[amsterdam / 25.-27.11.2023] de school: het weekend

de school ist der nachfolgeclub vom trouw und war eigentlich schon während der pandemie aufgrund von diskriminierungsvorwürfen geschlossen. das haben sie jedoch konstruktiv genutzt und sind im frühherbst 2022 nochmals an den start gegangen.
wie beim trouw war klar, dass die nutzung des gebäudes nur temporär sein wird. ende ist im januar 2024 und der club befindet sich somit im endspurt. davon zeugt auch die tatsache, dass dies bereits die zweite wochenendumspannende veranstaltung im november ist, wo der rhythmus zuvor bei ca. sechs wochen lag.
ich habe es in all den jahren leider nicht geschafft, mir den club anzuschauen – jedoch nur gutes darüber gehört. grund genug für einen ausflug.

het weekend

club
23:00 interstellar funk
02:00 marcel dettmann
05:00 akua
pause
16:00 julie
18:30 jephta
21:30 blanka
01:00 rødhåd

muzieklokaal
01:00 yòp
04:30 josey rebelle
08:00 oceanic
12:00 willow
15:00 pariah
18:00 dj shahmaran
21:00 cashu
00:00 apeiron crew (mama snake, smokey, solid blake)

ticket
25 euro (an der tür)
27,25 euro (im vorverkauf, nach aktuellem stand jedoch für die erste nacht bereits ausverkauft)

wiedereinlass ab 12 uhr mit stempel für 7,50 euro.

nachbetrachtung

die erfolgt gut sechs wochen nach dem ausflug. ich wollte noch abwarten, ob sich meine anfangseuphorie etwas legt und einer neutraleren sichtweise platz macht. stattdessen hat sich die beschäftigung mit dem club in richtung hyperfokus entwickelt, von dem leute in meinem umfeld bereits was mit- bzw. abbekommen haben. es wird also länger.

an meinem fazit hat sich nichts geändert: de school ist einer der besten clubs, in denen ich jemals war. meine erwartungen nach den drei malen im trouw waren schon nicht niedrig, am ende hat mich der laden so beeindruckt, dass ich eigentlich zur abschlussparty wollte. aber erstens möchte ich das vergnügen lieber dem amsterdamer (stamm)publikum lassen und zweitens fand ich die modalitäten für leute, die bei diesem marathon eine pause einlegen möchten, wenig entgegenkommend. auch wenn mensch sich für die verfügbaren zeitfenster ein ticket sichern konnte: wer nach hause geht und zum letzten tanz von sonntag auf montag wiederkommen möchte, muss sich in die normale schlange stellen – es gibt keinen wiedereintritt. das wird ab sonntagnachmittag bei egal welchem wetter für keine*n angenehm, wäre aber wahrscheinlich noch schlimmer, wenn sich die leute mit stempel wieder in die schlange stellen und dort mit den neuankömmlingen mischen. bedenken, dass sich dies im vornherein schwer vorhersagen lässt, können dadurch entkräftet werden, dass mensch den stempel entgegen der gepflogenheiten in hiesigen clubs erst beim verlassen bekommt. da könnten leute also proaktiv gefragt werden, ob sie wiederkommen möchten. es wäre dann der kasse überlassen, ggf. die leute zu tickern, denen sie einen stempel gegeben haben.

womit ich bei einer meiner hauptqualitäten wäre: der benennung der negativen dinge.

erstens: so gut der einlass für größere anstürme organisiert ist (es gibt drei reihen: die normale schlange für leute ohne ticket, eine für die gästeliste, eine für tickets), benachteiligte er die wiederkehrenden beim weekender. zugegeben: da schwingt immer noch groll meinerseits mit, da ich am sonntagnachmittag für eine gute dreiviertelstunde als erster in der schlange stand und von dort aus beobachten konnte, wie die ticketinhaber*innen und gästelistenplätze abgearbeitet worden sind (wobei auch die ticketschlange in der zeit angewachsen ist, was für die türsteherin alleine nicht mehr handzuhaben war). pariah habe ich damit verpasst.
ich fände es logischer, wenn sich die zurückkehrenden in die gästelistenschlange einreihen könnten – schlussendlich sehe ich keinen unterschied zwischen denjenigen, die noch ihren namen sagen und dann problemlos rein können sowie denjenigen, die bereits drin waren, ergo mit dem procedere vertraut sind. ginge es nach mir, müssten diese nicht nochmal durch die gesichtskontrolle (es sei denn, deren zustand spricht dagegen – davor sind auch gästelisteninhaber*innen nicht gefeit). zur selektion an sich äußere ich mich weiter unten.

zweitens: die gruppendynamik, wonach leute an neuralgischen punkten herumstehen, ist beileibe kein berliner problem. auf der treppe nach unten oder zwischen den beiden toiletten und damit auf dem weg richtung muzieklokaal – durchschlängeln war auch hier gefragt, aber längst nicht in dem ausmaß wie sonntagabend im berghain.

drittens: bei den links auf der seite des muzieklokaals liegenden toiletten am anfang des ganges ist die positionierung der waschbecken ziemlich unglücklich. um mal etwas ins detail zu gehen: die herren der schöpfung, die zudem wert auf handhygiene legen, müssen durch einen schmalen türrahmen in einen weiteren raum mit den kabinen. dann noch durch den dortigen pulk an wartenden und schon lassen sich die hände desinfizieren.
wenn’s bautechnisch gegangen wäre, hätte ich einen breiteren türrahmen sehr begrüßt. am ende war’s für mich unkomplizierter, auf die haupttoiletten auf dem gang direkt gegenüber zu gehen, die zwar keine pissoirs bieten, aber dennoch beim grundriss quasi ideal sind, so dass der gang zu den waschbecken unkomplizierter als gegenüber war. die idee eines toilet-hosts, der*die auf einhaltung der etikette achtet (also kabinen nicht zu lange in beschlag halten, räucherstäbchen, stets benutzbare waschbecken etc.) sollte hier hingegen schule machen. die wand mit den post-its hatte auch eine tolle persönliche note.

viertens: gehört leider zum zeitgeist und lässt sich trotz selektion nicht vermeiden – trotz abgeklebter kameras gab es doch ein paar leute, die sich nicht darum scherten und einfach in die menge filmten.

damit genug der negativität und endlich mal zu dem, was mich schwärmen lässt. und dazu nehme ich einen kleinen umweg.

wie bereits eingangs erwähnt, war der club ab dem coronasommer 2020 geschlossen. als begründung wurde die durch die pandemie verursachte finanzielle schieflage angeführt, jedoch brodelte es bereits länger hinter den kulissen. lässt sich alles etwas detaillierter als bei ra nachlesen (u.a. bei grone.nl: de nacht is vergeeflijk – auf niederländisch, ggf. automatisiert übersetzen lassen, ergänzend dazu ist „what went wrong at de school“ von dee diggs bei dweller stark empfehlenswert), daher hier stark verkürzt: im zuge der mangelhaften reaktion des clubs auf #blacklivesmatter kamen vorwürfe in puncto institutioneller rassismus auf. es gab daraufhin eine versammlung vor ort mit der chefetage, mitarbeiter*innen und besucher*innen, live gestreamt (als podcast auf youtube konserviert), bei der es ordentlich gegenwind gab: u.a., weil sich die diversität des publikums bzw. der szene nicht im personal und auch beim booking widerspiegelte – zu wenig damen, zu wenig pocs, zu wenig queers. zudem wurden sexuell konnotierte vorfälle mit der security benannt. die chefetage war von einigen vorwürfen überrascht, was wiederum den eindruck aufkommen ließ, dass trotz vorher benannten schwachpunkten nicht (re)agiert bzw. selbige nicht für voll genommen worden sind. danach fiel die entscheidung, den clubbetrieb nicht wieder aufzunehmen.
das hätte es also mit de school sein können. jedoch wurde dieser gegenwind als anlass zum strukturellen umbau genutzt: ernst mertens trat als geschäftsführer zurück und wurde mit dem jüngeren erdal kiran besetzt. jochem doornbusch blieb, jedoch in beratender funktion. ergänzend dazu gab es gespräche mit besucher*innen, mitarbeiter*innen und den künstler*innen. am ende des prozesses stand die wiedereröffnung im september 2022, flankiert durch die verlängerung des mietvertrages bis januar 2024.

was mir also fehlt: der vergleich des clubs zwischen vor und nach der pandemie – wenn mensch so will: zwischen version 1.0 und 2.0. es wäre also interessant zu erfahren, ob sich die situation für pocs, frauen, queers sowohl aus besucher*innenperspektive und erst recht hinter den kulissen geändert hat. würde ich das hier ernsthaft journalistisch betreiben, hätte ich um gespräche mit clubangehörigen gebeten oder besucher*innen vor ort gefragt. aber so mache ich es mir zugegebenermaßen leicht, indem ich nur die beobachtungen aus meiner perspektive als weißer, cis-männlicher gast schildere. vielleicht gibt es nach der schließung noch den einen oder anderen artikel, der etwas näher beleuchten kann, ob und wenn ja, was sich im zeitraum vor und nach der schließung verändert hat.

der frische wind war jedoch auffällig und beginnt schon an der tür bei den hosts. keine*r der drei, die mir dort begegnet sind, war älter als mitte 30. womit ich bei der funktionsweise der selektion bin.
teil der umstrukturierungen vor der wiedereröffnung war die aufstellung von hausregeln, die jede*r auf der website und vor jeder einzelnen party in den instagram-storys nachlesen kann. das stellt ggf. sicher, leute von vornherein auszusortieren, die sich davon abgeschreckt fühlen. aber diese regeln sind zentrales kriterium bei der gästeauswahl und werden beim großteil der wartenden sowohl in der normalen schlange als auch bei den vorverkaufstickets abgefragt. wer sie nicht kennt, kann sie auf dem schlauen telefon nachlesen und wird danach nochmal nach den schlüsselpunkten gefragt. und vor allem, ob mensch sich daran zu halten gedenkt.
das ist eine der transparentesten selektionen, die ich mir vorstellen kann. zwar ist es schön und gut, namedropping von djs aus dem line-up betreiben zu können, aber wichtiger ist es, sich mit der idee von de school als safer space auseinandergesetzt zu haben und damit identifizieren zu können. die allermeisten kamen in der zeit, in der ich sonntagnachmittag auf wiedereinlass gewartet habe, auch durch – zwei nicht mehr ganz nüchterne herren aus der ticketschlange jedoch nicht.
ist mensch dann drin, führt der weg, bevor überhaupt ein fuß auf eine der tanzflächen gesetzt werden kann, an einem tisch vorbei, der sich zwischen garderobe und den pforten zum eigentlichen club befindet. das ist der standort des awareness-teams – fester bestandteil des clubs, unter einer festen telefonnummer zu erreichen und proaktiv auf besucher*innen zugehend. die zählen zu den mitarbeiter*innen, werden also bezahlt. setzt sich auch in hiesigen breitengraden glücklicherweise immer mehr durch (rso oder tresor haben jeweils eigene, klar erkennbare awareness-teams), ist aber selten so eng in das gesamtkonzept eingebettet wie bei de school.

sobald mensch das awareness-team passiert hat, kann die entdeckungsreise losgehen – und beim weekender habe ich sicherlich nur einen bruchteil dessen gesehen, was zur schließung geöffnet sein wird.
herzstück im clubbetrieb war für mich unbestritten der keller. drei treppen führen dorthin – erstmal die zwei neben dem langen gang richtung muzieklokaal, mensch kann aber auch den korridor nach hinten durchgehen und kommt durch ein weiteres treppenhaus abwärts gehend bei der bar raus.
der keller an sich ist so schnörkellos wie es nur geht. fenster zwischen bar und tanzfläche, diese ist wiederum lang und schmal (platz für 500 leute). dj-pult wie schon im trouw ebenerdig und mit platz für publikum daneben sowie an den seiten. dabei nur so viel licht wie nötig – es gibt keine spots, die den dj an sich beleuchten. nur drei auf die technik gerichtete rote lampen. sound kommt auf beiden floors von funktion one und wird wie im trouw kontinuierlich von tontechniker*innen begleitet. wobei der techniker im keller um seinen job direkt hinter dem vom publikum aus rechts gesehenen stack nicht zu beneiden ist, andererseits kann er von dort aus im fall der fälle direkt mit djs kommunizieren. dennoch fand ich den standort im muzieklokaal besser gelöst, wo der posten für den sound am hinteren ende der tanzfläche neben dem licht platziert war.
das linke fünftel bis viertel des kellers gehört zum einen den beiden riesigen unter der treppe platzierten quaderförmigen hohlräumen, zum anderen einem kleinen darkroom und dem getränkedepot. der schmale pfad dort ist ziemlich gut, um ohne großes durchschlängeln in die hinter dem dj liegende linke ecke zu gelangen. das war auch mein lieblingsort – tanzen dort ungestört möglich, und vom dj-pult gibt es auch in richtung hinteres publikum abstrahlende boxen. der klang war also auch dort gut.
das licht füllt die von den trägern an der decke geschaffenen hohlräume aus, zwischen blau oder rot wechselnde led-streifen, sonst gibt es einige strobos und im hohlraum hinter dem dj noch ein paar spots zur akzentuierung der rohre. und das reicht vollkommen aus. sitzen kann mensch in einbuchtungen richtung bar oder an der bar selbst. auch wenn der vergleich hinkt: mir kam es wie eine mischung aus dem alten tresor (atmosphäre) sowie dem neuen (größe des kellers, wenn mensch sich die schließfächer wegdenkt) bei technischem standard des berghains vor.

oben die ehemaligen unterrichtsräume, einer davon heimat des muzieklokaals, das ich nicht bei tageslicht gesehen habe. die fenster liegen jedoch zur autobahn direkt daneben, dazwischen einige dicht an dicht liegende büsche. wenn, dann kommt die sonne dort nur schemenhaft durch.
hier das aus dem trouw bekannte bild mit empore hinter dem dj-pult und an den seiten, was dazu führt, dass der*die dj in der menge verschwindet. auch hier keine direkt auf djs gerichtete spots – wenn, dann wird die gesamte menge beleuchtet. den gang zum raum links daneben mit der bar und den sitzgruppen habe ich erst nach meiner wiederkehr am sonntagabend entdeckt. entzerrt die publikumsströme jedoch sehr.
direkt gegenüber das kino, in dem an dem wochenende eine skulptur stand. links daneben der raucherbereich, dem auch ein hof angegliedert war. da es ein ziemlich regnerisches wochenende und zudem recht frisch war, habe ich mir den nicht näher angeschaut. mir wurde jedoch gesagt, dass auch der hof in den sommermonaten bespielt worden ist. wäre also ein weiterer grund, amsterdam zu der jahreszeit zu besuchen, sofern die neue location so etwas hergibt.
den linken teil des ganges schließt eine art kantine, bei der es häppchen zu essen gab und in der einzelne röhrenfernseher herumstanden sowie weitere toiletten ab. restaurant sowie café liegen weiter hinten, waren bereits geschlossen, habe ich daher nicht in augenschein genommen.

der interdisziplinäre ansatz (musik, kunst, community) ist also bereits beim ersten durchlaufen zu erkennen. aber wie sieht es nun mit der diversität aus?
gleich vorab: pocs sind im publikum leider immer noch absolute minderheit und nicht in dem maße vertreten wie es ihrem anteil in der amsterdamer bevölkerung entspricht. mit akua sowie josey rebelle gab es immerhin zwei poc-damen im line-up, aber unter den gästen wird das vertrauen im neuen club immer noch aufgebaut werden müssen.
im vergleich zu meinen berliner stammlokalitäten, die zu weiten teilen von leuten im gesetzten alter besucht werden (will heißen: ü30 und weit darüber – und auch immer noch zu selten von menschen mit migrationshintergrund), ist das publikum in de school jünger. wundert bei der demographie amsterdams als anziehungspunkt für studierende nicht wirklich. da die stadt per se weniger einwohner als berlin hat, werden viele nach studium oder ausbildung anderen prioritäten als dem clubbing nachgehen. vielleicht war der weekender in der hinsicht auch wenig repräsentativ – partys von samstagnacht bis montagfrüh sind eher die ausnahme als die regel. insofern kann es gut sein, dass sich die altersverteilung bei einer „normalen“ klubnacht, die sonntagfrüh gegen 10 uhr zu ende ist, anders darstellt.
auffällig: die zusammensetzung des publikums ist geschlechtertechnisch ausgewogen, generell viele queers. spiegelt den auch in berlin sichtbaren trend wider, welcher der generation z zu verdanken ist: mit geschlechteridentitäten spielen bzw. sie gleich auflösen und vor allem das selbstbewusstsein dafür zu haben. erst recht, wenn die türpolitik gleich vor betreten des gebäudes klar macht, dass diskriminierendes verhalten nicht geduldet wird und drinnen durch die awareness das versprechen eingelöst wird, dass jederzeit ansprechpartner*innen zur stelle sind. zumindest für menschen, die sich nicht heteronormativ verorten oder anderweitig sexuell diskriminiert werden, hat de school einiges in die wege geleitet, um zum safer space zu werden.
geschlechteridentitäten sowie sexuelle orientierung beiseite: die niederländer*innen sind nach wie vor offener bzw. kommunikativer als der durchschnittliche biodeutsche. als introvertierter muss ich hin und wieder aus meinem bau gelockt werden, aber vor ort klappte das mit ein wenig szenebezogenem small-talk ziemlich gut. ich kam mir jedenfalls nicht wie ein lediglich geduldeter gast vor. zudem ist das publikum auch nicht so reserviert wie das in berlin, das erstmal überzeugt werden will (dann aber mit leib und seele dabei ist). beiden gemeinsam ist die umsichtigkeit.
das personal an der kasse, hinter den bars sowie der garderobe ebenfalls jung und auch geschlechtlich ausgewogen, im muzieklokaal bei meiner zweiten schicht mit zwei technikerinnen für ton und licht. da scheint das versprechen eingelöst worden zu sein, auch abseits vom servicepersonal eine diverse personalpolitik betreiben zu wollen.

komme ich mal endlich zum wesentlichen: der party an sich. ich hatte das ticket für den ersten zeitslot von 23 uhr bis mitternacht, war um 22:30 uhr bereits da und damit quasi einer der ersten in der schlange. es hat in amsterdam längst nicht die ausmaße wie beim berghain angenommen, wo sich leute mittlerweile eine bis anderthalb stunden vor toresöffnung in die schlange stellen (wobei das bei der abschlussfeier anders aussehen könnte). ließ jedenfalls genug zeit, die räume bzw. den grundriss zu erkunden. im muzieklokaal lief bspw. noch der soundcheck bei putzlicht.
interstellar funk fand ich im warm-up solide, aber beim besten willen nicht mehr. war für mich irgendwie unentschlossen zwischen techno und house und ob er jetzt fordernder spielen kann oder nicht. wobei das auch bei dem großen keller ziemlich schwierig ist, wenn die leute erstmal nur so reintröpfeln und das muzieklokaal ab 1 uhr weitere leute bindet. yòp fand ich dort jedenfalls wesentlich schlüssiger.
marcel dettmann bleibt auch bei auswärtsspielen eine bank. da können zwar auch gestandene house-tracks wie „love can’t turn around“ von farley jackmaster funk laufen, aber das war so gut ins set eingebettet, dass das eher noch als katalysator wirkte. super, ohne wenn und aber. kann ich auch von akua sagen, die tempotechnisch noch eine schippe drauflegte, aber sonst den guten eindruck, den ich von ihr im berghain gewonnen habe, bestätigt hat. schnörkellos trockener, fordernder techno in tradition der 1990er – das war der zeitpunkt, an dem ich mich leicht in den alten tresor zurückversetzt fühlte.
josey rebelle ebenfalls überraschend technoid mit acid-einschlag, da lichtete es sich oben bereits ein wenig und ich trat auch den weg richtung amsterdam noord zu meiner temporären heimstätte an.
pariah bei runde zwei leider wie erwähnt verpasst, aber dafür mit dj shahmaran einen bis dato für mich unbekannten namen gehört, der hoffentlich auch im neuen club zu hören sein wird. mensch kann zu pop-edits stehen wie mensch will, aber das war in ein ziemlich experimentielles set eingebettet, was grob mit dem „weightless“-attribut, das vor ein paar jahren umhergeisterte, umschrieben ist. fand klasse, dass das publikum das auch geduldig mitgemacht hat, anstatt das weite bzw. den keller aufzusuchen. dort fand ich sowohl jephta als auch blanka grundsolide, wobei für mich bei beiden sets wenig hängengeblieben ist. trifft auch auf cashu zu.
die drei damen aus kopenhagen haben dem muzieklokaal zu später stunde nochmal ordentlich beine gemacht, u.a. mit „el camarón“ von matias aguayo auf 145 bpm gepitcht. hatte einen abklatsch von courtesy-eurodance befürchtet, aber wurde belehrt, dass vorurteile zum widerlegen da sind. bei rødhåd bekam ich bereits stehend ko nur die erste stunde mit, wobei er von anfang an klarmachte, dass das set wie oben nochmal letzte energiereserven mobilisieren soll. wenn’s nach den berichten auf reddit geht, hat das auch geklappt: kurz nach 7 uhr war montagfrüh schluss.

rückblickend hätte ich mich definitiv vor 2020 oder wenigstens mal 2022 motivieren sollen, den weg nach amsterdam anzutreten und de school mehr als nur einmal zu sehen. die sorge, dass es im vergleich zum trouw ein rückschritt sein könnte und das „erbe“ damit schaden nehmen könnte, war völlig unbegründet. es ist jedoch beileibe nicht so, dass de school das trouw völlig in den schatten stellt. vielmehr stehen beide clubs auf ihre art und weise für sich: das trouw als imposantes industriedenkmal, de school als im vergleich dazu kahles gebäude. beiden wurde durch den gerade in de school massig vorhandenen platz raum für offene experimente auf verschiedenartige weise leben eingehaucht.
zudem scheinen die pandemie und die berechtigte kritik als beschleuniger gedient zu haben, das konzept zu verfeinern und die zeichen der zeit zu erkennen, wonach diversität in jeglicher form gerade im hintergrund umgesetzt werden muss. dahinter steckt die idee, dass sich das quasi wie von selbst im club niederschlägt – sei es durch kunstinstallationen, performances, workshops unter der woche oder das booking. auch wenn ich dies nur als männlich-weißeuropäischer (und damit ziemlich privilegierter) gast ohne kenntnisse über den vorherigen zustand mitbekommen habe: de school scheint die selbst gesteckten ziele in den letzten 16 monaten seit wiedereröffnung bereits gut umgesetzt zu haben oder ist wenigstens auf einem guten weg. das wird nicht ohne reibungspunkte oder fehler passiert und mit dem ende an diesem wochenende natürlich nicht abgeschlossen sein. es ist jedoch bereits ein dermaßen solides fundament, dass ich hiesige clubs bereits daran zu messen beginne und loblieder auf die verjüngung des clubpersonals bei gleichzeitigem verbleib der erfahrenen älteren im hintergrund singe. am ende ist techno nach wie vor eine jugendkultur, die sich nicht darauf beschränken sollte, diejenigen zufriedenzustellen, die bereits in den 1990ern dabei waren und alles an „früher“ messen, sondern auch angebote für leute machen muss, die das ganze erst vor fünf bis zehn jahren für sich entdeckt haben und ihre vorstellungen verwirklichen bzw. sich selbst noch finden wollen.

es steht bereits fest, dass die macher*innen einen neuen club eröffnen möchten, auch wenn es in einer so durchgentrifizierten stadt wie amsterdam mit akutem mangel an leerstand im innenstadtbereich kein leichtes unterfangen wird, einen ort mit ähnlicher qualität bzw. ähnlich viel platz zu bekommen. ich drücke ihnen jedenfalls sehr die daumen, wieder einen ort zu finden, an dem sie keine kompromisse eingehen müssen, um den interdisziplinären ansatz zwischen clubbing, kulinarik, kunst und auch für die gesamtgesellschaft wichtige (sub)kulturelle weiterentwicklung fortzuführen. ich hoffe weiterhin, dass sie den prozess so transparent wie möglich begleiten und kritik weiterhin zum anlass zur aufarbeitung nehmen.

wird zwar schwierig für mich, den für mich dritten club der „post cs“-betreibergesellschaft (tatsächlich wird der nachfolger von de school der vierte nach dem club 11 sowie dem trouw) nicht an den beiden starken vorgängern zu messen. das konzept der betreiber*innen, ihre locations nach dem kriterium auszusuchen, dass sie fünf bis sechs jahre zwischengenutzt werden können, ging bisher jedes mal auf. diese vermeintlich kurzen zeiträume haben gereicht, dass jeder club legendenstatus genießt, aber die erneuerung wie selbstverständlich mitgedacht wird. wo das trouw mit start der 24-stunden-lizenzen das amsterdamer nachtleben langsam an tagelange partys herangeführt hat, setzte de school dies fort, verfeinerte dies mit flexiblen ideen beim booking (wie bspw. bei „de zomernacht“ in der festivalzeit kürzere veranstaltungen anzuberaumen, ohne das line-up explizit bekanntzugeben) sowie veranstaltungen unter der woche, die eher den kunstaspekt betonten und damit in einer linie mit dem stand, was bereits im club 11 und dem trouw steht, die beide mit dem stedelijk museum koopierierten) und betonung des kunstaspekts. so fällt auch hier der abschied schwer (3voor12 nennt de school im vorfeld des schließungswochenendes den club, auf den die ganze niederlande schaut – ist auf niederländisch, auch hier ggf. maschinell übersetzen lassen), aber nach der erfahrung habe ich ziemliches vertrauen darin, dass beim nachfolger keine halben sachen gemacht werden. ich nehme mir hiermit fest vor, mir den neuen club innerhalb des ersten jahres des bestehens anzuschauen. die messlatte liegt jedenfalls verdammt hoch.

notierte tracks (*: shazam)

interstellar funk
wally lopez – deep drive (moreno pezzolato vocal remix)*
avision – big shot (paco osuna remix)*
jesper dahlbäck – what is the time, mr templar?

yòp
tyree – nuthin wrong

marcel dettmann
silvershower – ice fractions 1
flashy fragrant – reach higher ground* (direkt danach)
m.d.3 – the pressure cooker (original pressure mix) (direkt danach)
adonis – no way back (direkt danach)
johannes heil – feiern part 1 (direkt danach)
plastikman – sickness
ruff stuff – last chance*
surgeon – muggerscum out (direkt danach)
reese – rock to the beat (direkt danach)
farley jackmaster funk & jesse saunders – love can’t turn around (house remix)
public energy – three-o-three (direkt danach)
dennis ferrer – transitions*
trunkline – new place*
gabriel palomo & lee chameleon – lunar
martyn hare – riffarama*
aux 88 – voice modulation (anthony rother remix)*
octave one – blackwater (e-dancer vocal dub)

akua
joey beltram – floaters
verbos – audio dillusions*
ritzi lee – social interference*

josey rebelle
joey beltram – ten four

dj shahmaran
grrl & made of oak – interference*
granul – aksayan (hassan abou alam remix)*
skee mask – dial 274
rattlesnakke – escolopendra*
d3u5e & gav – namer*

blanka
paranoid london – the music
cleric – 2nd limit
kr!z – surge*
r.m.k. – connect*
atonism – temples*

apeiron crew
matias aguayo – el camarón
chloé robinson & dj adhd – dream*

[berlin / 16.11.2023] ohm: system revival

von anfang bis ende toll ausgesucht. vor mitternacht 13 10, danach 15 euro.

ablauf
22:00 diamin
00:00 charlton b2b pete
03:00 xdb

nachbetrachtung

eine runde sache, auch wenn ich mit arbeitstag und vorherigem entertainment im admiralspalast (siegfried & joy) etwas reizübersättigt ankam und daher schon um 4 uhr gegangen bin.

füllgrad hat die gesamte zeit über gut gepasst. etwas männerüberschuss, darunter auch leider die sorte, die sich den raum auf der tanzfläche nehmen bzw. in einem fall alles angraben, was nicht bei drei in nähe der peer-group ist.

ansonsten stand techno in verschiedenen variationen auf dem menü. diamin hat sich einmal mehr (letztes jahr im sommer bei der staub im ://-garten gehört und schon dort einen sehr guten eindruck gehabt) als dj gezeigt, die mensch auf dem zettel haben sollte. schön trockener, nicht zu fordernder, aber auch nicht zu zahnloser techno – warm-up nach maß.

charlton und pete gingen nach einer viertelstunde schon sehr in die vollen und merkten recht schnell, dass das pulver nicht gleich verschossen werden sollte. wirkte nach einer halben stunde wie aus einem guss, wobei die anteile von pete schon klar durchkamen. zeigt, dass ich ihn mittlerweile häufig genug gehört habe – in den notierten tracks steht daher ziemlich vieles, was mensch hier bereits gelesen hat. charlton hat das mit experimentiellerem gut ergänzt.

xdb machte dann an der schnittstelle zwischen techno und house weiter. denke, er wird das souverän beendet haben. fand es schön, dass nach dem b2b nicht die große aufbruchsstimmung herrschte, was sonst ganz gerne demotivierend für diejenigen wirken kann, die auf diesem slot gesetzt sind.

auch hier: sieht stark nach dauerkartenabo aus.

trackauswahl

diamin
dj hell – eat my house

charlton / pete
vlaysin – hit me beat me
dj boss – atmolam
joey beltram – instant (direkt darauf)
joey beltram – flash cube
surgeon – atol (direkt darauf)
british murder boys – rule by law
x-102 – dione
jeff mills – dna
timeblind – i was no mind
regis – model friendship
whitehouse – cut hands has the solution
thomas bangalter – what to do
dopplereffekt – rocket scientist
aphex twin – isopropanol
basic channel – phylyps trak
regis – speak to me
curve – falling free (aphex twin remix)

xdb
jammin‘ unit – remote car babe
jeff mills – sugar is sweeter

[berlin / 11.11.2023] about blank: staub xxl

und dann ist da noch der andere monatliche pflichttermin, den ich urlaubsbedingt im letzten monat verpasst habe. dafür jetzt mit übergröße.

ablauf

mdf
10:00 hks97
13:00 motram
16:00 caleb esc
19:00 stanislav tolkachev & katya milch
21:00 s.ra
00:00 sebastian bayne
03:30 ryba
07:00 savas pascalidis

lobby
12:00 lasha chkhaidze
20:00 snuffo live
21:00 toke
00:00 tamypro
03:00 ado
06:00 ady toledano

zelt
14:00 pilijo
16:00 rvds
19:00 kovvalsky
22:00 pause
23:00 hanna niehaus & early_desire & modschi

nachbetrachtung

war grob von 22 bis kurz nach 7 uhr anwesend und blieb auf keinem floor wirklich länger. hatte weniger mit der qualität der musik, sondern vielmehr mit dem verlagerten schwerpunkt (wohlergehen der*diejenigen hinter den schaltzentralen) zu tun. daher ist das resümee wesentlich stichpunktartiger als sonst.

im negativen gibt’s für mich nur wenig. zu nennen ist (wofür sowohl staub als auch das blank eher weniger was können) die herdendynamik, spezifisch eine gruppe davon: raucher*innen.
so sehr ich die rauchfreiheit innerhalb der gemäuer begrüße, wird sie in den kälteren monaten zu einem problem, da sich alle auf dem podest richtung garten versammeln. es ist zwar nachvollziehbar, die vom gebäude abstrahlende restwärme zu nutzen, um sich keine lungenentzündung einzufangen, aber der hauptversammlungsort direkt vor den türen ist suboptimal.

ansonsten für mich durchgängig angenehmer füllgrad und keine musikalischen ausreißer nach unten. toke mit tempiwechseln auf der lobby, was auch mal bis (gefühlte) 110 bpm heruntergehen konnte, tamypro bouncig-ravig, ado (mein dortiger favorit) rauher mit chicago-anleihen (einziger shazam des abends: hermeth – ghetto west coast), ady toledanos melodischer stil erinnerte mich an massimiliano pagliara.

den mdf fand ich durchgängig wenigstens stabil. s.ra mit gut forderndem dubtechno, bei sebastian bayne fand ich die ersten zwei stunden mit tracks aus den end-1990ern/anfang-2000ern (technasia – hydra, dj hmc – 6 am) besser als den schlussteil mit 144 bpm rave-techno. ryba räumte für mich wieder mal ab – ungefähr gleiches tempo, aber schnörkellos-trockener. und das, was ich schon relativ müde von savas pascalidis mitbekam, ließ auf das tribal-techno-revival hoffen.

im zelt ging’s nach der pause erst new-wavig, dann discoid/electroclashig/poppig weiter. funktionierte nach der anlaufphase so gut, dass die drei bis 5 uhr eine stunde dranhängen konnten.
grobe orientierungspunkte, alle weit nach mitternacht:
grace jones – pull up to the bumper
miss kittin & the hacker – frank sinatra

[berlin / 10.11.2023] berghain: reef

letzte ausgabe in diesem jahr mit einem line-up, das die vorfreude eigentlich schon in ungesundem ausmaß steigert.

reef

berghain
00:00 ema
02:30 lee gamble
04:00 dbridge
06:00 darwin

panorama bar
22:00 esposito
02:00 nvst
04:00 toma kami
07:00 djrum

nachbetrachtung

mit einer mischung aus freude und aufkeimender sorge kann ich sagen: das konzept der reef scheint zuverlässig aufzugehen. das bringt jedoch auch mit sich, selbst den freitag schon ähnlich wie den sonntag planen zu müssen – und das in komprimierterer form, weil der einlass nur bis 7 uhr (also zum start des letzten djs) stattfindet.
will heißen: wie schon bei den vergangenen malen reichte die schlange schon um 23 uhr fast bis zum kiosk. an der gästelistenschlange war da noch nichts los, aber das sah zwei stunden später mit einer schlange bis zum geldautomaten auch schon ganz anders aus. dauerte dort eine stunde, wurde mir berichtet. und das ist schon eine neue qualität.

mensch könnte also eine sonntagabend-ähnliche fülle vermuten oder gar befürchten, aber auch hier das gleiche bild wie in den vergangenen ausgaben: der laden war gut, jedoch beileibe nicht überfüllt. und das mit den durchaus richtigen leuten: viele touristen, im schnitt eher jünger. aber: offen für viele stile und euphorisch noch dazu – diverse arme in der luft sowie rewinds bei dbridge waren jedenfalls eindeutig. bei ihm (und auch lee gamble) befürchtete ich jedoch kurz, dass sich die reef wie die sub:stance ihrerzeit dem techno-publikum andient. mit ein paar tagen abstand sehe ich das etwas milder: wenn es technoid war, dann wenigstens nicht für längere zeit auf die durchgängig einfach zu verarbeitende 4/4-kick beschränkt, sondern gebrochen. also das, was ich mir seit eh und je für klubnächte wünsche.

zwei wermutstropfen gibt es, wofür die reef jedoch nichts kann. ersteren lasse ich mittlerweile unter der kategorie „zivilisationskrankheit“ laufen: gruppen, die an neuralgischen punkten einfach stehenbleiben und sich erstmal beraten (das geht auf der treppe zur panorama bar besonders gut) oder ohne das bewusstsein für andere unschlüssig herumstehen.
als zweiteres (und das laste ich der berghain-personalpolitik an) der ausfall eines der security-mitarbeiter, als unten schluss war: ich kann die frustration verstehen, wenn die sprachbarriere im weg steht, nicht mehr ganz fitten besuchern zu verstehen zu geben, dass der umweg über das treppenhaus der panorama bar genommen werden muss, um nach unten zur garderobe zu gelangen. das hätte durchaus mehr worte erfordert als „nach oben zur panorama bar“. stattdessen wurde der besagte besucher beim dritten mal einfach grob weggeschubst. wäre ich fußballkommentator, würde ich floskeln wie „zu grobes einsteigen“ bemühen. zum glück war der dritte im bunde (begleiter des betroffenen besuchers) erfolgreich um deeskalation bemüht, aber eigentlich wäre dies aufgabe des personals. ich werde das noch minimal erweitert ans berghain schicken, ehe ich grummelnd in der ecke auf kontaktaufnahme warte.

damit endlich zum positiven, und das betrifft den ganzen rest.
esposito mit der gleichen dramaturgie wie ein jahr zuvor eine etage tiefer: dubstep zu beginn, drum & bass in den letzten anderthalb stunden. klar band die öffnung des berghains zu mitternacht erstmal wieder ein paar leute, aber im vergleich zu ema (ebenfalls dubstep zu beginn) hatte er für mich inhaltlich die nase vorne. wobei das jammern auf hohem niveau ist.
erst recht ab 3 uhr, wo mensch vor guter musik auf beiden floors wirklich die qual der wahl hatte. auch wenn das set von lee gamble unmissverständlich klarmachte, dass jetzt hart raven angesagt ist, hat diese reef die sonst so etablierte räumliche ordnung für meine begriffe auf den kopf gestellt. will heißen: die panorama bar empfand ich über den gesamten verlauf musikalisch wilder. das ging beim durchaus technoiden, rauhen stil von nvst weiter (shazam ließ mich hier im stich, daher leider keine beispiele), toma kami blieb mit fast schon miami-bass artigen sachen über 140 bpm und später mit jungle-anleihen auch sportlich. und das fazit zu djrum hat jemensch bei reddit schon sehr gut auf den punkt gebracht: fucking hell!
hatte ich es zuvor noch von meiner kondition abhängig gemacht, bis zum schluss zu bleiben, war es am ende ein leichtes. wie schon im spätsommer in der else: ein parforceritt durch stile (dancehall, dubstep, jungle, drum & bass, hardcore-techno, braindance) und tempi, was sich auf dem papier wie chaos liest. aber aus seiner hand ging das so stimmig ineinander, dass amateur-djs still nach hause schleichen und sich erstmal für drei monate in klausur begeben wollen, um nur mal annähernd in die nähe zu gelangen (ich rede von mir). konsequent mit vinyl auf drei decks, und auf einmal ist auch der sinn der effekteinheit am pioneer djm klar. eine auch beim schlusstrack um 10 uhr immer noch gut gefüllte panorama bar und langer applaus sprechen für sich.

damit habe ich das berghain nur stiefmütterlich abgedeckt, dabei war dbridge dort auch ein hochgenuss und der grund, weshalb ich toma kami nur ausschnittsweise mitbekam. auch wenn er gut anderthalb stunden eher auf techno-tempo unterwegs war, dachte ich wieder einmal schelmisch daran, dass gestandene drum & bass-veteranen den meisten der jüngeren djs zeigen, wie das ganze auch interessant geht. und das ohne holzhammer, sondern mit der reduzierten soundästhetik, wie er sie seinerzeit mit autonomic mitgeprägt hat. toll von anfang bis ende. da hatte darwin keine schwierigkeiten, mit drum & bass anzuknüpfen und später mit footwork und einem remix von kylie minogues „slow“ zu landen (sehr wahrscheinlich ein bootleg, das shazam natürlich nicht gefunden hat. wer da mehr weiß, kommentiert einfach.). ihr hätte ich es gegönnt, noch eine stunde länger als „nur“ bis 8 uhr machen zu können. voll genug wäre es gewesen und der stimmung hätte das auf beiden floors meinem eindruck nach nicht geschadet.

also wieder mal klasse mit großer stilvielfalt und ein dafür dankbares publikum obendrauf. schade, dass es nur drei termine im jahr sind. geht es nach dem andrang vor der tür (und meinen wunschvorstellungen), ist der bedarf nach mehr durchaus vorhanden. aber andererseits bleibt die reef damit auch ein termin, auf den mensch sich besonders freuen kann. für mich entwickelt sie sich nicht nur zu einem bloßen dauerkartenabonnement, sondern ist auf dem besten weg zur herzensangelegenheit.

trackauswahl (*: shazam)

esposito
kercha – new world*
11th hour – foolish* (direkt danach)
onhell – the rake it up riddim (korostyle remix)*
j:kenzo – hoodwinked
fixate – focus*

ema
dlx – matter of fact (breakage’s relatively speaking mix)*
baitface – disrobe*

lee gamble
icicle – dominate (former remix)*
jurango – drolle posse
blawan – rubber industry

dbridge
henzo – the prowl*
eich – bleak*
coen – rattlesnake*
boofy – more or less*
yoofee – seek & move (molokai remix)*
plastikman – hypokondriak (auf um die 160 bpm)
goldie – inner city life (break remix)
itoa – hush hush*

toma kami
special request – vortex 150
rebound x – rhythm & gash (samurai breaks bootleg)*

darwin
rdg – lemon (feat. ill chill)*
dub phisix & skeptical – marka (feat. strategy)*
dj rashad – work 07*

djrum
danny goliger & choopsie – cycling*
the duke of juke – feel my mf bass*
struktur – 1 (a1)
squarepusher – theme from ernest borgnine
happa – blackberreh!*
gila – trench cadence
sha ru – temporary iteration*
kimyan law – komorebi*

[berlin / 04.11.2023] rso: ilian tape

kategorie „pflichttermin“. ich mach’s wie beim ähnlich großen stammlokal am wriezener karree und gehe sonntag nach dem frühstück hin. auch wenn ich dadurch leider so einige stammspieler*innen verpasse.

ilian tape

robus
00:00 zenker brothers
04:00 fireground live
05:00 deetron pres. soulmate
09:00 shed
13:00 alia
17:00 stenny
21:00 skee mask b2b mjk
01:00 dj plant texture

summe
00:00 mia koden
03:00 andrea live
04:00 re:ni
07:00 mantra

nachbetrachtung

meine zwei cents gelten von viertel nach eins (sonntagnachmittag) bis viertel nach eins (nacht von sonntag auf montag).
war mein einjähriges rso-jubiläum, fiel mir immerhin schon auf dem nachhauseweg ein. was ich bei der premiere letztes jahr noch bemängelte (kalte flure zwischen den einzelnen gebäuden), ist dank der in die container eingelassenen heißluftrohre behoben. wie es um das klima in der summe bestellt ist, weiß ich nicht – dafür war ich leider zu spät dran. also muss auch meine premiere in bezug auf mantra noch warten.

sonst kann ich’s einfach halten:
musikalisch durchweg beste unterhaltung und die tanzfläche zu hochzeiten vielleicht dreiviertelvoll. gerempel damit quasi ausgeschlossen, ich konnte also endlich wieder mal einen sonntagnachmittag sowie -abend ohne ständiges abscannen der umgebung tanzen.
müsste ich mich auf eine hitliste festlegen, wäre das die reihenfolge: stenny, skee mask / mjk, alia. jammern auf sehr hohem niveau, bei den ersten beiden plätzen entscheidet das zielfoto.

alia hatte eine schön zwischen techno und breakbeats vermittelnde auswahl, der anteil hielt sich auch die waage. manche übergänge hätte sie länger als acht takte (oder das doppelte) gestalten können, weil die tracks gut ineinandergepasst haben. gilt nicht für alle mixe und wurde mit fortschreitender zeit auch sicherer. war evtl. auch eine frage des lampenfiebers / sich auf die technischen gegebenheiten einstellen / was auch immer. der flow hat darunter nicht gelitten.

in diesem punkt geht die krone absolut an stenny. gefühlt drei viertel breakig, dazu sportliches tempo (ungetappt geschätzte 145 bis 150), ohne dass es mir so vorkam. in der ersten stunde auch mit techno-tracks, die (jetzt kommt der trance-banause ohne ahnung durch) durchaus auch im psy-kontext hätten bestehen können. würde das gerne mit beispielen untermauern bzw. zur verifikation stellen, aber shazam hat bei so gut wie jedem versuch während seines sets versagt.
durchatmen konnte mensch gerne bei minimaleren techno-tracks oder dubstep, den vorwärtsgang konnte er wie aus dem handgelenk mit zwei tracks wieder erreichen.
eines der sets, die mit vielseitigkeit gezeigt haben, dass sich tanzbarkeit und experimentierfreude echt nicht ausschließen und damit für die idee, mit der techno mal angetreten ist, für das rso und für ilian tape sowieso bestens repräsentativ.

nach der vorlage war’s nur nachvollziehbar, dass skee mask / mjk erstmal mit house um die 130 bpm anfingen. hatte aufgrund dessen die leise sorge, dass es eine neuauflage des sehr techno-lastigen b2b von skee mask und stranger vom februar im ohm wird, aber das war nach vier stunden unbegründet. waghalsige temposprünge bis zu jungle / drum & bass blieben aus, aber fordernd genug war das ab der zweiten stunde auch für die jüngere generation. muss ich eh mal lobend erwähnen, dass die leute die gesamte zeit meines besuchs über nicht schmollend mit den füßen abgestimmt haben, indem sie entweder wegblieben oder kopfschüttelnd mit verschränkten armen auf dem floor standen. stattdessen waren sie die ganze zeit über ziemlich gut dabei, wenn auch im vergleich zu synoid- oder wana-partys nicht so zahlreich. aber bekanntermaßen freue ich mich eher über weniger leute, die solche musik zu schätzen wissen als sich bei standard-techno (oder schlimmer) gegenseitig auf den füßen herumzustehen.

insofern gibt’s bei den beiden nichts zu meckern. eher sind die stilistischen überschneidungen trotz vielfalt lobenswert, so dass sich das b2b nicht nach kraut und rüben anhörte. wo stenny die krone für das gesamte set gebührt, heimst skee mask die für den moment der party ein, in dem ich kurz still mit gänsehaut auf der tanzfläche stand. der grund dafür in stichworten: 1969, boards of canada, letzter track im set.

für dj plant texture war ich wiederum zu kurz da, ein urteil wäre hier also ziemlich anmaßend.

notierte tracks (*: shazam)

aria
paul johnson – i’m a freak (and your girl is too)
robert hood- the rhythm of vision
marco faraone – why*

stenny
toma kami – blades*
jurango – psi*
verraco – jajaja*
aphex twin – fenix funk 5*

skee mask / mjk
gene farris – april snow*
grain – b2 (12fat002)*
ramadanman – work them (direkt danach)
marcel dettmann – duel
beneath – giv sum (direkt danach)
anthony shakir – the floor filler
dj diamond k – damn track*
mala – eyez
mala – 2 much chat (ziemlich dicht aufeinander)
silkie – test*
dj funk – fear the world
grain – b1 (12fat017)
hodge – sub 100
phoenecia – odd job (rhythm box)
hu – som sám*
joey beltram – instant (paul johnson remix)
richie hawtin – minus orange 1
deetron – vertigo*
opus 3 – it’s a fine day (burt fox remix)
dexplicit – fire bell*
mala – changes (direkt danach)
burial – versus
fat freddy’s drop – cay’s crays (digital mystikz remix) (direkt danach)
dj bone – the funk
aux 88 – direct drive
addison groove – work it (direkt danach)
aphex twin – digeridoo (direkt danach)
mala – miracles (direkt danach)
boards of canada – 1969 (schlusstrack)

[berlin / 28.10.2023] zenner: vril x zenner

teil nachträglich verfasster und auf das besuchsdatum rückdatierter nachbetrachtungen für das tagebuch. entsteht am 8. januar 2024 und damit nach der unsäglichen entgleisung der booking-abteilung gegenüber des karneval de purim, was hoffentlich intern adäquat aufgearbeitet wird. ich hoffe stark, dass die ergebnisse noch transparent seitens des zenner kommuniziert werden. das programm sowie der ort an sich sind ansprechend genug, als dass ich einen weiteren ort zur no-go-liste hinzufügen möchte (für’s protokoll: der andere ist das kit kat).

ablauf

saal
00:00 resom
02:00 lena willikens
03:00 vril live
04:00 voiski live
05:30 ateq

klub
01:00 his master’s voice b2b vril
03:00 lawrence
05:00 noirnor

(in dieser nacht fand die zeitumstellung statt. lena willikens hat also zwei stunden gespielt.)

nachbetrachtung

ich wünschte, ich wäre etwas präsenter bzw. fitter gewesen. aber das vorprogramm machte mir einfach deutlich, dass das tanzen auf mehreren hochzeiten nicht mehr so einfach geht wie vor 20 jahren. selbst da gab es augenblicke, in denen ich um 3, 4 uhr etwas neben mir im club stand. so ähnlich war das auch dieses mal.
in stichworten: amtshilfe beim nestbau außerhalb berlins, samstagabend zurück, noch schnell nach kreuzberg richtung paul-lincke-ufer, um gerade noch rechtzeitig dem hardwax am alten standort die ehre zu erweisen, danach zu einer geburtstagsfeier in alt-treptow und schließlich bei bestem herbstwetter (dauerregen) zum zenner.

der ambient-floor war also meine wahl. und der wurde im vergleich zur erstausgabe drastisch verbessert. erstmal dunkleres licht, dann teppich und kissen in der mitte sowie genügend sitzgelegenheiten außen. klang dadurch auch nicht mehr so verhallt. wenn das brandschutztechnisch in ordnung geht, wären noch im raum verteilte sofas oder sitzsäcke schön. im gedächtnis ist mir nur das eröffnungsstück von „nothing is still“ von leon vynehall geblieben (keine ahnung, ob hmv oder vril das gespielt hat). bei lawrence und dessen veröffentlichungen auf mule musiq weiß mensch, dass er sich in dem genre äußerst wohl fühlt. war dort eine tolle besetzung, untermalte sein set mit einem becken.

oben gibt’s nichts zu meckern, außer dass lena willikens bei ihrer durchaus acid-betonten auswahl mit trance-anteilen so tief in die sammlung gegriffen haben muss, dass shazam mich stetig im stich ließ – außer bei einem: peter vriends – joy (la musique des enfants joyeux). vril und voiski tauschten kurzfristig ihre slots, nach vrils set bin ich jedoch gegangen, da bereits sitzend- und stehenderweise ko. an sich schade, weil der füllgrad es durchaus hergegeben hätte, dass ich mich stressfrei an fast jedem punkt der tanzfläche hätte hinstellen können.

[berlin / 21.10.2023] berghain: klubnacht

teil der nachträglich verfassten nachlesen und auf das datum des besuchs zurückdatiert.

klubnacht

berghain
00:00 akanbi
04:00 quest?onmark
08:00 virginia
12:00 ok williams
16:00 rolando
20:00 len faki
00:00 vincent neumann

panorama bar
00:00 curses
04:00 pablo bozzi
08:00 massimiliano pagliara
12:00 omoloko
16:00 batu
20:00 lakuti
00:00 jason kendig

nachbetrachtung

ich war spontan da. wollte eigentlich am freitag zum pan-jubiläum, aber skrillex wird zu einer monströsen schlange führen und arca das ganze als neuer zugang zum line-up noch befeuern. stattdessen nutze ich lieber die möglichkeit, anderweitig karmapunkte zu sammeln.

noch dazu hatte ich die hoffnung, dass es wegen des amsterdam dance event eher entspannt ist. hat sich zu großen teilen auch erfüllt – eine nennenswerte schlange gab’s von nachmittag an nicht, und drinnen war’s selbst nach 20 uhr noch aushaltbar, wenn mir auch im berghain eine spur zu viel.

klare musikalische trennung – zumindest in der zeit meiner anwesenheit von 14 bis 22 uhr. war jedoch erst zu lakuti mal länger in der panorama bar. dort fand alles konsequent unter 130 bpm statt, was mittlerweile auch keine selbstverständlichkeit mehr ist.

ok williams mit zügigem tempo, gegen ende bei 150 bpm. rannte mit ihren drops beim jüngeren publikum offene türen ein, aber glücklicherweise war’s kein techno der stumpfen sorte bzw. eurodance- oder hardtrance-verschnitt. stattdessen auch mal zwischendurch auflockerungen durch breakiges (pluspunkt). ähnlich wie marrøn: in der form kann ich was damit anfangen.
rolando war der hauptgrund meines besuchs und mir fiel erst vor ort auf, dass sich sein slot mit dem von batu überschnitt. entschied rolando auch klar für sich. gut zehn schläge pro minute langsamer als seine vorgängerin, zu beginn auch mit deutlich weniger druck unterwegs. aber dieser neuaufbau ging nach der vorlage und im kontext des restlichen verlaufs sowie der uhrzeit sehr klar.
lakuti mit tribal-elementen, len faki reduzierter als noch vor jahren, aber nicht minder treibend. beides war für mich als zaungast in ordnung, ins getümmel wollte ich mich da nicht mehr stürzen.

tracks (*: shazam)

ok williams
j tijn – sledge*
jimi joel – so uhm…*
dj decay – seethe mode*
jensen interceptor – ridin’*
assembler code & jensen interceptor – bioluminescence*
antigone – dance

rolando
samuel l session – diaspora pt. 3*
uncertain – toxic*
fixon & gene richards jr – strange occasions*
temudo – scars*
shlomi aber – righ*
e-dancer – pump the move
dave clarke – protective custody
outlander – vamp
jeff mills – spider formation
underground resistance – jupiter jazz (gut möglich, dass es auch der bislang nicht veröffentlichte mark broom edit war)

[berlin / 16.09.2023] berghain: klubnacht

liest sich jetzt etwas pathetisch, aber das könnte der für mich letzte sonntag in diesem jahr sein. im oktober ist das 15-jährige bestehen von pan an einem freitag für mich am interessantesten, obwohl noch kein line-up dafür draußen ist. gleiches gilt für die reef (10. november). und der dezember ist mit dem geburtstag sowie silvester / neujahr ein kandidat für überbevölkerte gänge / tanzflächen etc. – da hoffe ich auch auf einen attraktiven freitagstermin.
aber erstmal der kommende sonntag, bei dem mit ogazón sowie roman flügel leute im berghain-angebot stehen, die mensch eher eine etage höher vermuten würde. das lockert hoffentlich einiges auf.

klubnacht

berghain
00:00 primal state
04:00 luigi di venere
08:00 roman flügel
12:00 zisko
16:00 ogazón
20:00 marcel dettmann
00:00 tasha

panorama bar
23:59 eva be
04:00 axel boman
08:00 roi perez

19:30 tama sumo
00:00 nd_baumecker b2b francesco menduni

garten
12:00 ruby savage
16:00 nicola cruz

säule
20:30 mathew jonson live

nachbetrachtung

eingestempelt: 10 uhr früh
ausgestempelt: 1 uhr nachts

und um mit der kurzform einzusteigen: gemessen an den neuerlichen standards war’s eine der entspanntesten klubnächte in diesem jahr. auch mit die wärmste (drinnen), aber das sollte mensch auch langsam nicht mehr überraschen.

musikalisch schon wieder wenigstens gut, im berghain jedoch durchgängig besser als nur durchschnitt. einzig ruby savage war mir insgesamt zu vocal-/piano-lastig / discoid, aber das ist vielmehr mein problem. holte mich kurz vor schluss ihres sets mit „throw“ (und das auch quasi komplett gespielt) wiederum sehr ab. nicola cruz gefiel mir (gerade in seiner chicago-lastigen ersten stunde) im vergleich besser.
ansonsten haben die kandidat*innen, die mensch sonst eine etage höher verorten würde, mit wehenden fahnen alles abgeräumt. ogazón ein bisschen mehr als roman flügel, was aber auch am sonntagabend wie üblich gesteigerten füllgrad lag – gegen mittag war der zustand auf der tanzfläche für mich quasi ideal.
roman flügel jedenfalls um die 140 bpm, also auch dem zeitgeist entsprechend flott unterwegs. nur kam mir das nicht so schnell vor, stumpf war’s zudem auch nicht, sondern vielmehr eine lektion darin, was ich an neuheiten im techno-bereich (unberechtigterweise) nicht beachtet habe.
zisko hat tempotechnisch sogar eine kleine schippe draufgelegt, aber auch nicht schneller als 145/146 gespielt, dabei auch gezeigt, dass das durchaus melodisch (anfang) bzw. toolig mit tribal-elementen (weite teile vom rest) gehen kann. kein monotones durchbrettern, hat für meine begriffe eine echt gute visitenkarte abgegeben und damit hoffentlich nicht zum letzten mal dort gespielt.
ogazón bringt ein charisma mit, welches die menge mit euphorisiert. wäre ich sportjournalist, würde ich jetzt eingeschliffene phrasen wie „start-ziel-sieg“ bemühen. langsamer als ihre vorgänger (135 bpm), womit ich gerne nochmal wiederhole: es geht auch ohne tempowettlauf und mit der vereinigung von altem und neuen.
marcel dettmann mit einem der besten tracks zu beginn, die robert hood jemals produziert hat („detroit: one circle“), jedoch grätschte ein gewisser mathew jonson dazwischen. ich gebe es ehrlich zu: nachdem ich sein liveset von der diesjährigen time warp dank arte concert gesehen habe, hatte ich nicht allzu viel erwartet. dort haben mich die kurz auftretenden dissonanzen angesichts seiner vergangenen live-acts und produktionen schon etwas stutzig gemacht. nach gestern abend sind aber keine fragen mehr offen: gut 100 minuten spielzeit, wahnsinns-aufbau mit vertrackten minimalen beats, dann dem publikum endlich die 4/4-kick geben, dazu das „india in me“-motiv längere zeit mal mehr, mal minder im vordergrund und andere tracks drumherum tänzeln lassen. außerdem noch eine in breakbeats zerhackte version von „decompression“, die gerne so veröffentlicht werden kann (und damit es raus ist: ich fand die b-seite immer besser) und „marionette“ mit „typerope“ vermischt als zugabe. die beats live mit der roland tr-8 nach belieben umgebaut – da war nichts statisch. kurz: er hat die klasse an den tag gelegt, mit der er mich anno 2006 im berghain bereits überzeugen konnte.
zurück zu marcel dettmann, geeigneten platz bei der sonntagsfülle suchen. womit ich beim hauptgrund bin, weshalb der gestrige sonntag als einer der in diesem jahr angenehmsten für mich gilt.

nach den seit dem csd auftauchenden, in den letzten wochen jedoch abflauenden nachrichten über sechsstündige wartezeiten in der schlange und entsprechender fülle hatte ich gehofft, dass dieses ungewöhnliche berghain-booking ein paar leute zuhause bleiben lässt. oder das spätsommerliche wetter zum ausflug an den badesee animiert. zugegeben blitzte das schlechte gewissen ob des guten wetters gestern auch kurz bei mir auf, aber dafür gab es den garten, in dem es sich auch gut sitzen und plaudern lässt.
stattdessen war die schlange gestern zum schichtwechsel an der tür (gegen 18 uhr) am längsten: hälfte des weges. den rest des tages sowie abends waren die wartezeiten nicht weiter nennenswert. klar: die schlangen vor den toiletten waren ab 18 uhr allerorten jenseits von gut und böse und der durchgang zum garten entpuppt sich immer wieder als nadelöhr, wenn leute einfach nicht begreifen, dass mensch sich im gang oder im bereich der treppe zum garten eher weniger verquatschen oder bei aus- und eingängen platz lassen sollte.
sonst war ich erstaunt, dass ich im berghain selbst vor den rechten podesten während marcel dettmann tanzen konnte. das jedoch nicht ganz unbehelligt, so dass ich lieber nach links ging.

um dem stream of consciousness mit „nach links gehen“ mal völlig freien raum zu lassen und die nachlese zur reef zu ergänzen, bei der ich die hoffnung geäußert hatte, dass die veränderte position der subs zu einem besseren publikumsfluss nach vorne links führt: hat sich bestätigt. zwar geht dadurch auch die sicht zwischen den beiden stacks auf die tanzfläche verloren, aber wenn mensch am sonntagabend in einigermaßener ruhe tanzen möchte, geht das hinter den subs, jedoch auch überraschenderweise vor den beiden linken stacks ziemlich gut.
und vorne links erst recht. dort ist die verlagerung des podestes auf die rechte seite zwischen den beiden dortigen stacks gerade am sonntagabend im hochbetrieb für mich gold wert. manche können bemängeln, dass sich dort nicht genügend leute tummeln, um wirklich für stimmung zu sorgen. die sind dafür rechts vor dem dj, können für meine begriffe auch gerne dort bleiben und für die leute platz machen, die zur bar möchten. vorne links gibt es höchstens den durchgangsverkehr zum darkroom oder unter der treppe hindurch nach oben richtung panorama bar. aber das hält sich in aushaltbaren grenzen. der durch das weggefallene podest entstandene freiraum lässt die leute zügiger ab- oder zufließen, und überraschenderweise halten sich in den schmalen durchgängen zur tanzfläche zwischen subs und linken stacks auch kaum leute auf.
mag sein, dass das an richtig vollen sonntagabenden anders aussieht, aber die vermeide ich auch nach möglichkeit. stand gestern abend halte ich erstmal fest: linke seite = kein durchschlängeln mehr.

außerdem nachgereicht: die nun verbauten komponenten, die herbieville bei reddit aufgelistet hat (allesamt funktion one).

  • ds210+ds15-kombination (die von der decke vorne und hinten hängenden tops. waren schon vorher da, sind geblieben und auch in betrieb.)
  • die bestandteile der vier stacks: drei f218 (waren vorher vier), vier evo 6el, zwei evo 6eh
  • die satelliten-lautsprecher vorne links und rechts: zwei evo 6eh
  • die subs: sechs f124 in einem 2×3-array

faszinierend dabei: wenn mensch direkt vor den subs steht, ist der druck sehr gut auszuhalten. finde ich direkt vor den stacks intensiver. generell kann mensch sich jetzt den bassdruck basierend auf der position der tanzfläche aussuchen. vorne links ist tendenziell weniger, dafür sind die höhen und mitten präsenter.
mit der klubnacht-erfahrung im vergleich zur reef lässt sich sagen: der charakteristische berghain-sound hat nicht gelitten, nur feinschliff wäre gut. ich fände es bspw. besser, wenn die beiden satelliten-lautsprecher in den hohen frequenzen etwas begrenzt werden.
außerdem auffällig, aber weniger aufgabe von funktion one, sondern vielmehr der hauseigenen technikabteilung: ogazón spielte durchgängig mit vinyl und bei einem acapella gab es rückkoppelungen vom technics. nun gilt der nicht als am besten isolierter plattenspieler am markt, jedoch dachte ich, dass das nach all den jahren vor ort bereits im griff wäre.

soviel zur technik. um die kurve zurück zum abend an sich zu kriegen: marcel dettmann brachte das ganze mit gewohnter routine und dem einen oder anderen electro-track bei 135 bpm (für seine verhältnisse ist das geschwindigkeitsrekord) so gut über die bühne, dass er seinen status als einer meiner lieblings-residents einmal mehr untermauert hat.
tasha danach überraschenderweise mit cdjs und zackigerem tempo, da fand ich nd und francesco oben angenehmer. jedoch bestand meine letzte stunde zwischen mitternacht und 1 uhr nur noch aus herumstreunen, um zu hören, wie sich beide sets so anließen.

trackauswahl (*: shazam)

roman flügel
jark prongo – movin thru your system (dave clarke remix)
tensal – inhospitable*
sev dah – audio grape*
pfirter – dynamical systems*
yan cook – sweat*
teste – the wipe

zisko
surgeon – la real

ruby savage
paperclip people – throw (unreleased version, die auf der „sessions“ enthalten ist)

nicola cruz
sluts’n’strings & 909 – summerbreeze
gant-man – distorted sensory (loefah’s south side remix)*

ogazón
ø [phase] & rødhåd – 180215* (lustigerweise erst von shazam identifiziert als nalin & kane – beachball (tall paul remix))
shlomi aber – liquid pressure*
psyk – bite back*
grain – untitled b1*
mark williams – a dj’s groove*
platform – rowcast
matrixxman & setaoc mass – reckoning*
remco beekwilder – transmax*
introversion – onryo*

marcel dettmann
the vision – detroit: one circle
cynthia stern – dampfmaschine*
spokesman – acid creak (pierre’s reconstruction mix)
johannes heil – der tod (b1)
octave one – blackwater (e-dancer vocal dub)

nd_baumecker / francesco menduni
smooth touch – house of love (tom flynn strictly rhythms edit)

tasha
the advent – sketch 3

[berlin / 14.09.2023] berghain: sunn o))) shoshin (初心) duo / kali malone

einlass ab 18:30 uhr, beginnt bereits um 19:30 uhr. auch hier: tickets ausverkauft, ggf. über ticketswap schauen.

nachbetrachtung

das lässt sich kurz machen. kali malone modular und auch mit höher-mittigen frequenzen unterwegs, die ich bei drone als eher störend empfinde. ist aber geschmackssache. zur einstimmung passte das schon und das zu wenige an bass haben die herren anderson / o’malley locker ausgeglichen.

auch wenn der musikalische vergleich zu autechre vorne und hinten hinkt, ist ihr nonverbales verständnis auf der bühne ähnlich. wie bereits im festsaal vor vier jahren ein konstanter fluss über 80 minuten. wenig änderungen beim licht, außer zu beginn, wo das publikum kurz mit einbezogen wurde. nach wie vor viel konstanter nebel. ohne gehörschutz völlig leichtsinnig, aber ein erlebnis, das ich mir an ort und stelle wieder geben würde.

[berlin / 13.09.2023] columbiahalle: die ärzte – herbst des lebens

auftakt für konzertankündigungen, was mich nun wiederum auch in die situation versetzt, die der letzten jahre mit nachbetrachtung nachzureichen.

keine vorband, beginn um 20 uhr, einlass ab 18:30 uhr. tickets sind ausverkauft, also viel glück auf dem sekundärmarkt.

nachbetrachtung

da ich immer gerne mit dem negativen einsteige, mache ich hier keine ausnahme. nicht aus freude am meckern, sondern eher daran, dass es wenig nennenswertes gibt.

links hinter dem foh stehend gab es im letzten drittel einfach keine möglichkeit, richtung moshpit zu kommen. mein lebensziel, wenigstens einmal crowdsurfing probiert zu haben, bleibt dadurch immer noch ohne kreuz daneben auf der liste.

insgesamt also mehr oder minder viereinhalb stunden herumstehen: kurz nach 18 uhr in der halle, ende war um 23 uhr. die statik geht wesentlich mehr auf den rücken als etwas hüfteschwingen oder sich im pogo zu versuchen. die versuche wollte da hinten keine*r unternehmen – auch völlig ok so.

fans, die bei konzerten – und insbesondere in dem rahmen – „westerland“ oder „zu spät“ erwarten, sollten ihre ansprüche hinterfragen.

ich hatte während des konzertes schon den eindruck wie farin, dass das publikum eine menge anschubmotivation braucht. hat sich durch youtube-videos etwas relativiert, da vorne doch einiges mehr ging. kritiker*innen bzw. an charthits festklebende fans können das natürlich auf die setlist zurückführen, womit ich mir nicht den status eines ultras anmaßen möchte, der wirklich jeden album-song im schlaf mitsingen kann (davon bin ich lichtjahre entfernt).

und damit komme ich endlich mal zum positiven. mit der erfahrung von drei konzerten im rücken und damit dem wissen, eine band vor sich stehen zu haben, für die es (auch bei festivals, wie mensch in diesem sommer gesehen hat) hochverrat an sich selbst und dem publikum wäre, nur ihr best-of abzuspulen, bleibt für mich als normalo-fan eigentlich nur „ganz schön viel richtig gemacht“ als fazit. mein erster eindruck nach dem ende war tatsächlich, dass sie geübt haben müssen. sicher saß der text bei bela nicht immer, aber dafür gibt es das textsichere publikum. auch geschenkt, dass wenige kalauer bei den ansagen ein rohrkrepierer waren. dafür bleibt die kakophonie haften, als farin „teenager liebe“ (bzw. zum teil auch „paul“), bela „omaboy“, rod „du willst mich küssen“ und allesamt zugleich die verschiedenen songs spielten, was farin als einzigen der drei vor lachen abklappen ließ, während bela und rod es diszipliniert durchgezogen haben.

es ist also nach mehr als 40 jahren bandgeschichte und einer so gut wie vierstelligen anzahl an konzerten immer noch amateurhafte routine bei den dreien, ohne sich dabei auch nur ansatzweise ernstnehmen zu wollen. da kann farin selbst eines seiner persönlichsten stücke („leben vor dem tod“) verstolpern und das auf den geruch von wunderkerzen schieben – den wechsel zur temporären ernsthaftigkeit schafft er trotzdem aus dem handgelenk. genauso wie sie auch wissen, dass fans nach zweieinhalb stunden mit einzelnen hits, aber zumeist live selten gehörten stücken auch endlich mal die hits verdient haben, dann eben zum hundersten male songs wie „hurra“ oder „schrei nach liebe“ spielen und dabei keine spur gelangweilt wirken.

wenn es manchen zu wenig aus den 1980ern, zu viel von „le frisur“ oder die falschen songs von den beiden neuen alben war (auch wenn farin letztes jahr in der wuhlheide meinte, dass „anti“ zu schwierig wäre: lasst es bitte mal drauf ankommen, bringt gerne „alle auf brille“ zurück und macht „plan b“ gerne zum stammbestandteil der setlist), lasse ich das ihnen gerne. ich habe mich wie bei den drei konzerten vorher auch blendend unterhalten gefühlt und immens gefreut, sie in so einem kleineren rahmen zu sehen. selbst am foh in der columbiahalle stehend waren sie dem publikum näher als vom mittleren bereich des innenraums der wuhlheide aus gesehen. die ausgestaltung des abends ist und bleibt eine frage der künstlerischen freiheit. und die können sie nach all den jahren immer noch mit einer mischung aus routine, überraschungen und (mit am wichtigsten) einer spürbaren wiedergewonnen spielfreude und dem spaß untereinander sowie mit dem publikum bravourös beantworten.

hätte ich kein ticket für sunn o))) am nächsten abend gehabt, wäre ich wieder hin. hat auch damit zu tun, dass ich sie gerne so häufig wie möglich sehen würde, bevor sie sich in den ruhestand verabschieden. aber so haben sie mich davon überzeugt, im nächsten jahr dann doch wieder zum flughafen tempelhof zu pilgern. generell können sie gerne wieder den gleichen ansatz wie zu dieser tour fahren, was auch irgendwie für das alleinstellungsmerkmal der besten band der welt spricht: eine tour in kleineren hallen mit einem vorlauf von zwei wochen ankündigen, diese dann innerhalb kürzester zeit weitestgehend ausverkaufen, damit eher die langjährigeren fans ansprechen und den intimeren rahmen für den gang in die tiefe der diskographie nutzen.

in der form hoffe ich jedenfalls stark, dass sie auch mit 70 noch lust auf das ganze haben. um den nachwuchs an fans mache ich mir zumindest in berlin weniger gedanken: auch wenn der großteil der leute zwischen 30-50 lenzen gezählt haben muss, waren auch einige kinder sowie ältere dabei. wird sich zeigen, welche altersgruppen sie in zehn jahren noch mobilisieren können. wenn das bedeutet, dass sie „nur“ noch kapazitäten bis zu 5000 leuten ausverkaufen können, nehme ich das gerne mit. dort scheinen sie echt zur hochform aufzulaufen.

gromek!