einkauf vom 4. januar 2021

(frisch auf wordpress 5.6 aktualisiert, wobei sich beim editor jetzt nicht so viel getan hat.)

allem voran: ein frohes und gesundes 2021 allen mitleser*innen. es kann ja eigentlich nur besser werden, wenn denn sowas wie eine strategie aufgeht. die von bandcamp besteht fort: von februar bis mai wird deren anteil an den ersten freitagen im monat weiterhin direkt weitergeleitet. ich kann nur spekulieren, warum der 1. januar als erster freitag in diesem jahr ausfiel – viel anlass zum neujahrskater gab es ja eigentlich nicht, uneigentlich bin ich aber auch nicht vom fach.

wie auch immer: seit dem 1. januar ist dies hier online:

richie hawtin
concept 1 96:12


es war 1995, kurz nach dem oklahoma-attentat, als herr hawtin nebst seinem bruder für einen gig in new york von kanada in die usa einreisen wollte. ohne arbeitserlaubnis seinerseits fanden die nach dem anschlag in kraft getretenen restriktionen anwendung – mit 18 monaten einreiseverbot als ergebnis. für richie ein (auch persönlicher) tiefschlag. ein plastikman-album wurde auf eis gelegt, gigs waren für ihn nur noch international möglich.
für ihn war es die initialzündung zur aufnahme neuen materials, das komplett in eigenregie hergestellt sowie vertrieben werden sollte. eine 12″ pro monat, jeweils auf 2.000 stück limitiert, begleitet von einem abonnement-service – die titelwahl erscheint damit auch heute noch mehr als plausibel.
am ende standen also zwölf einzel-vinyls und ein auf 1.000 stück limitierter schuber bei der letzten platte. ordnet mensch diese chronologisch, ergibt die rückseite das plus-8-logo. meine erste war die „11:96“, und es hat wenigstens 15 jahre gedauert, bis ich alle komplett hatte (ja, inklusive schuber – nein, nicht verkäuflich).

allen durch die isolation entstandenen nachteilen zum trotz (oder gerade deshalb) produzierte er in der zeit jedoch tracks, die es für meine begriffe mühelos mit den damals schon hoch im kurs stehenden plastikman-sachen aufnehmen konnten. er reduzierte die bereits entwickelte ästhetik noch weiter und zeigte bereits in richtung „consumed“. die kleine spitze kann ich mir daher nicht verkneifen: weit voraus ist das material dem meisten, was im zuge der auch von herrn hawtin ausgelösten und aufrecht erhaltenen mnml-welle der 2000er-jahre durch die clubanlagen gespült wurde.
1996 lässt sich in der rückschau bereits als das jahr bezeichnen, in dem die innovation im techno in der reduktion lag, nachdem die katerstimmung angesichts der immer noch rollenden kommerzialisierungswelle (wir erinnern uns: die erste love parade auf der straße des 17. juni fiel ebenfalls in dieses jahr) anhielt. wolfgang voigt setzte diesen bereits auf profan begonnenen weg der dubgeschwängerten reduktion mit studio 1 ebenfalls über das jahr verteilt um. basic channel reduzierten die melodien zugunsten noch größerer dub-hallräume mit der m-6 ähnlich wie herr hawtin hier – und sähkö machten einfach weiter wie bisher.

die nun so gut wie 25 jahre später eingetretene globale quasi-isolation hat herr hawtin zum anlass genommen, die gesamte reihe bei bandcamp zur verfügung zu stellen. das alles klingt schon in der vorschau so viel sauberer als die pressungen und inhaltlich immer noch zeitlos. wer sich die gesamtveröffentlichung zulegt, bekommt einen gut fünfminütigen bonus-track in schönster dubtechno-tradition obendrauf.
das ganze soll bis ende januar auf bandcamp bleiben und anschließend als dreifach-vinyl veröffentlicht sowie auf streaming-plattformen zugänglich gemacht werden. ich für meinen teil wollte das jedoch endlich in cd-qualität auf meiner festplatte wissen, da meine fortschritte bei der digitalisierung der serie bislang bescheiden waren.

[berlin / 02.10.2020] revier südost: mother’s finest

ja, ganz richtig – es war ziemlich gut letzte woche. weitere gründe finden sich beim blick auf das line-up.

jetzt auch mit ablauf, miriam schulte wird nachgeholt.

14h00 franklin de costa
16h00 shanti celeste
18h00 jasss
20h00 skee mask b2b stenny

nachbetrachtung

gut vier jahre später am 24.10.2024 ohne wirkliche erinnerung an details, so dass shazam einspringen muss.

war erst abends zu jasss dort, selbige ziemlich funktional. skee mask und stenny risikofreudiger, gut halb gefüllte tanzfläche. herbst-typisch etwas frisch um die beine, aber die musik lud zum bewegen der gliedmaßen und damit zur körpereigenen wärmeproduktion ein. da war’s ein leichtes, bis zum schluss zu bleiben.

notierte tracks

skee mask b2b stenny
sir spyro – side by side (feat. big h, bossman birdie & president t)
novelist – man better jump
kansas city prophets – intercom
musical mob – pulse x
miss modular – earplug

[berlin / 25.09.2020] revier südost: revier südost

das ist der neue standort der griessmühle. vor einer woche bereits eröffnet, aber da hat es sich aus nachzulesenden gründen nicht ergeben, dass ich mir das näher anschaue. das line-up ist heute eh besser und ich wegen spontanen planänderungen nun dabei.

revier südost
14h00 msjy
16h00 saoirse
18h00 dj stingray
20h00 blawan
22h00 ende

nachbetrachtung

am 6. februar 2024.

das war noch vor dem rassistischen vorfall mit der tür, wonach sich das rso eine auszeit verordnet und die cluberöffnung verschoben hatte. in meinem hinterkopf fand der direkte vergleich zum wintergarten der griessmühle statt, der mit seiner holzästhetik etwas vom geist der bar 25 hatte und auch bei schlechter witterung ein trockenes obdach bot. das alles fehlt im rso – statt holz dominieren jetzt stahl und beton. die tanzfläche lag zu der zeit noch in richtung spree, was anlass für anwohner*innenbeschwerden und schlussendlich zu deren verlegung ganz grob zwischen summe und robus geführt hat. die änderung habe ich wiederum bis dato nicht in augenschein nehmen können und hoffe da einfach auf die wärmeren monate anno 2024.
die damalige tanzfläche besteht jetzt jedenfalls aus sitzgelegenheiten. fand es schon damals gut, dass mensch auch am rand genug platz fand. von der aus der griessmühle bekannten europalettenästhetik war nicht mehr viel übrig – es wirkte alles viel solider. die toilettensituation aus dem stand erst recht.
einzig die höhe des dj-pults stieß mir etwas auf. war dieses in der griessmühle nur leicht erhöht, waren das im revier mal eben gut 1,30 meter, worunter die subwoofer platz fanden. „waren“, weil: ist durch die verlegung des dj-pultes nun wesentlich niedriger. für den überblick beim auflegen war das sicherlich gut, für den publikumskontakt eher weniger.

weckte jedenfalls hoffnungen darauf, was das rso als club zu bieten haben wird. die haben sich für mich bei meinen wenigen bisherigen besuchen glücklicherweise auch erfüllt.

musikalisch gab’s sowohl von dj stingray als auch blawan das, wofür mensch sie kennt. also stingray erst mit electro, später technoid, blawan zog das tempo danach nochmal an. nicht die schlechteste möglichkeit, einen freitagabend inmitten der pandemie zu verbringen – eher im gegenteil.

shazam-ergebnisse mit zeitstempel
exium – i-13 / 25. september 2020, 18:20
antigone – dance / 25. september 2020, 21:05

[berlin / 19./20.09.2020] kulturoase lichtenberg: warning & friends present – safe rave

das gelände gehört zu den von der stadt für open airs freigegebenen flächen, auf denen veranstalter mit hygienekonzept sich einmieten können. zur umsetzung dieses konzepts arbeite ich am sonntag dort, samstag probiere ich mich erstmals als runner. und dazwischen werde ich hoffentlich dazu kommen, mich noch von den musikalischen qualitäten des angebots zu überzeugen, das auf dem zettel schon sehr gut aussieht.

samstag, 19.09.2020
13:00 miriam schulte b2b franklin de costa
16:00 ocb
17:30 marie montexier
19:00 dj gigola
21:00 dj fart in the club
tickets bei residentadvisor

sonntag, 20.09.2020
12:00 golden medusa
14:30 jakojako b2b barker
17:30 kikelomo
19:30 house of tupamaras performance
20:00 d. tiffany b2b roza terenzi
tickets bei residentadvisor

nachbetrachtung
(die entsteht am 29. april 2025, ist also entsprechend auf das wesentlichste reduziert.)

erstmal zum persönlichen: beim runnern habe ich wirklich nicht immer die rückenschule eingehalten, andererseits spart sowas auf dauer das fitnessstudio. von den wirklich relevanten kniffen erfuhr erst im nachhinein und der muskelkater in der bauchregion in der ersten wochenhälfte danach war amtlich. würde ich zwar wieder tun, reiße mich aber nicht darum. vorne an der bar geht tatsächlich auch, wie ich seit der nation of gondwana im letzten jahr weiß.
die awareness/hygieneaufsicht war am sonntag wesentlich entspannter.
wettertechnisch an beiden tagen wie aus dem bilderbuch und die location rauh, schlicht, wenig verwunschen. schade, dass der schwung nach der pandemie nicht genutzt worden ist, die brache als regelmäßigen schauplatz für open-airs auszubauen. liegt zwar etwas fernab vom schuss bzw. eine ordentliche laufstrecke von der nächsten tram entfernt, aber stört immerhin wenig anwohner. ich war seitdem allerdings auch nicht mehr da – gut möglich, dass das gelände längst bebaut wird oder gar bereits ist.

musikalisch hängengeblieben sind (starke konzentration auf den sonntag, weil beim runnern keine zeit für notizen und dergleichen blieb):
fisher – stop it. wurde am samstag zum einmessen der anlage genommen und lief in der stunde vor beginn quasi in endlosschleife.
marie montexier gewohnt tight, vielfältig und mit „feelings for you“ von cassius zum schluss.
dj gigola funktional, mit provozierten brüchen, die ich nicht nachvollziehen konnte. also zwischendrin „butterfly“ von crazy town einstreuen oder „it’s our future“ von awex in „the ballad of chasey lain“ von der bloodhound gang cutten. ist vielleicht eine generationensache, mein fall war’s nicht.
gewohnt klasse: dj fart in the club, golden medusa, jakojako & barker, kikelomo. d. tiffany und roza terenzi fand ich zum schluss hin etwas trocken.

aus shazam notierte tracks

dj fart in the club
borderlandstate_the best kisser in l.a. – the happy goose (and friends)

golden medusa
aaaa – dead in the head
walton – rolla

jakojako & barker
lmajor – raving cru
vladimir dubyshkin – grasshopper’s opinion
dj boss – atmolam
walton – fx 625

kikelomo
radio slave – stay out all night
ase manual – senzu
nkc – hissing

r.i.p. andre janizewski / birol ünel / uli stein

das gab es auch noch nicht in der anzahl, passt aber zu den „qualitäten“ von 2020.

andre janizewski hat sich um einige orte auf der gastronomischen landkarte berlins (zur fetten ecke, zum böhmischen dorf) und erst recht als mitbetreiber der pyonen-parties sowie der nation of gondwana als deren aushängeschild verdient gemacht. das alles macht ihn zwar irgendwie unsterblich, aber für die hinterbliebenen ist und bleibt es nur ein trost. der krebs war am ende leider stärker.

birol ünel wurde manchen (zumindest mir) wegen fatih akin bekannt. insbesondere bei „gegen die wand“, aber auch bei „soul kitchen“ bin ich nach wie vor überzeugt, dass er sich selbst spielte. als es das caminetto in der sonntagstraße noch gab, war er diverse male vor dem lokal sitzend anzutreffen. nun mit nur 59 jahren verstorben – auch am krebs.

knollennasen, knopfaugen, mäuse – uli steins markenzeichen, an denen jede*r zeitungsleser*in irgendwann in den letzten zwei, drei jahrzehnten vorbeigekommen sein muss. bei ihm war es parkinson, auch mit 73 jahren zu früh.

exberliner im interview mit nd_baumecker zum clubbing während und nach der pandemie (plus eigenem essay dazu)

da der text ein plädoyer und damit ziemlich lang geworden ist, kommt der link zum ausschlaggebenden und höchst relevanten interview zuerst. dessen kernpunkte käue ich verlauf eh wieder:
„club culture is being reborn“

es ist kein sonderlich großes geheimnis, dass ich nd gegenüber aus gründen voreingenommen bin. vor wochen hatte er bei instagram einen ausschnitt des interviews hochgeladen und ich mir daher die print-ausgabe gekauft, die auch neben seiner weitere relevante perspektiven zu bieten hat. außerdem kann es für meine begriffe nicht schaden, den verlegern zu signalisieren, dass sich print-ausgaben lohnen sollen.

ja sicher (und gerne nochmal): mir fehlt das ausgehen als ausgleich zum alltag oder zum (re)kalibrieren diverser befindlichkeiten immer noch massiv. zwar war die erfahrung am vorletzten sonntag im berghain-garten eine überaus positive (schön euphorisches publikum, was einen vorgeschmack auf das liefert, was uns blühen könnte, sobald ein impfstoff bereit steht) und auch der oxi garten (ex-polygon) tritt als neuzugang in der clubszene mit fast schon zu ambitionierten line-ups in den letzten wochenenden mit tanz unter freiem himmel auf den plan. das alles sind für mich aber eher notrationen, bis es wieder richtig weitergehen kann.
andererseits ist auch mir als clubgänger und erst recht als dj mit sinkender anzahl an bookings in den letzten fünf bis acht jahren schon aufgefallen, dass das clubgeschehen in der berliner filterblase und auch anderswo (gerade auf festivals) sehr vom rennen um die vordersten plätze geprägt war. als clubgänger habe ich gerne daran partizipiert: tolle line-ups, bei denen nicht nur ein, sondern gar zwei bis drei namen pro abend die kinnlade runterfallen ließen. dazu noch gelegentliche privilegien für gästeliste und schon fällt das mit der konsumhaltung leicht. die kehrseite der medaille war hier jedoch schon häufiger nachzulesen: gerade der sonntagabend im berghain geriet in den vergangenen drei, vier jahren zur engtanzparty, bei der ich aus kundensicht gerne nur die beobachterposition einnahm, weil ich nicht bei der verteilung um die quadratzentimeter dabei sein wollte. das hat sich mit einführung des wiedereintritts letzten september nur minimal gebessert, wobei ich mir seit geraumer zeit auch die termine ausgesucht hatte, die zu weniger überfüllung führten (oder der andrang ging im letzten halben jahr vor covid-19 allgemein zurück). mein letzter besuch im februar diesen jahres war dafür jedenfalls ein positives beispiel, mag aber auch schon den vorboten der pandemie geschuldet sein.

als nur periphär im booking involvierter (den teil übernehmen bei der bewegungsfreiheit andere mit weniger sorge vor zurückweisungen) kann ich nur zu gut nachvollziehen, weshalb nd bereits vor jahren auf die bremse (bzw. als booker der panorama bar vom amt zurück) getreten ist. als ob das rennen um die besten plätze auf line-ups auf clubs und festivals nicht genug wäre (stichwort „selbstmarketing“ oder „ellenbogenmentalität“ – das muss mensch wollen), bekommen booker*innen es mit agenturen und/oder djs/live-acts zu tun, die zum gelingen eines line-ups mittlerweile tragend sind, sich dieser rolle nur zu bewusst sind und dies für eine grassierende inflation (also genau das ausleben dieser mentalität) nutzen. der markt hat also auch vor covid-19 in der szene bereits einiges geregelt.
wer noch keinen namen hat, macht sich am besten einen, indem ein eigenes label gegründet wird (um im idealfall selbst produzierte und auch noch gute tracks an die damen und herren djs zu bringen) sowie soziale medien an allen ecken und enden bespielt und schlüsselpersonen so lange behelligt werden, dass sich zumindest die theoretischen chancen erhöhen, einen platz an der sonne (also auf line-ups in namhafteren clubs) zu sichern.
wer einen namen und einen platz in einer booking-agentur hat, kann sich eigentlich glücklich schätzen: drei, vier anfragen oder gar gigs pro wochenende. unterkünfte, tolles essen und gratismeilen bei fluglinien (business-class? ja bitte!) inklusive. die kehrseite der medaille (die nd im interview glücklicherweise auch benennt): als headliner*in bleibt da nicht mehr viel zeit für das inhaltliche. stattdessen: verwendung der eingespielten rezeptur. manche im publikum nehmen das unkritisch hin (oder erwarten dies sogar) und die musik-nerds stehen am rand und bedauern, weshalb nicht mehr drin ist.

das mache ich den am zirkus beteiligten djs/live-acts nur bedingt zum vorwurf: wer die möglichkeit hat, sich dadurch den ruhestand abzusichern, soll das tun. die spirale fand ich jedoch in den letzten jahren in mehrfacher hinsicht ungesund:
erstens lässt sich der marathon aus jetlag, hotelzimmern, drei, vier sets pro wochenenden an jeweils verschiedenen orten mit entsprechenden hilfsmitteln zwar ganz gut aufrecht erhalten. auf dauer geht das jedoch an die körperliche substanz. unter der woche muss entweder die kondition wiederhergestellt, weitere tracks produziert, promos angehört, plattenläden (virtuelle oder physische) durchforstet werden. auch wenn das anfangs nach einem wahrgewordenen traum aussieht: alleine die flut an veröffentlichungen (häufig promos) und damit das djing ist ein vollzeitjob. will mensch das gründlich und mit der ambition erledigen, nicht stets das gleiche set spielen zu wollen, lässt sich das (mit den erwähnten stellschrauben zum erlangen von gigs) eigentlich nur bewerkstelligen, wenn schlaf und privatleben weitestgehend gestrichen werden. es wäre an der stelle (und vor allem zu diesem zeitpunkt, bei dem die szene zwangsläufig innehält) überaus interessant, namhaften djs die frage zu stellen, inwieweit sie in den letzten jahren anzeichen eines burn-outs bei sich bemerkt haben.
zweitens wurde damit eine ungesunde erwartungshaltung beim publikum gefördert, wodurch das clubgeschehen zu einer kleineren kopie von festivals geworden ist. ich habe die erste welle mitte der 1990er-jahre zwar nur als schüler mit der durch low spirit und frontpage getriebenen vermarktung mitbekommen und diese auch weitaus unkritischer als heute als einstieg genommen, sehe aber durchaus parallelen zu damals – mit dem unterschied, dass diese bewegung noch globaler geworden ist. dabei finde ich es einerseits toll, dass techno nicht mehr das nischendasein wie damals führt, für das mensch sich rechtfertigen muss. gerade im bereich der relevanz der clubkultur für attraktive(re) städte und damit auch deren planung sowie der präventiven drogenaufklärungsarbeit ist seither einiges passiert. zumindest haben die aus der bewegung stammenden stimmen sich gehör verschafft – was damit geschieht, steht auf einem anderen blatt. problematisch wird es jedoch, die clubkultur vorrangig als wirtschaftsfaktor zu begreifen: auf der einen seite begrüßenswert als hebel zur erhaltung der orte für clubs (am beispiel berlins: gerade mit nähe zum s-bahn-ring), keine frage. auf der anderen seite sind genau diese clubs am zuge, ebenso wirtschaftlich zu arbeiten. line-ups sind hierbei mittel und zweck, entweder weiterhin als etablierter name im zirkus mitzumischen oder erst recht, wenn sich ein club oder eine partyreihe diesen erst verdienen muss.
beides führt zum auf-nummer-sicher-gehen und damit zur verwässerung. als booker*in möchten line-ups einerseits gut kuratiert, der club andererseits auch gut gefüllt sein. als dj/live-act möchte mensch gerne aus dem vollen schöpfen, bekommt dies jedoch aufgrund von zeit- und erwartungsdruck nicht so hin. das erklärt, warum der kreis der großen namen, die sich in berliner clubs wirklich was getraut hätten, ein ziemlich kleiner ist.

paradoxerweise sägen clubs oder veranstalter*innen damit am ast, der zu ihrem ruf oder erfolg beigetragen hat. es ist vielleicht etwas viel verlangt, das wilde, archaische, experimentielle aufbruchsgefühl der anfangsjahre wiederherstellen zu wollen. dafür ist der stil zu etabliert und die musikalischen revolutionen oder erweckungsmomente auf der tanzfläche mittlerweile zu rar. das ist aber auch normal und irgendwie in ordnung so, wenn mensch das mehr als 20 jahre lang aktiv mitverfolgt und -erlebt. mich stört halt (und da kommt auch das gekränkte dj-ego mit bewusstsein des eigenen geschmacks durch) massiv, dass diese spirale den ursprünglichen gedanken, anders als die etablierten stile sein und neue musikalische horizonte erschließen zu wollen, ordentlich verwässert hat. anstelle neue musik oder ungeahnte mischungen vermeintlich unvereinbarer stile willkommen zu heißen, ähnelt das leider ziemlich dem, was sich bei rock-konzerten oder etablierten festivals beobachten lässt. ausnahmen bestätigen hier zwar gerne die regel (die freitage im berghain, den verzicht der staub auf line-up-ankündigungen mit offenem musikalischen konzept oder reihen wie mother’s finest, version, warning, reef kann ich nicht häufig genug loben), aber die pandemie hat sehr deutlich gemacht, dass der weg des geringsten widerstandes mit einem hohen preis versehen ist.
insofern teile ich die hoffnung von nd voll und ganz, dass sich clubs ihrer rolle als geschmacksinstitutionen wieder bewusster werden. das berghain hat sich dabei von anfang an sehr gut positioniert, indem auf die residents als rückgrat gesetzt worden ist. es wäre schön, wenn clubs sich fortan weniger auf große namen konzentrieren und das dafür gewonnene geld in die taschen der residents oder lokalen musikanten fließt, die als regelmäßig in ihrem stammclub (oder außerhalb) feiern gehende und auch auflegende / produzierende musiker große mühe und zeit investieren, den club sowie dessen publikum aus dem effeff kennenzulernen und damit das wissen erlangen, wie die persönliche note durch hier und da eingestreute gimmicks im set gesetzt werden kann. dabei helfen weniger und dafür ausgesuchtere gigs, damit mehr zeit zum wühlen in mehr als 30 jahren elektronischer tanzmusikgeschichte bleibt.
alles in allem wünsche ich mir: bitte weniger festgefahrene erwartungshaltungen und ergebnisse. bitte weniger schielen auf das maximum an gage oder reichweite. kondition bzw. körperliche ressourcen sind endlich und auch wenn es den persönlichen narzissmus schmerzt: es gibt auch andere mit ähnlich gutem geschmack, von denen sich lernen lässt und die das mit dem erzählen von geschichten im set vielleicht sogar besser können als mensch selbst. schlussendlich sollte musik der gemeinsame nenner sein, der kein wettstreit, sondern vielmehr inspiration sein sollte (zugegeben: bei dieser lektion bin auch noch lange nicht am ende).
ich befürchte zwar, dass wir nach dem ende der pandemie schneller wieder dort landen als es den musikliebhaber*innen passt, aber die letzten ein bis zwei jahre wiesen wieder in die richtung, dass auch an normalen sonntagen im berghain mehr vielfalt geht als trockene kicks mit reverb. wenngleich clubs rentabel sein müssen: auf absehbare zeit wird das vorgängerniveau mit der hälfte des publikums aus dem easyjet-flieger nicht erreicht werden können. es wird also keine andere wahl bleiben, als dass bei den line-ups auf das budget geachtet werden muss, wenn das publikum sich (gerade in der anfangszeit) eher aus berliner*innen rekrutiert. die wiederum könnten noch am ehesten die kenntnisse über fähige resident- oder lokale djs besitzen und werden sich hoffentlich längere zeit der tatsache bewusst sein, dass die clubkultur nicht als selbstverständlich hingenommen werden sollte.
in kombination dazu wünsche ich mir mehr geschichtsbewusstsein. da mache ich mir bei den älteren (40+) keine sorgen, weil die es sind, die hier die perfekten rahmenbedingungen vorfinden, um weiterhin leidenschaftlich in clubs gehen zu können, ohne dass wegen des alters schräg geschaut wird. im gegenteil habe ich sogar den eindruck, dass die jüngeren mittlerweile sehr gerne von diesem erfahrungsschatz profitieren. auch da herrscht ohne zweifel offenheit.
daher als anregung (an alle alterskohorten oder die szeneaffinen): bitte nehmt diesen neustart als gelegenheit, eure erwartungshaltungen zu hinterfragen oder sie bei anderen zu benennen. zieht die unkritischeren oder engstirnigen unter euch mit. zeigt ihnen auf, auf welchem fundament sich die clubwelt gründet und dass das konsumieren des erwartbaren nur eine option unter vielen ist. vertraut den clubs und djs/residents als geschmacksträger*innen. erwartet lieber überraschungen. lasst djs/live-acts die zeit, sets zu entwickeln und dabei auch mal daneben zu liegen.

kurzum: verlasst auch mal ausgetretene pfade und gesteht jeder*m (und damit auch euch selbst) zu, menschlich und damit fehlbar zu sein. das ist zur kalibrierung gar nicht mal schlecht, damit die tollen abende / tage auch als solche hervorstechen und nicht immer wieder auf’s neue reproduziert werden müssen.

tresor mit eigener startnext-kampagne

damit bin ich zwar ein bisschen spät, da sie nur noch zwei tage läuft. aber auch der tresor braucht in der wohl wieder an fahrt aufnehmenden pandemie unterstützung. mensch kann sich dabei einige schöne merchandising-artikel sichern und zum ziel der 100.000 euro ist es auch nicht mehr weit.
wer es also bisher nicht auf dem schirm hatte oder sich noch entscheiden muss: klick.

spendenmöglichkeiten für beirut

als ob eine global grassierende pandemie, gefälschte wahlen in weißrussland, kaum verhohlen rassistische staatsoberhäupter in nord- und südamerika, moria, kurz: all die vorhandenen krisengebiete nicht genug wären, hat die explosion in beirut einmal mehr die gesellschaftlichen diskrepanzen offenbart, die mit einer korrupten regierung einhergehen.

spendenaufrufe gingen bereits durch die medien, ich möchte zwei hervorheben.

zum einen gibt es einen paypal-pool vom „projekt 009“. läuft bereits sieben tage, bis freitag ist noch zeit und noch einiges bis zum gesetzten ziel von 10.000 euro aufzuholen: klick.

zum anderen hat rabih beaini bereits alle erlöse des bandcamp-freitages letzte woche für sein label morphine records weitergeleitet. das war phase eins. phase zwei ist die veröffentlichung einer zusammenstellung: the sacred rage. die hebt sich für meine ohren wohltuend von manch anderen ab. will heißen: selbst wenn die beteiligten bereits länger auf festplatten oder dat (nutzt das heutzutage überhaupt noch jemensch?) herumliegendes material hingeschickt haben, klingt das nicht nach resteverwertung. meine favoriten sind die üblichen verdächtigen: monolake (synkopiert-vertrackt wie in den letzten jahren, aber dessen werde ich nicht müde), der labelinhaber selbst erstaunlich tanzflächenkompatibel, the bug mit seiner düsteren variante von dancehall (mit ihm ist es für mich nach wie vor leicht: entweder es gefällt mir richtig oder ist überhaupt nicht meins – hier trifft ersteres zu), und neel überrascht mich mit seinem drum&bass-track à la samurai so richtig.

p.s.: ich habe gerade wordpress auf version 5.5 aktualisiert. damit kam auch eine neue version für puro als theme, das vorhandene css-änderungen überschrieben hat. daher seht ihr erstmal andere linkfarben und eine geringere breite. passe ich in den nächsten tagen an.

[stream / 10.07.2020] bewegungsfreiheit – digital edition

jawohl, richtig gelesen. ein guter teil der letzten wochenenden bestand aus anhäufung von material, um eine bewegungsfreiheit mit allem drum und dran in das visuelle format zu überführen. dabei herausgekommen sind gute zwei stunden, bei denen ich mich ziemlich darüber freue, dass mal nicht nur über, sondern auch mit geflüchteten gesprochen wird (insbesondere die originaltöne der ohlauer supportgruppe sollten zum aufhorchen anregen).

auch wenn ich hier erstmal nur für mich spreche, gilt es denke ich auch für weite teile der anderen, dass wir einen ziemlichen lernprozess durchgemacht haben. unser glück war, dass vier leute uns unterstützt haben, die eine kamera auch von berufs wegen des öfteren in ihren händen halten und an einen sehr solidarischen verleih geraten zu sein (viele grüße und noch mehr dank an see you rent). ansonsten reichen tatsächlich einsteiger-spiegelreflexkameras und smartphones auf dem technischen stand von vor vier jahren.

es war überdies auch die gelegenheit, das about blank kurz vor eröffnung des sektgartens wieder von innen sehen und dort (zumindest während des mareena-sets, während lux habe ich mich im filmen von anmoderationen geübt) etwas die hüften schwingen zu können. einmal mehr: eine der besten crews, die wir uns wünschen konnten. das ergebnis läuft morgen abend ab 20 uhr auf alex tv und sonst via youtube und facebook.

die eingebetteten videos findet ihr ab morgen auf dem bewegungsfreiheit-blog, die videos werden danach jedoch auch noch auf youtube abrufbar sein. die betterplace-spendenkampagne (diese soll durch den stream auch beworben werden, zugegeben) läuft nach wie vor weiter.

r.i.p. ennio morricone

einer derjenigen, die filmmusik auf eine neue ebene gehoben haben. ob sie anteil daran hat, dass „spiel mir das lied vom tod“ einer der drei western ist, die ich mir auch tatsächlich anschauen kann (ist sonst nicht mein genre), vermag ich jetzt gar nicht mal zu sagen. aber wie bei guten komponisten: unverkennbare merkmale, damit nachhaltiger einfluss.

nun mit 91 jahren verstorben.

r.i.p.