge an verbautem holz gelegen haben.
was der astin-floor an sitzgelegenheiten vermissen lĂ€sst, gibt’s hier reichlich. stets in nĂ€he der tanzflĂ€che, so dass sich schnell wieder ins geschehen eintauchen lĂ€sst.
das licht konzentriert sich hier zwar auch auf die bĂŒhne, weil dort auch die visuals (wie der rest des lichts in der ersten stunde auf autopilot) laufen. trotzdem hat es mich mit fortschreitendem abend positiv ĂŒberrascht, wie auch das publikum stellenweise akzentuiert worden ist.

apropos: eine tĂŒrpolitik gibt’s quasi nicht. auch keine abgeklebten kameras auf smartphones. filmen und fotografieren nahm jetzt zwar nicht ĂŒberhand, aber an jedem zeitpunkt hĂ€tte sich irgendwer finden lassen, der*die das geschehen gerade filmt oder selfies mit der bezugsgruppe macht. gefĂŒhlt 70% cis-typen, darunter erfreulicherweise einige schwule. und fĂŒr mich okayer altersdurchschnitt (was heißt, dass ich mich nicht wie der Ă€lteste im raum fĂŒhlte).
auch erfreulich: es gibt einen awareness-stand vor dem gang zum raucherbereich. weiterer pluspunkt: das rauchverbot wird konsequent durchgesetzt, e-zigaretten ausgenommen. jedoch sind die olfaktorisch fĂŒr mich auch weniger nervig. der rest kann sich im ĂŒppigen raucher*innenbereich sammeln.
was nervte: die auf „harter berliner winter“ eingestellte klimaanlage. ich habe meine jacke erst um 3 uhr ausgezogen. im sommer wahrscheinlich gold wert.

ansonsten sind sich die spanier*innen der tatsache bewusst, dass partys in dem rahmen endlich sind. quasi unausgesprochener deal zwischen djs und publikum: ihr kommt rechtzeitig und auf die tanzflÀche, ich lege entsprechend auf. ergo kein langes federlesen beim warm-up, wenn der zeitrahmen auf sechs stunden begrenzt ist. bzw. das warm-up wie im falle von dj fra nur auf anderthalb stunden.

womit ich bei der musik wĂ€re: brieela hat fĂŒr mich im direkten vergleich zu dj fra die nase vorn, weil inhaltlich stringenter. sie schlug eine brĂŒcke von house ĂŒber techhouse zu acid house, wohingegen dj fra eher melodisch war.
sandwell district sind fĂŒr mich im foto-finish um eine nasenlĂ€nge gegenĂŒber palms trax voraus, was aber an meiner techno-sozialisierung und der freude daran liegt, dass sie als dj-team nach wie vor super harmonieren. wenn es mir mal zu bleepig wurde, fing palms trax (melodischer house, manchmal mit italo-anleihen, manchmal auch acid house, durchaus auch mit den klassischen elementen, um die leute bei laune zu halten – und nein, shazam hat nichts erkannt) das super auf. ich hatte kurz vor 5 uhr jedoch den eindruck, dass das fĂŒr mich wesentliche schon gelaufen ist und bin daher los.

notierte tracks

dj fra
james ruskin – the divide

brieela
tom carruthers – box slam

sandwell district (wobei sich gerade die klassiker davon wie eigene edits angehört haben)
the martian – star dancer
kraftwerk – uran
millsart – step to enchantment (stringent)
steve poindexter – work that mutha fucker
nastia reigel – lilies
christian wĂŒnsch – binary computation

adolescence [netflix]

auch wenn mir der sinn momentan lieber nach unterhaltung mit leichten thematiken steht, lande ich doch immer wieder bei schwer verdaulichen dingen. andererseits kann ich bei handwerklich so herausfordernden werken wie diesem nicht widerstehen – konkret war das hier eine szene pro episode ohne schnitt.
wenn das dann noch so beispielhaft umgesetzt wird wie hier und in mehrerer hinsicht fragen aufwirft, die gesamtgesellschaftlich angegangen werden mĂŒssen, ist mir das mehr als recht. eigentlich wollte ich mir die miniserie in zwei abschnitte Ă  zwei folgen einteilen, am ende geschah es in einem rutsch.

auch wenn ich den inhalt nur grob wiedergeben werde: der rest ist nicht spoilerfrei – gerade was das aufzeigen der strukturellen probleme und die parallelen zu meiner sozialisierung angeht. wer sich die serie zunĂ€chst anschauen und dann nachlesen möchte, warum sie bei mir nachhaltigen eindruck hinterlĂ€sst, liest nach dem horizontalen strich am besten nicht weiter.

die wertung möchte ich dennoch vorwegnehmen: ein meisterwerk, das alles andere als angenehm anzuschauen ist und mehr fragen aufwirft als antworten zu geben.


adolescence

inhalt

der 13-jĂ€hrige jamie wird zu beginn wegen des mordes an einer mitschĂŒlerin festgenommen. im weiteren verlauf sehen sich familie, therapeut*innen, lehrer*innen und auch gleichaltrige mit der frage konfrontiert, was wirklich und vor allem weshalb diese tat geschehen ist.

umsetzung

vier folgen, zwischen 51 und 65 minuten lang und stets in einer einstellung ohne schnitt gedreht. das ist die „handwerkliche herausforderung“, von der ich eingangs sprach. selbst bei inhaltlich fĂŒr mich eher mittelprĂ€chtigen ergebnissen wie „victoria“ (jetzt ist es raus) habe ich respekt vor der organisatorischen leistung, bei der das timing fĂŒr ereignisse sowie die personen vor und erst recht hinter der kamera sitzen muss.

zugegeben: ich war vielmehr mit der handlung bzw. der darunterliegenden thematik beschÀftigt, als dass mir eventuelle kontinuitÀts- oder logikfehler aufgefallen wÀren. in der hinsicht werden ausgewiesene analyst*innen sicher etwas ausfindig machen. die durch den one-take-ansatz prÀsente unmittelbarkeit hatte mich jedenfalls von der ersten folge an. manche abschnitte lassen auch etwas durchatmen zu, aber grundsÀtzlich findet sich in jeder einzelnen episode eine verdichtung, die erstmal mental bewÀltigt werden muss.

sensationelle kameraarbeit, auch wenn mensch in manchen passagen mit wackeliger handkamera zurechtkommen muss. das ist dann jedoch der handlung angemessen. der ĂŒbergang von gimbal-gestĂŒtzter stabilisierung zu einer drohnen-fahrt mit rĂŒckkehr zur stabilisierten perspektive am ende von episode 2 sowie die in der fast kammerspielartigen episode 3 um die beiden protagonist*innen rotierende, jedoch in entscheidenden augenblicken bei den darsteller*innen verweilende kamerafĂŒhrung sind nur zwei beispiele fĂŒr das schlicht wahnsinnige niveau, auf dem hier gearbeitet worden ist.

damit habe ich noch nicht mal von den schauspielerischen leistungen angefangen. stephen graham spielt nicht nur den familienvater eddie miller, sondern hat die vorlage gleich mit entwickelt. letzteres fĂŒr ihn eine premiere. christine tremarco als mutter manda und amelie pease als jamies schwester lisa: ebenfalls großartig. erin doherty spielt die psychologin in episode 3, die das zweitgutachten fĂŒr jamie erstellen soll – war leider bislang nicht auf meinem schirm, wobei ich „the crown“ auch (noch) nicht gesehen habe. ich wĂŒrde mich jedoch nicht wundern, bzw. sehr freuen, wenn sie kĂŒnftig angebote fĂŒr Ă€hnliche hochkarĂ€ter-produktionen hĂ€tte.
womit ich bei owen cooper wĂ€re, der abgesehen von einem theaterstĂŒck als jamie seine erste hauptrolle in einer serie absolviert und mich absolut sprachlos zurĂŒcklĂ€sst. dieser spagat zwischen dem tief verletzten mĂ€nnlichen ich (das eigentlich noch im entstehen begriffen ist), dessen wut bei entsprechenden triggern unkontrolliert ausbricht und genau in diese lĂŒcke trifft, ob mensch ihn noch als kind oder heranwachsenden sehen soll (was fĂŒr mich eine der fragen ist, welche die serie offen lĂ€sst): ein absoluter glĂŒcksgriff, was das casting angeht. mit jetzt schon entsprechendem hype, bei dem er hoffentlich gut begleitet wird. auch er empfiehlt sich nachhaltig fĂŒr charakterrollen, wobei ich hoffe, dass er nicht auf dieses sujet abonniert bleiben wird.
grundsÀtzlich: bis in jede nebenrolle toll besetzt. die genannten beispiele stechen heraus, verdient hÀtte jede*r eine nennung.

fĂŒr wen und weshalb ĂŒberhaupt ist „adolescence“ pflichtprogramm?

ich bin immer noch vom ersteindruck geprĂ€gt, daher potentiell ĂŒberschwĂ€nglich: fĂŒr jede*n.
insbesondere jedoch: fĂŒr eltern, lehrer*innen, sozialarbeiter*innen, entscheidungstrĂ€ger*innen in sozialen medien, sozial-, medien- und familienpolitiker*innen, polizist*innen. allem voran jedoch mĂ€nner und jugendliche ab der altersfreigabe (die bei 12 jahren liegt). kann bzw. sollte auch als familie angeschaut und diskutiert werden, setzt jedoch eine offene diskussionskultur voraus.

stephen grahams motivation fĂŒr das drehbuch bestand aus zwei voneinander unabhĂ€ngigen vorfĂ€llen in england, bei denen ein junge ein mĂ€dchen erstochen hatte und der daraus resultierenden frage, was beide zu der jeweiligen tat getrieben hat.

es liegt auf der hand, eine solche serie mit klischeehaften geschlechterbildern zu inszenieren: gewalttÀtige vaterfigur mit substanzmissbrauchsproblemen und einer mutter, die das ganze aufgrund von finanzieller abhÀngigkeit erduldet und / oder schadensbegrenzung betreibt. die spitze des eisbergs an toxischer mÀnnlichkeit also.
eben diese sowie deren auswirkungen ist das hauptthema der serie. jedoch ist es deren großes verdienst, indem sie zeigt, dass sich unter dieser spitze wesentlich mehr verbirgt, das sich nicht in physischer gewalt, noch nicht mal in vermeintlicher emotionaler abwesenheit Ă€ußern muss. allem anschein nach sind die millers eine funktionale familie mit eddie als familienoberhaupt, der seine vaterrolle in jeglicher (also auch emotionaler) hinsicht ernstzunehmen scheint. erst im verlauf werden die mikroskopisch klein erscheinenden fehler deutlich, bei denen eddie jamie nicht die positive spiegelung gegeben hat, die er gebraucht hĂ€tte und die zusammen mit seiner schmĂ€chtigen erscheinung, damit der vermeintlichen unattraktivitĂ€t fĂŒr mĂ€dchen, sowie dessen außenseiterrolle in der schule (inklusive mobbing) riesige krater der unsicherheit reißen. daher rĂŒhrt der titel, weil das in jamies lebensphase passiert, in der jeder junge auf der suche nach dem ist, was mĂ€nnlichkeit ĂŒberhaupt ausmacht und mit der disposition anfĂ€llig fĂŒr schĂ€dliche einflĂŒsse aus der manosphere ist.
da „adolescence“ es sich und den zuschauer*innen jedoch nicht leicht macht, gibt es auch das gegenbeispiel: adam bascombe (sohn des detective inspectors) ist ebenso zielscheibe des spotts der mitschĂŒler und beschrĂ€nkt sich in unterhaltungen mit seinem vater normalerweise nur auf das nötigste. er nimmt jedoch die entscheidende rolle in der vermittlung der codes ein, in denen die jugendlichen miteinander kommunizieren und liefert damit die begrĂŒndung fĂŒr das tatmotiv. die demĂŒtigungen nimmt er scheinbar ungerĂŒhrt hin. indirekt wird jedoch deutlich, dass er der situation zu entfliehen sucht, indem er unwohlsein vortĂ€uscht, um nicht zur schule zu mĂŒssen. auch hier scheint das vertrauen in die eltern alles andere als ausgeprĂ€gt zu sein. ausgangspunkt fĂŒr weitere offene fragen: wie lange hĂ€lt adam das noch aus? ist er von natur aus resilienter als jamie? sucht er sich positivere vorbilder?

die notwendigkeit zur differenzierten betrachtung der einzelnen beteiligten wird also deutlich, jedoch auch die hoffnungslose ĂŒberforderung vieler bezugspersonen. bei den millers wird jamie ein computer gekauft, nachdem er das interesse an kunst verliert (womit er seinen vater als idol eh nicht beeindrucken kann). und die eltern lassen ihn bis spĂ€t in die nacht gewĂ€hren, ohne eine ahnung davon zu haben, womit er sich dort beschĂ€ftigt. abends mit freunden abhĂ€ngen und erst gegen 22 uhr wiederkommen scheint ebenfalls die regel zu sein.
die schule macht den eindruck einer verwahranstalt. lehrer*innen bestreiten den unterricht eher mit videos als im dialog mit schĂŒler*innen. und der beschrĂ€nkt sich ohnehin vielmehr darauf, die meute im zaum zu halten. ein auge fĂŒr das talent oder die nöte der einzelnen: fehlanzeige. sozialarbeiter*innen gibt es, aber auch sie sind der situation nicht gewachsen. zwei tage nach dem mord an einer mitschĂŒlerin keine psycholog*innen vor ort zu haben und unterricht nach plan zu machen: grob fahrlĂ€ssig.
mĂ€nnliches fehlverhalten bzw. verbalausfĂ€lle gegenĂŒber lehrerinnen und schĂŒlerinnen werden nur pro forma geahndet, jedoch nicht ernsthaft. ein idealer nĂ€hrboden also, auf dem die ideen eines andrew tate, sich frauen durch manipulation und / oder erniedrigung untertan zu machen, gedeihen oder gleich in die tat umgesetzt werden können.

ĂŒberhaupt: die mĂ€nnliche prĂ€senz und deren ringen um dominanz ist allgegenwĂ€rtig. fĂŒr mich insbesondere deutlich durch das penetrante auftreten des wĂ€rters gegenĂŒber briony ariston (der psychologin) in der jugendpsychiatrie in episode 3. auch durch detective bascombe, der durch misha (seine kollegin) lernt, dass kĂŒnftig immer der tĂ€ter zuerst genannt wird, jedoch das weibliche opfer erst nachrangig kommt. und definitiv nicht an letzter stelle: jamies vater, der als kind physische gewalt erfuhr und es bei seinen kindern insofern besser gemacht hat, als dass sich seine wutausbrĂŒche auf dinge richteten. aber eine selbstregulation der gefĂŒhle sucht mensch bei ihm vergeblich bzw. wird dies (ganz deutlich in der vierten und letzten episode) auf manda und auch lisa ausgelagert. seine vorhandene physische stĂ€rke und prĂ€senz bietet die grundlage fĂŒr jamie, dem nacheifern zu wollen. was in der schlĂŒsselepisode 3 ĂŒberdeutlich wird.

womit ich beim fĂŒr mich unvorteilhaften teil bin, daher in aller deutlichkeit: dieses toxische mĂ€nnlichkeitsbild ist auch teil von mir und der grund, weshalb „adolescence“ bei mir – und hoffentlich vielen (werdenden) vĂ€tern sowie jugendlichen – lange nachhallen wird. auch ich hatte in dem alter bereits einen computer und – zusĂ€tzlich zu mtv nachmittags vor dem fernseher – sehr viel zeit davor verbracht, jedoch keinen internetanschluss (sehr wohl aber „wolfenstein 3d“). eine anfĂ€lligkeit fĂŒr misogyne auswĂŒchse eines andrew tate oder anderer derartiger spinner wĂ€re in jedem fall gegeben gewesen.
objektive oder empfundene schwĂ€che durch wutanfĂ€lle gegenĂŒber vermeintlich schwĂ€cheren kompensieren und sich so ĂŒber sie stellen. aufgestaute frustration und Ă€ngste weitestgehend fĂŒr sich zu behalten. sich keine verletzlichkeit zuzugestehen und mit einem an wahn grenzenden eifer nach personen zu suchen, die einem die bestĂ€tigung zuteil werden lassen, die in frĂŒhen jahren gefehlt hat oder erschĂŒttert wurde und damit keine chance hatte, zu einem selbstverstĂ€ndlichen teil des ichs zu werden. dabei auf schwache momente oder charaktere zu bauen. oder auf vermeintlich wohlmeinende menschen, die einen inklusive aller offenen wunden zu verstehen scheinen und damit umzugehen wissen. all das ist fĂŒr mich nicht unbekannt, sogar ein leider nachhaltiges muster, an dessen ĂŒberwindung ich zu knabbern haben werde.
vor dem hintergrund ist es fĂŒr mich begreifbar, weshalb ich bis zum ende der dritten episode gehofft hatte, dass der falsche verdĂ€chtigt wird. und auch darĂŒber hinaus mit jamie mitfĂŒhlen konnte, als seine zaghafte sicherheit, endlich gesehen worden zu sein, erneut erschĂŒttert wurde. und das, obwohl deutlich wird, dass das misogyne weltbild bei ihm tiefe schneisen geschlagen hat. dies macht die dritte episode mal abgesehen vom grandiosen schauspiel fĂŒr mich zum lackmustest zur bestimmung des eigenen standorts. und fĂŒhrt zu einer weiteren offenen frage: hĂ€tte irgendetwas die tragödie verhindern können oder wĂ€re es frĂŒher oder spĂ€ter eh passiert?

die serie kommt vor dem hintergrund dessen, dass einige dieser besagten spinner im allgemeinen rechtsdrall die uhr zurĂŒckdrehen und wieder beim patriarchat landen wollen, genau zur richtigen zeit. sie hĂ€lt ihm sowie dessen extremsten auswĂŒchsen den spiegel vor und zwingt zuschauer*innen geradezu, sich mit der eigenen rolle in diesem gesellschaftlichen gefĂŒge auseinanderzusetzen. ein gefĂŒge, das sehr in richtung individualisierung – polemisierend: das recht des stĂ€rkeren – driftet und das gemeinschaftliche aus dem blickfeld verliert. es liegt auf der hand, dass sich bei solchen von allgemeiner unsicherheit geprĂ€gten umbrĂŒchen so viele fragen ergeben, dass deren beantwortung auf sich warten lĂ€sst. fragen, die in der kernfamilie gestellt und auf augenhöhe verhandelt werden sollten. es ist brandgefĂ€hrlich, dass die manosphere im gleichschritt mit rechtsaußen mit vermeintlich einfachen lösungen den raum besetzen will, in dem jungs sich zurechtfinden wollen.

„adolescence“ passt damit sehr in den zeitgeist. ich hoffe stark, dass die serie in der breite diskussionen anstĂ¶ĂŸt. sie ist viel mehr als eine schauspielerische und technische meisterleistung. mich hat sie mit meinen mustern toxischer mĂ€nnlichkeit konfrontiert und gezeigt, dass ich nur einen teil des weges absolviert habe. es sollten also gerade die herren der schöpfung genau hinsehen.

herausforderndes, erschĂŒtterndes, vielschichtiges fernsehen, das komplexitĂ€t statt einfacher antworten vermittelt. schlicht und ergreifend: großartig.