[lärz / 25.-28.06.2015] fusion festival

ich habe ja noch gar nicht kundgetan, dass ich dank erfolgreicher wunschkandidatur dabei sein kann. und auch wenn die nachbetrachtung vom letzten jahr noch aussteht, werde ich zusehen, dass die eindrücke sich nicht überlappen.

nachbetrachtung (vom 30. juli 2017)

damit der abstand von zwei jahren nicht noch größer wird, sollte der 2015er-jahrgang wirklich langsam mal abgehandelt werden. das fazit fällt schon mal so vorhersehbar aus wie bei einem berghain-besuch: es lohnt sich irgendwie immer – dafür ist der standard einfach zu gut. ich befürchte jedes jahr, dass es in irgendwelchen belangen schlechter wird, aber eine konstante ist wirklich die arbeit im detail. damit meine ich nicht nur die kleinen neuen installationen oder floors, sondern auch die infrastruktur. wie immer: besuch nicht bereut, im gegenteil: die abreise montag bedauert und sich schon auf das nächste jahr gefreut.

also rekonstruiert anhand von programmheft und fotos, wie schon für 2014 nicht im detail mit dem tagesablauf, sondern licht- und schattenseiten.

was war denn toll?

  • erneut von sixt hochgestuft zu werden, so dass es dieses mal ein bmw 321d-kombi wurde. etwas sehr nobel, damit vorzufahren, aber dieses fahrgefühl mit der tempoanzeige in der windschutzscheibe ist so ein kleines detail, an das man sich echt gewöhnen kann. keine sorge, etwas gewissensbisse hatte ich bei der antikapitalistischen ausrichtung des festivals schon.
  • zu einer der tollen neuerungen in puncto floors (auch wenn es kein richtiger war) gehörte das content. das war die sammelstelle für vorträge, diskussionen und auch workshops.
    dort hatten sie unter anderem fil am donnerstag abend untergebracht, der sich in seiner gewohnt schnodderigen berliner mundart erstmal darüber ausließ, dass er am rande der landstraße anstatt auf einer der hauptbühnen spielte. es waren im vergleich zu den vorjahren auch weniger leute da, aber der qualität seiner show tat dies keinen abbruch. eher im gegenteil.
    ich hab dort auch weite teile des samstages zugebracht, weil die panels dort einfach zu interessant waren (und dabei ton steine scherben bei den triebwerken verpasst). in reihenfolge:

    • eine diskussion mit vertretern des holzmarktes, vom mensch meier, des kulturkosmos (vertreten durch eule), des molochs in hamburg und des zuckerwerks in bremen mit dem titel subkultur im kapitalismus. in puncto professionalität oder abgeklärtheit war der holzmarkt sowie der kulturkosmos alleine durch die erfahrung hierbei den anderen ein paar schritte voraus.
    • anschließend ein vortrag von berthold seliger unter dem titel „das geschäft mit der musik“, der für viele veranstalter wahrscheinlich altbekannte schwierigkeiten und das system hinter den online-ticketanbietern offenbarte.
    • um das trio zu komplettieren: das zentrum für politische schönheit, das wenige wochenenden zuvor in berlin „die toten kommen!“ veranstaltet hatte und sich selbst sowie vergangene aktionen vorstellte. hier war der andrang auch am größten.
  • die leute trotz regen (dem einzigen übrigens, den ich das festival über mitbekam) bei rødhåd freitag früh am freidrehen, dem sie zwar um kurz nach 7 uhr früh bei vollem schwung einfach den saft abdrehten, aber nach fast zehn minuten ging’s wieder weiter. ich hab nach wiederaufnahme allerdings den weg zurück ins camp angetreten. reichte auch, nachdem da schon gut 12 stunden hinter mir lagen – mit umherlaufen zwischen:
    • der turmbühnen-eröffnung mit steve bug (da hat die erste halbe stunde gereicht)
    • dem content mit fil
    • ben ufo und vrilski auf dem querfeld (gerade ersterer fordernd und überzeugend)
    • anne clark bei den triebwerken (damit habe ich sie auch endlich mal gesehen, war für mich im festival-rahmen auch passend – auf ein konzert mit ihr würde ich nicht gezielt gehen)
    • mark ernestus im karl kutter (großartig, aber leider nur eine halbe stunde sitzend gesehen)
    • broken note in der tubebox (schön, dass sie sich den breakcore-donnerstag dort nicht nehmen lassen, aber die publikumsreaktionen sprachen eh für sich)
  • feine sahne fischfilet bei den triebwerken. nachdem sie anno 2013 schon ungläubig das treiben auf dem roten platz beobachtet hatten, muss das wohl die nächste eskalationsstufe gewesen sein.
  • unerwartet gut (da mir von den produktionen der letzten jahre nicht mehr so zusagend): distance im wechsel mit j:kenzo auf dem querfeld freitag abend.
  • auf empfehlung hingegangen und mich im nachhinein geärgert, was ich all die jahre verpasst habe: asian dub foundation bei den triebwerken samstag abend. man mag ja annehmen, dass bands nach mehr als zehn jahren im geschäft müde werden, aber das war richtig mitreißend.
  • der moment, an dem sich am festival-ende der landebahn ein paar dutzend leute um eine feuershow sammelten, was sich im laufe der nächsten stunde zu einem tross entwickelte, der mit lauter folklore von einer installation zur nächsten ging, was in einer recht großen feuerwerksinstallation endete, steht sinnbildlich für einen so fusiontypischen „was war das denn geiles?“-moment, der einem einfach so passiert.
  • pete im line-up und dass er auf der turmbühne sonntag früh bei aufgehender sonne zunächst gewohnt bretterte, aber versöhnlich mit „at les“ von carl craig oder „education“ von mala aufhörte. für seine maßstäbe solide, aber was mich erfreute, war das echo im nachhinein, da viele leute genau so etwas auf der turmbühne vermisst hatten.
  • the notwist als eines der letzten konzerte auf dem roten platz am sonntag abend. für das schlafentwöhnte gehirn war das eine seelenmassage par excellence, die den abschied am montag nicht gerade hat leichter fallen lassen. großes kino war das.
  • der kleine, mehr oder weniger geheime floor neben dem sonnendeck. auf vielleicht zwei quadratmetern zu „de do do do de da da da“ von the police zu pogen, auch wenn man kurz zuvor noch zu „fast car“ von tracy chapman geschunkelt hat und dabei zusehen, wie sich zu den bereits 15 anwesenden noch drei weitere leute reinquetschen lassen – kann man sich echt nicht ausdenken, sowas.

und was war nicht so gut?

  • wieder kein theaterstück gesehen, wie jedes jahr.
  • wildpisser, auch wie jedes jahr.
  • stimming als abschluss auf der turmbühne. kam mir eher einer prozession gleich, in der die melancholie so dominierte, dass wir die turmbühne vor dem eigentlichen ende verließen. ein glück zeigten the notwist später, wie man dies richtig zelebrieren kann.
  • einem gewissen richie rich auf der tanzwüste im line-up nicht genügend beachtung geschenkt zu haben, mich zu wundern, richie hawtin auf dem festival unter den gästen zu sehen und im nachhinein zu erfahren, dass er unter diesem alias quasi nach rødhåd nebenan gespielt hat. da hätte ich meine entscheidung, ins camp zu gehen, nochmal besser überdenken sollen.

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