de school ist der nachfolgeclub vom trouw und war eigentlich schon wĂ€hrend der pandemie aufgrund von diskriminierungsvorwĂŒrfen geschlossen. das haben sie jedoch konstruktiv genutzt und sind im frĂŒhherbst 2022 nochmals an den start gegangen.
wie beim trouw war klar, dass die nutzung des gebÀudes nur temporÀr sein wird. ende ist im januar 2024 und der club befindet sich somit im endspurt. davon zeugt auch die tatsache, dass dies bereits die zweite wochenendumspannende veranstaltung im november ist, wo der rhythmus zuvor bei ca. sechs wochen lag.
ich habe es in all den jahren leider nicht geschafft, mir den club anzuschauen – jedoch nur gutes darĂŒber gehört. grund genug fĂŒr einen ausflug.
het weekend
club
23:00 interstellar funk
02:00 marcel dettmann
05:00 akua
pause
16:00 julie
18:30 jephta
21:30 blanka
01:00 rÞdhÄd
muzieklokaal
01:00 yĂČp
04:30 josey rebelle
08:00 oceanic
12:00 willow
15:00 pariah
18:00 dj shahmaran
21:00 cashu
00:00 apeiron crew (mama snake, smokey, solid blake)
ticket
25 euro (an der tĂŒr)
27,25 euro (im vorverkauf, nach aktuellem stand jedoch fĂŒr die erste nacht bereits ausverkauft)
wiedereinlass ab 12 uhr mit stempel fĂŒr 7,50 euro.
nachbetrachtung
die erfolgt gut sechs wochen nach dem ausflug. ich wollte noch abwarten, ob sich meine anfangseuphorie etwas legt und einer neutraleren sichtweise platz macht. stattdessen hat sich die beschÀftigung mit dem club in richtung hyperfokus entwickelt, von dem leute in meinem umfeld bereits was mit- bzw. abbekommen haben. es wird also lÀnger.
an meinem fazit hat sich nichts geĂ€ndert: de school ist einer der besten clubs, in denen ich jemals war. meine erwartungen nach den drei malen im trouw waren schon nicht niedrig, am ende hat mich der laden so beeindruckt, dass ich eigentlich zur abschlussparty wollte. aber erstens möchte ich das vergnĂŒgen lieber dem amsterdamer (stamm)publikum lassen und zweitens fand ich die modalitĂ€ten fĂŒr leute, die bei diesem marathon eine pause einlegen möchten, wenig entgegenkommend. auch wenn mensch sich fĂŒr die verfĂŒgbaren zeitfenster ein ticket sichern konnte: wer nach hause geht und zum letzten tanz von sonntag auf montag wiederkommen möchte, muss sich in die normale schlange stellen – es gibt keinen wiedereintritt. das wird ab sonntagnachmittag bei egal welchem wetter fĂŒr keine*n angenehm, wĂ€re aber wahrscheinlich noch schlimmer, wenn sich die leute mit stempel wieder in die schlange stellen und dort mit den neuankömmlingen mischen. bedenken, dass sich dies im vornherein schwer vorhersagen lĂ€sst, können dadurch entkrĂ€ftet werden, dass mensch den stempel entgegen der gepflogenheiten in hiesigen clubs erst beim verlassen bekommt. da könnten leute also proaktiv gefragt werden, ob sie wiederkommen möchten. es wĂ€re dann der kasse ĂŒberlassen, ggf. die leute zu tickern, denen sie einen stempel gegeben haben.
womit ich bei einer meiner hauptqualitÀten wÀre: der benennung der negativen dinge.
erstens: so gut der einlass fĂŒr gröĂere anstĂŒrme organisiert ist (es gibt drei reihen: die normale schlange fĂŒr leute ohne ticket, eine fĂŒr die gĂ€steliste, eine fĂŒr tickets), benachteiligte er die wiederkehrenden beim weekender. zugegeben: da schwingt immer noch groll meinerseits mit, da ich am sonntagnachmittag fĂŒr eine gute dreiviertelstunde als erster in der schlange stand und von dort aus beobachten konnte, wie die ticketinhaber*innen und gĂ€stelistenplĂ€tze abgearbeitet worden sind (wobei auch die ticketschlange in der zeit angewachsen ist, was fĂŒr die tĂŒrsteherin alleine nicht mehr handzuhaben war). pariah habe ich damit verpasst.
ich fĂ€nde es logischer, wenn sich die zurĂŒckkehrenden in die gĂ€stelistenschlange einreihen könnten – schlussendlich sehe ich keinen unterschied zwischen denjenigen, die noch ihren namen sagen und dann problemlos rein können sowie denjenigen, die bereits drin waren, ergo mit dem procedere vertraut sind. ginge es nach mir, mĂŒssten diese nicht nochmal durch die gesichtskontrolle (es sei denn, deren zustand spricht dagegen – davor sind auch gĂ€stelisteninhaber*innen nicht gefeit). zur selektion an sich Ă€uĂere ich mich weiter unten.
zweitens: die gruppendynamik, wonach leute an neuralgischen punkten herumstehen, ist beileibe kein berliner problem. auf der treppe nach unten oder zwischen den beiden toiletten und damit auf dem weg richtung muzieklokaal – durchschlĂ€ngeln war auch hier gefragt, aber lĂ€ngst nicht in dem ausmaĂ wie sonntagabend im berghain.
drittens: bei den links auf der seite des muzieklokaals liegenden toiletten am anfang des ganges ist die positionierung der waschbecken ziemlich unglĂŒcklich. um mal etwas ins detail zu gehen: die herren der schöpfung, die zudem wert auf handhygiene legen, mĂŒssen durch einen schmalen tĂŒrrahmen in einen weiteren raum mit den kabinen. dann noch durch den dortigen pulk an wartenden und schon lassen sich die hĂ€nde desinfizieren.
wenn’s bautechnisch gegangen wĂ€re, hĂ€tte ich einen breiteren tĂŒrrahmen sehr begrĂŒĂt. am ende war’s fĂŒr mich unkomplizierter, auf die haupttoiletten auf dem gang direkt gegenĂŒber zu gehen, die zwar keine pissoirs bieten, aber dennoch beim grundriss quasi ideal sind, so dass der gang zu den waschbecken unkomplizierter als gegenĂŒber war. die idee eines toilet-hosts, der*die auf einhaltung der etikette achtet (also kabinen nicht zu lange in beschlag halten, rĂ€ucherstĂ€bchen, stets benutzbare waschbecken etc.) sollte hier hingegen schule machen. die wand mit den post-its hatte auch eine tolle persönliche note.
viertens: gehört leider zum zeitgeist und lĂ€sst sich trotz selektion nicht vermeiden – trotz abgeklebter kameras gab es doch ein paar leute, die sich nicht darum scherten und einfach in die menge filmten.
damit genug der negativitÀt und endlich mal zu dem, was mich schwÀrmen lÀsst. und dazu nehme ich einen kleinen umweg.
wie bereits eingangs erwĂ€hnt, war der club ab dem coronasommer 2020 geschlossen. als begrĂŒndung wurde die durch die pandemie verursachte finanzielle schieflage angefĂŒhrt, jedoch brodelte es bereits lĂ€nger hinter den kulissen. lĂ€sst sich alles etwas detaillierter als bei ra nachlesen (u.a. bei grone.nl: de nacht is vergeeflijk – auf niederlĂ€ndisch, ggf. automatisiert ĂŒbersetzen lassen, ergĂ€nzend dazu ist „what went wrong at de school“ von dee diggs bei dweller stark empfehlenswert), daher hier stark verkĂŒrzt: im zuge der mangelhaften reaktion des clubs auf #blacklivesmatter kamen vorwĂŒrfe in puncto institutioneller rassismus auf. es gab daraufhin eine versammlung vor ort mit der chefetage, mitarbeiter*innen und besucher*innen, live gestreamt (als podcast auf youtube konserviert), bei der es ordentlich gegenwind gab: u.a., weil sich die diversitĂ€t des publikums bzw. der szene nicht im personal und auch beim booking widerspiegelte – zu wenig damen, zu wenig pocs, zu wenig queers. zudem wurden sexuell konnotierte vorfĂ€lle mit der security benannt. die chefetage war von einigen vorwĂŒrfen ĂŒberrascht, was wiederum den eindruck aufkommen lieĂ, dass trotz vorher benannten schwachpunkten nicht (re)agiert bzw. selbige nicht fĂŒr voll genommen worden sind. danach fiel die entscheidung, den clubbetrieb nicht wieder aufzunehmen.
das hĂ€tte es also mit de school sein können. jedoch wurde dieser gegenwind als anlass zum strukturellen umbau genutzt: ernst mertens trat als geschĂ€ftsfĂŒhrer zurĂŒck und wurde mit dem jĂŒngeren erdal kiran besetzt. jochem doornbusch blieb, jedoch in beratender funktion. ergĂ€nzend dazu gab es gesprĂ€che mit besucher*innen, mitarbeiter*innen und den kĂŒnstler*innen. am ende des prozesses stand die wiedereröffnung im september 2022, flankiert durch die verlĂ€ngerung des mietvertrages bis januar 2024.
was mir also fehlt: der vergleich des clubs zwischen vor und nach der pandemie – wenn mensch so will: zwischen version 1.0 und 2.0. es wĂ€re also interessant zu erfahren, ob sich die situation fĂŒr pocs, frauen, queers sowohl aus besucher*innenperspektive und erst recht hinter den kulissen geĂ€ndert hat. wĂŒrde ich das hier ernsthaft journalistisch betreiben, hĂ€tte ich um gesprĂ€che mit clubangehörigen gebeten oder besucher*innen vor ort gefragt. aber so mache ich es mir zugegebenermaĂen leicht, indem ich nur die beobachtungen aus meiner perspektive als weiĂer, cis-mĂ€nnlicher gast schildere. vielleicht gibt es nach der schlieĂung noch den einen oder anderen artikel, der etwas nĂ€her beleuchten kann, ob und wenn ja, was sich im zeitraum vor und nach der schlieĂung verĂ€ndert hat.
der frische wind war jedoch auffĂ€llig und beginnt schon an der tĂŒr bei den hosts. keine*r der drei, die mir dort begegnet sind, war Ă€lter als mitte 30. womit ich bei der funktionsweise der selektion bin.
teil der umstrukturierungen vor der wiedereröffnung war die aufstellung von hausregeln, die jede*r auf der website und vor jeder einzelnen party in den instagram-storys nachlesen kann. das stellt ggf. sicher, leute von vornherein auszusortieren, die sich davon abgeschreckt fĂŒhlen. aber diese regeln sind zentrales kriterium bei der gĂ€steauswahl und werden beim groĂteil der wartenden sowohl in der normalen schlange als auch bei den vorverkaufstickets abgefragt. wer sie nicht kennt, kann sie auf dem schlauen telefon nachlesen und wird danach nochmal nach den schlĂŒsselpunkten gefragt. und vor allem, ob mensch sich daran zu halten gedenkt.
das ist eine der transparentesten selektionen, die ich mir vorstellen kann. zwar ist es schön und gut, namedropping von djs aus dem line-up betreiben zu können, aber wichtiger ist es, sich mit der idee von de school als safer space auseinandergesetzt zu haben und damit identifizieren zu können. die allermeisten kamen in der zeit, in der ich sonntagnachmittag auf wiedereinlass gewartet habe, auch durch – zwei nicht mehr ganz nĂŒchterne herren aus der ticketschlange jedoch nicht.
ist mensch dann drin, fĂŒhrt der weg, bevor ĂŒberhaupt ein fuĂ auf eine der tanzflĂ€chen gesetzt werden kann, an einem tisch vorbei, der sich zwischen garderobe und den pforten zum eigentlichen club befindet. das ist der standort des awareness-teams – fester bestandteil des clubs, unter einer festen telefonnummer zu erreichen und proaktiv auf besucher*innen zugehend. die zĂ€hlen zu den mitarbeiter*innen, werden also bezahlt. setzt sich auch in hiesigen breitengraden glĂŒcklicherweise immer mehr durch (rso oder tresor haben jeweils eigene, klar erkennbare awareness-teams), ist aber selten so eng in das gesamtkonzept eingebettet wie bei de school.
sobald mensch das awareness-team passiert hat, kann die entdeckungsreise losgehen – und beim weekender habe ich sicherlich nur einen bruchteil dessen gesehen, was zur schlieĂung geöffnet sein wird.
herzstĂŒck im clubbetrieb war fĂŒr mich unbestritten der keller. drei treppen fĂŒhren dorthin – erstmal die zwei neben dem langen gang richtung muzieklokaal, mensch kann aber auch den korridor nach hinten durchgehen und kommt durch ein weiteres treppenhaus abwĂ€rts gehend bei der bar raus.
der keller an sich ist so schnörkellos wie es nur geht. fenster zwischen bar und tanzflĂ€che, diese ist wiederum lang und schmal (platz fĂŒr 500 leute). dj-pult wie schon im trouw ebenerdig und mit platz fĂŒr publikum daneben sowie an den seiten. dabei nur so viel licht wie nötig – es gibt keine spots, die den dj an sich beleuchten. nur drei auf die technik gerichtete rote lampen. sound kommt auf beiden floors von funktion one und wird wie im trouw kontinuierlich von tontechniker*innen begleitet. wobei der techniker im keller um seinen job direkt hinter dem vom publikum aus rechts gesehenen stack nicht zu beneiden ist, andererseits kann er von dort aus im fall der fĂ€lle direkt mit djs kommunizieren. dennoch fand ich den standort im muzieklokaal besser gelöst, wo der posten fĂŒr den sound am hinteren ende der tanzflĂ€che neben dem licht platziert war.
das linke fĂŒnftel bis viertel des kellers gehört zum einen den beiden riesigen unter der treppe platzierten quaderförmigen hohlrĂ€umen, zum anderen einem kleinen darkroom und dem getrĂ€nkedepot. der schmale pfad dort ist ziemlich gut, um ohne groĂes durchschlĂ€ngeln in die hinter dem dj liegende linke ecke zu gelangen. das war auch mein lieblingsort – tanzen dort ungestört möglich, und vom dj-pult gibt es auch in richtung hinteres publikum abstrahlende boxen. der klang war also auch dort gut.
das licht fĂŒllt die von den trĂ€gern an der decke geschaffenen hohlrĂ€ume aus, zwischen blau oder rot wechselnde led-streifen, sonst gibt es einige strobos und im hohlraum hinter dem dj noch ein paar spots zur akzentuierung der rohre. und das reicht vollkommen aus. sitzen kann mensch in einbuchtungen richtung bar oder an der bar selbst. auch wenn der vergleich hinkt: mir kam es wie eine mischung aus dem alten tresor (atmosphĂ€re) sowie dem neuen (gröĂe des kellers, wenn mensch sich die schlieĂfĂ€cher wegdenkt) bei technischem standard des berghains vor.
oben die ehemaligen unterrichtsrĂ€ume, einer davon heimat des muzieklokaals, das ich nicht bei tageslicht gesehen habe. die fenster liegen jedoch zur autobahn direkt daneben, dazwischen einige dicht an dicht liegende bĂŒsche. wenn, dann kommt die sonne dort nur schemenhaft durch.
hier das aus dem trouw bekannte bild mit empore hinter dem dj-pult und an den seiten, was dazu fĂŒhrt, dass der*die dj in der menge verschwindet. auch hier keine direkt auf djs gerichtete spots – wenn, dann wird die gesamte menge beleuchtet. den gang zum raum links daneben mit der bar und den sitzgruppen habe ich erst nach meiner wiederkehr am sonntagabend entdeckt. entzerrt die publikumsströme jedoch sehr.
direkt gegenĂŒber das kino, in dem an dem wochenende eine skulptur stand. links daneben der raucherbereich, dem auch ein hof angegliedert war. da es ein ziemlich regnerisches wochenende und zudem recht frisch war, habe ich mir den nicht nĂ€her angeschaut. mir wurde jedoch gesagt, dass auch der hof in den sommermonaten bespielt worden ist. wĂ€re also ein weiterer grund, amsterdam zu der jahreszeit zu besuchen, sofern die neue location so etwas hergibt.
den linken teil des ganges schlieĂt eine art kantine, bei der es hĂ€ppchen zu essen gab und in der einzelne röhrenfernseher herumstanden sowie weitere toiletten ab. restaurant sowie cafĂ© liegen weiter hinten, waren bereits geschlossen, habe ich daher nicht in augenschein genommen.
der interdisziplinÀre ansatz (musik, kunst, community) ist also bereits beim ersten durchlaufen zu erkennen. aber wie sieht es nun mit der diversitÀt aus?
gleich vorab: pocs sind im publikum leider immer noch absolute minderheit und nicht in dem maĂe vertreten wie es ihrem anteil in der amsterdamer bevölkerung entspricht. mit akua sowie josey rebelle gab es immerhin zwei poc-damen im line-up, aber unter den gĂ€sten wird das vertrauen im neuen club immer noch aufgebaut werden mĂŒssen.
im vergleich zu meinen berliner stammlokalitĂ€ten, die zu weiten teilen von leuten im gesetzten alter besucht werden (will heiĂen: ĂŒ30 und weit darĂŒber – und auch immer noch zu selten von menschen mit migrationshintergrund), ist das publikum in de school jĂŒnger. wundert bei der demographie amsterdams als anziehungspunkt fĂŒr studierende nicht wirklich. da die stadt per se weniger einwohner als berlin hat, werden viele nach studium oder ausbildung anderen prioritĂ€ten als dem clubbing nachgehen. vielleicht war der weekender in der hinsicht auch wenig reprĂ€sentativ – partys von samstagnacht bis montagfrĂŒh sind eher die ausnahme als die regel. insofern kann es gut sein, dass sich die altersverteilung bei einer „normalen“ klubnacht, die sonntagfrĂŒh gegen 10 uhr zu ende ist, anders darstellt.
auffĂ€llig: die zusammensetzung des publikums ist geschlechtertechnisch ausgewogen, generell viele queers. spiegelt den auch in berlin sichtbaren trend wider, welcher der generation z zu verdanken ist: mit geschlechteridentitĂ€ten spielen bzw. sie gleich auflösen und vor allem das selbstbewusstsein dafĂŒr zu haben. erst recht, wenn die tĂŒrpolitik gleich vor betreten des gebĂ€udes klar macht, dass diskriminierendes verhalten nicht geduldet wird und drinnen durch die awareness das versprechen eingelöst wird, dass jederzeit ansprechpartner*innen zur stelle sind. zumindest fĂŒr menschen, die sich nicht heteronormativ verorten oder anderweitig sexuell diskriminiert werden, hat de school einiges in die wege geleitet, um zum safer space zu werden.
geschlechteridentitĂ€ten sowie sexuelle orientierung beiseite: die niederlĂ€nder*innen sind nach wie vor offener bzw. kommunikativer als der durchschnittliche biodeutsche. als introvertierter muss ich hin und wieder aus meinem bau gelockt werden, aber vor ort klappte das mit ein wenig szenebezogenem small-talk ziemlich gut. ich kam mir jedenfalls nicht wie ein lediglich geduldeter gast vor. zudem ist das publikum auch nicht so reserviert wie das in berlin, das erstmal ĂŒberzeugt werden will (dann aber mit leib und seele dabei ist). beiden gemeinsam ist die umsichtigkeit.
das personal an der kasse, hinter den bars sowie der garderobe ebenfalls jung und auch geschlechtlich ausgewogen, im muzieklokaal bei meiner zweiten schicht mit zwei technikerinnen fĂŒr ton und licht. da scheint das versprechen eingelöst worden zu sein, auch abseits vom servicepersonal eine diverse personalpolitik betreiben zu wollen.
komme ich mal endlich zum wesentlichen: der party an sich. ich hatte das ticket fĂŒr den ersten zeitslot von 23 uhr bis mitternacht, war um 22:30 uhr bereits da und damit quasi einer der ersten in der schlange. es hat in amsterdam lĂ€ngst nicht die ausmaĂe wie beim berghain angenommen, wo sich leute mittlerweile eine bis anderthalb stunden vor toresöffnung in die schlange stellen (wobei das bei der abschlussfeier anders aussehen könnte). lieĂ jedenfalls genug zeit, die rĂ€ume bzw. den grundriss zu erkunden. im muzieklokaal lief bspw. noch der soundcheck bei putzlicht.
interstellar funk fand ich im warm-up solide, aber beim besten willen nicht mehr. war fĂŒr mich irgendwie unentschlossen zwischen techno und house und ob er jetzt fordernder spielen kann oder nicht. wobei das auch bei dem groĂen keller ziemlich schwierig ist, wenn die leute erstmal nur so reintröpfeln und das muzieklokaal ab 1 uhr weitere leute bindet. yĂČp fand ich dort jedenfalls wesentlich schlĂŒssiger.
marcel dettmann bleibt auch bei auswĂ€rtsspielen eine bank. da können zwar auch gestandene house-tracks wie „love can’t turn around“ von farley jackmaster funk laufen, aber das war so gut ins set eingebettet, dass das eher noch als katalysator wirkte. super, ohne wenn und aber. kann ich auch von akua sagen, die tempotechnisch noch eine schippe drauflegte, aber sonst den guten eindruck, den ich von ihr im berghain gewonnen habe, bestĂ€tigt hat. schnörkellos trockener, fordernder techno in tradition der 1990er – das war der zeitpunkt, an dem ich mich leicht in den alten tresor zurĂŒckversetzt fĂŒhlte.
josey rebelle ebenfalls ĂŒberraschend technoid mit acid-einschlag, da lichtete es sich oben bereits ein wenig und ich trat auch den weg richtung amsterdam noord zu meiner temporĂ€ren heimstĂ€tte an.
pariah bei runde zwei leider wie erwĂ€hnt verpasst, aber dafĂŒr mit dj shahmaran einen bis dato fĂŒr mich unbekannten namen gehört, der hoffentlich auch im neuen club zu hören sein wird. mensch kann zu pop-edits stehen wie mensch will, aber das war in ein ziemlich experimentielles set eingebettet, was grob mit dem „weightless“-attribut, das vor ein paar jahren umhergeisterte, umschrieben ist. fand klasse, dass das publikum das auch geduldig mitgemacht hat, anstatt das weite bzw. den keller aufzusuchen. dort fand ich sowohl jephta als auch blanka grundsolide, wobei fĂŒr mich bei beiden sets wenig hĂ€ngengeblieben ist. trifft auch auf cashu zu.
die drei damen aus kopenhagen haben dem muzieklokaal zu spĂ€ter stunde nochmal ordentlich beine gemacht, u.a. mit „el camarĂłn“ von matias aguayo auf 145 bpm gepitcht. hatte einen abklatsch von courtesy-eurodance befĂŒrchtet, aber wurde belehrt, dass vorurteile zum widerlegen da sind. bei rĂždhĂ„d bekam ich bereits stehend ko nur die erste stunde mit, wobei er von anfang an klarmachte, dass das set wie oben nochmal letzte energiereserven mobilisieren soll. wenn’s nach den berichten auf reddit geht, hat das auch geklappt: kurz nach 7 uhr war montagfrĂŒh schluss.
rĂŒckblickend hĂ€tte ich mich definitiv vor 2020 oder wenigstens mal 2022 motivieren sollen, den weg nach amsterdam anzutreten und de school mehr als nur einmal zu sehen. die sorge, dass es im vergleich zum trouw ein rĂŒckschritt sein könnte und das „erbe“ damit schaden nehmen könnte, war völlig unbegrĂŒndet. es ist jedoch beileibe nicht so, dass de school das trouw völlig in den schatten stellt. vielmehr stehen beide clubs auf ihre art und weise fĂŒr sich: das trouw als imposantes industriedenkmal, de school als im vergleich dazu kahles gebĂ€ude. beiden wurde durch den gerade in de school massig vorhandenen platz raum fĂŒr offene experimente auf verschiedenartige weise leben eingehaucht.
zudem scheinen die pandemie und die berechtigte kritik als beschleuniger gedient zu haben, das konzept zu verfeinern und die zeichen der zeit zu erkennen, wonach diversitĂ€t in jeglicher form gerade im hintergrund umgesetzt werden muss. dahinter steckt die idee, dass sich das quasi wie von selbst im club niederschlĂ€gt – sei es durch kunstinstallationen, performances, workshops unter der woche oder das booking. auch wenn ich dies nur als mĂ€nnlich-weiĂeuropĂ€ischer (und damit ziemlich privilegierter) gast ohne kenntnisse ĂŒber den vorherigen zustand mitbekommen habe: de school scheint die selbst gesteckten ziele in den letzten 16 monaten seit wiedereröffnung bereits gut umgesetzt zu haben oder ist wenigstens auf einem guten weg. das wird nicht ohne reibungspunkte oder fehler passiert und mit dem ende an diesem wochenende natĂŒrlich nicht abgeschlossen sein. es ist jedoch bereits ein dermaĂen solides fundament, dass ich hiesige clubs bereits daran zu messen beginne und loblieder auf die verjĂŒngung des clubpersonals bei gleichzeitigem verbleib der erfahrenen Ă€lteren im hintergrund singe. am ende ist techno nach wie vor eine jugendkultur, die sich nicht darauf beschrĂ€nken sollte, diejenigen zufriedenzustellen, die bereits in den 1990ern dabei waren und alles an „frĂŒher“ messen, sondern auch angebote fĂŒr leute machen muss, die das ganze erst vor fĂŒnf bis zehn jahren fĂŒr sich entdeckt haben und ihre vorstellungen verwirklichen bzw. sich selbst noch finden wollen.
es steht bereits fest, dass die macher*innen einen neuen club eröffnen möchten, auch wenn es in einer so durchgentrifizierten stadt wie amsterdam mit akutem mangel an leerstand im innenstadtbereich kein leichtes unterfangen wird, einen ort mit Ă€hnlicher qualitĂ€t bzw. Ă€hnlich viel platz zu bekommen. ich drĂŒcke ihnen jedenfalls sehr die daumen, wieder einen ort zu finden, an dem sie keine kompromisse eingehen mĂŒssen, um den interdisziplinĂ€ren ansatz zwischen clubbing, kulinarik, kunst und auch fĂŒr die gesamtgesellschaft wichtige (sub)kulturelle weiterentwicklung fortzufĂŒhren. ich hoffe weiterhin, dass sie den prozess so transparent wie möglich begleiten und kritik weiterhin zum anlass zur aufarbeitung nehmen.
wird zwar schwierig fĂŒr mich, den fĂŒr mich dritten club der „post cs“-betreibergesellschaft (tatsĂ€chlich wird der nachfolger von de school der vierte nach dem club 11 sowie dem trouw) nicht an den beiden starken vorgĂ€ngern zu messen. das konzept der betreiber*innen, ihre locations nach dem kriterium auszusuchen, dass sie fĂŒnf bis sechs jahre zwischengenutzt werden können, ging bisher jedes mal auf. diese vermeintlich kurzen zeitrĂ€ume haben gereicht, dass jeder club legendenstatus genieĂt, aber die erneuerung wie selbstverstĂ€ndlich mitgedacht wird. wo das trouw mit start der 24-stunden-lizenzen das amsterdamer nachtleben langsam an tagelange partys herangefĂŒhrt hat, setzte de school dies fort, verfeinerte dies mit flexiblen ideen beim booking (wie bspw. bei „de zomernacht“ in der festivalzeit kĂŒrzere veranstaltungen anzuberaumen, ohne das line-up explizit bekanntzugeben) sowie veranstaltungen unter der woche, die eher den kunstaspekt betonten und damit in einer linie mit dem stand, was bereits im club 11 und dem trouw steht, die beide mit dem stedelijk museum koopierierten) und betonung des kunstaspekts. so fĂ€llt auch hier der abschied schwer (3voor12 nennt de school im vorfeld des schlieĂungswochenendes den club, auf den die ganze niederlande schaut – ist auf niederlĂ€ndisch, auch hier ggf. maschinell ĂŒbersetzen lassen), aber nach der erfahrung habe ich ziemliches vertrauen darin, dass beim nachfolger keine halben sachen gemacht werden. ich nehme mir hiermit fest vor, mir den neuen club innerhalb des ersten jahres des bestehens anzuschauen. die messlatte liegt jedenfalls verdammt hoch.
notierte tracks (*: shazam)
interstellar funk
wally lopez – deep drive (moreno pezzolato vocal remix)*
avision – big shot (paco osuna remix)*
jesper dahlbĂ€ck – what is the time, mr templar?
yĂČp
tyree – nuthin wrong
marcel dettmann
silvershower – ice fractions 1
flashy fragrant – reach higher ground* (direkt danach)
m.d.3 – the pressure cooker (original pressure mix) (direkt danach)
adonis – no way back (direkt danach)
johannes heil – feiern part 1 (direkt danach)
plastikman – sickness
ruff stuff – last chance*
surgeon – muggerscum out (direkt danach)
reese – rock to the beat (direkt danach)
farley jackmaster funk & jesse saunders – love can’t turn around (house remix)
public energy – three-o-three (direkt danach)
dennis ferrer – transitions*
trunkline – new place*
gabriel palomo & lee chameleon – lunar
martyn hare – riffarama*
aux 88 – voice modulation (anthony rother remix)*
octave one â blackwater (e-dancer vocal dub)
akua
joey beltram – floaters
verbos – audio dillusions*
ritzi lee – social interference*
josey rebelle
joey beltram – ten four
dj shahmaran
grrl & made of oak – interference*
granul – aksayan (hassan abou alam remix)*
skee mask – dial 274
rattlesnakke – escolopendra*
d3u5e & gav – namer*
blanka
paranoid london – the music
cleric – 2nd limit
kr!z – surge*
r.m.k. – connect*
atonism – temples*
apeiron crew
matias aguayo – el camarĂłn
chloĂ© robinson & dj adhd – dream*